Leitsatz (amtlich)

Der Untersuchungsführer nach dem Bundesdisziplinargesetz ist keine zur eidlichen Vernehmung zuständige Stelle im Sinne des § 153 StGB.

 

Normenkette

StGB § 153; BDG § 25

 

Tenor

Der Antrag des Anzeigeerstatters C. auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe vom 26. Mai 2010 wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Gegen den als Leiter des [...] tätig gewesenen Anzeigeerstatter / Antragsteller wurde mit Verfügung des Präsidenten [...] vom 6.11.2008 ein Disziplinarverfahren gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG unter dem Vorwurf eingeleitet, Mitarbeiterinnen durch sexuelle Äußerungen beleidigt zu haben. Am 5.2.2009 und nochmals am 20.4.2009 wurde B. von der im Disziplinarverfahren zur Ermittlungsführerin bestellten D. als Zeugin angehört.

Mit Anwaltsschriftsatz der von ihm bevollmächtigten Rechtsanwälte vom 17.4.2009 erstattete der Antragsteller gegen B. -unter Stellung von Strafantrag aus allen rechtlichen Gesichtspunkten- Strafanzeige dahin, diese habe sich zu seinem Nachteil, um seine Position im Disziplinarverfahren zu erschweren, eines Vergehens nach § 153 StGB schuldig gemacht. Mit Verfügung vom 5.8.2009 stellte die Staatsanwaltschaft das daraufhin geführte Ermittlungsverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO in Anbetracht der Beweislage aus tatsächlichen Gründen ein. Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 26.8.2009 hob die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe mit Verfügung vom 1.12.2009 die Einstellungsverfügung auf und ersuchte die Staatsanwaltschaft A., die Ermittlungen fortzuführen. Mit Schrift vom 11.1.2010 erhob die Staatsanwaltschaft A. gegen B. unter dem Vorwurf der falschen uneidlichen Aussage nach § 153 StGB (Tatzeit: 5.2.2009) Anklage zum Amtsgericht - Strafrichter - E.. Mit Beschluss vom 22.2.2010 lehnte das Amtsgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens ebenfalls aus tatsächlichen Gründen ab; die Staatsanwaltschaft focht die - dadurch in Rechtskraft erwachsene - Entscheidung nicht an. Mit Anwaltsschrift vom 26.3.2010 frug der Antragsteller bei der Staatsanwaltschaft nach, ob dort mittlerweile eine abschließende Verfügung ergangen sei (dieser Schriftsatz wird im vorliegend verfahrensgegenständlichen Antrag des Anzeigeerstatters vom 24.6.2010 auf gerichtliche Entscheidung nicht mitgeteilt). Mit Verfügung vom 23.4.2010 stellte die Staatsanwaltschaft A. daraufhin das Ermittlungsverfahren wiederum gem. § 170 Abs. 2 StPO unter Hinweis auf die Nichteröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen Gründen ein, ohne erneute Ermittlungen durchgeführt zu haben. Dagegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 6.5.2010 unter Behauptung als von ihm neu gewerteter Tatsachen Beschwerde, der die Generalstaatsanwaltschaft mit Bescheid vom 26.5.2010 keine Folge gab. Gegen den Beschwerdebescheid hat der Anzeigeerstatter / Antragsteller mit beim Senat am 28.6.2010 eingekommener Anwaltsschrift vom 24.6.2010 Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 StPO mit dem Antrag angebracht, die öffentliche Klage gegen B. wegen vorsätzlicher falscher uneidlichen Aussage nach § 153 StGB anzuordnen.

Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt mit Schrift vom 12.7.2010, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung als unzulässig, hilfsweise als unbegründet zu verwerfen.

Das gegen den Antragsteller eingeleitete Disziplinarverfahren ist, wie der Bevollmächtigte des Antragstellers auf Rückfrage des Senats am 13.5.2011 mitgeteilt hat, nach wie vor noch im Lauf.

II. Der fristgerecht am 28.6.2010 eingegangene und formgerecht von einem Rechtsanwalt unterzeichnete Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 24.6.2010 genügt nicht den in § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO normierten Darlegungs- und Begründungserfordernissen und ist deshalb nicht zulässig.

1. Nach der nahezu einhelligen Auslegung, die die Formvorschrift des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO - verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. nur BVerfG, NJW 2000, 1027; NStZ-RR 2005, 176) - durch die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte erfährt, muss bereits das Vorbringen in der Antragsschrift selbst den Senat in die Lage versetzen, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft oder andere - dem Antrag gegebenenfalls als Anlagen beigefügte oder in diesem in Bezug genommene - Schriftstücke eine Schlüssigkeitsprüfung hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Antrags in formeller und materieller Hinsicht vorzunehmen (vgl. auch Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 172 Rdnr. 27). Dabei muss die Antragsschrift zunächst zur form- und fristgerechten Durchführung des vorgeschalteten Beschwerdeverfahrens sowie den sonstigen den Rechtsweg zum Oberlandesgericht eröffnenden formellen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 172 Abs. 1 und Abs. 2 StPO ausreichend vortragen.

Um dem Senat die Beurteilung zu ermöglichen, ob die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren unter Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (§ 152 Abs. 2 StPO) eingestellt bzw. von der Einleitung oder - wie hier - von der Wiederaufnahme eines solchen abgesehen hat, muss der Antrag darüber hinaus in mater...

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