Verfahrensgang
LG Mosbach (Aktenzeichen 3 O 39/21) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Mosbach vom 16.12.2021 - 3 O 39/21 - dahingehend abgeändert, dass der Streitwert auf 4.427,50 EUR festgesetzt wird.
Gründe
Die Kläger haben die Auflassung nebst Bewilligung der Eintragung des Eigentums an einer durch notariellen Bauträgervertrag von der Beklagten erworbenen Wohnung sowie eines PKW-Stellplatzes begehrt. In § 4 des Vertrages wurde die Auflassung erklärt. Mit der Erklärung der Eintragungsbewilligung und der Stellung des Antrags auf Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch beauftragten die Parteien den beurkundenden Notar. Dieser wurde bevollmächtigt und angewiesen, die Eigentumsumschreibung auf die Kläger zu veranlassen, sobald die Beklagte die Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen schriftlich bestätigt hat. Die Beklagte hat diese Erklärung wegen einer ausstehenden Restzahlung i. H. v. 4.427,50 EUR nicht erklärt. Das Landgericht hat den Streitwert durch Beschluss vom 16.12.2021 (AS I 121) - entsprechend dem Kaufpreis - auf EUR 270.500,00 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Die Höhe des Streitwerts im Falle einer Auflassungsklage ist umstritten (vgl. zum Meinungsstand Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher/Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl., 10. Teil Rn. 265; Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., § 3 Rn. 16.22).
Der Senat setzt den Streitwert entsprechend der Höhe der von der Beklagten behaupteten Restkaufpreisforderung fest, wegen der diese die (nochmalige) Auflassung und die o.g. Mitteilung an den Notar verweigert, nicht entsprechend dem Kaufpreis der Wohnung und des Stellplatzes.
Dabei war zu berücksichtigen, dass der Zugang zu den Gerichten nicht in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden darf und es mit der Bedeutung des Justizgewährungsanspruchs nicht vereinbar ist, wenn einer Partei dabei Kosten entstehen, die außer Verhältnis zu dem wirtschaftlichen Wert des Verfahrensgegenstandes stehen. Dies gilt nicht nur für die klagende Partei, sondern auch für die Beklagte. Die Berücksichtigung der tatsächlichen wirtschaftlichen Bedeutung des Rechtsstreits kann dabei durch verfassungskonforme Auslegung von § 6 ZPO oder durch eine Wertfestsetzung durch Schätzung gemäß § 3 ZPO erfolgen (vgl. insgesamt BVerfG NJW-RR 2000, 946 - juris, Rn. 15ff., 23). Im vorliegenden Fall begehren die Kläger die Auflassung des Eigentums nebst Eintragungsbewilligung an einer Wohnung und eines Stellplatzes, deren Kaufpreis sich insgesamt auf 270.500,00 EUR beläuft. Da sie durch eine Auflassungsvormerkung gesichert sind, die Auflassungsverpflichtung dem Grunde nach außer Streit steht und bereits erfüllt wurde, entspricht das wirtschaftliche Interesse jedoch nur der noch offenen Gegenforderung, hier 4.427,50 EUR, von der die Beklagte die o.g. Mitteilung an den Notar abhängig macht. In dieser Höhe ist aus den genannten Gründen der Streitwert festzusetzen (so z. B. auch OLG Stuttgart ZMR 2019, 465 - juris, Rn. 4f.; OLG Düsseldorf BauR 2015, 869 - juris, Rn. 12; OLG Hamm BauR 2013, 995 - juris, Rn. 4f.; OLG Celle, BauR 2012, 509 - juris, Rn. 76ff.; OLG München BauR 2008, 1011 - juris, Rn. 13; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17.05.2021, 19 W 56/20 (nicht veröffentlicht); Zöller/Herget, ZPO, 33. Aufl., § 3 Rn. 16.22; Kniffka/Koeble/Jurgeleit/Sacher/Koeble, Kompendium des Baurechts, 10. Teil Rn. 265; offen gelassen für den Fall der Auflassungsklage in BGH, Beschluss vom 06.12.2001 - VII ZR 420/00 -, juris Rn. 5).
Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 15171774 |
BauR 2022, 1234 |
IBR 2022, 224 |