Entscheidungsstichwort (Thema)
fehlende Unterschrift führt nicht zur Wirkungslosigkeit oder Unzulässigkeit des Antrags, wenn die Person des Antragstellers durch die vollständige Adressangabe hinreichend sicher feststeht
Leitsatz (amtlich)
Wird ein per E-Mail übersandter Antrag ausgedruckt, liegt ein schriftlicher Antrag i.S.v. § 23 FamFG vor.
Verfahrensgang
AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 06.10.2011; Aktenzeichen 46 F 1207/11) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Freiburg vom 6.10.2011 (46 F 1207/11) in Ziff. 1 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die in Folge der Entscheidung des AG - Familiengericht - Freiburg vom 15.1.1998 (Aktenzeichen 46 F 16/97) vom Kommunalen Versorgungsverband zur Durchführung des Versorgungsausgleichs vorgenommene Kürzung der Altersversorgung des Antragstellers beim Kommunalen Versorgungsverband, Versicherungsnummer ..., wird mit Wirkung ab dem 1.5.2011 i.H.v. monatlich bis zu 1.200 EUR, jedoch nicht über den Bruttobetrag der Kürzung hinaus (derzeit monatlich 1.101,40 EUR) ausgesetzt.
2. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert wird auf 1.236 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist der Zeitpunkt, zu welchem eine - im Hinblick auf die Unterhaltspflicht des Antragstellers gegenüber der Antragsgegnerin angeordnete - Anpassung des Versorgungsausgleichs wirksam wird.
Die im Jahre 1973 geschlossene Ehe der Beteiligten, aus welcher vier Kinder hervorgegangen sind, wurde mit Urteil AG - Familiengericht - Freiburg vom 15.1.1998 (46 F 16/97) geschieden. Gleichzeitig wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt, indem zu Lasten der Beamtenversorgung des Antragstellers beim Kommunalen Versorgungsverband auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 1793,24 DM monatlich, bezogen auf den 31.12.1996, begründet wurden.
Mit E-Mail vom 18.4.2011 wandte sich der Antragsteller an das AG Freiburg und teilte darin mit, dass er ab 1.5.2011 in den Ruhestand gehe. In Abstimmung mit dem Kommunalen Versorgungsverband begehre er die "Aussetzung der Kürzung entsprechend dem Versorgungsausgleichsgesetz". Gleichzeitig bat er um Mitteilung, welche Unterlagen zur Bearbeitung seines "Antrags" benötigt würden. Die E-Mail enthielt die vollständige Anschrift des Antragstellers. In einer weiteren E-Mail vom 28.4.2011 erklärte der Antragsteller unter Bezugnahme auf seine vorangegangene E-Mail, dass nach Mitteilung des Kommunalen Versorgungsverbands seine Versorgungsbezüge ab 1.5.2011 um 1.101,40 EUR gekürzt würden. Er erbringe seit Jahren Unterhaltsleistungen von 1.200 EUR monatlich und bitte, die Aussetzung der Kürzung baldmöglichst anzuordnen.
Das Familiengericht hat die E-Mails des Antragstellers ausgedruckt, diejenige vom 18.4.2011 mit dem Eingangsstempel 27.4.2011 versehen und am 30.4.2011 ein Stammdatenblatt nebst Zählkarte angelegt.
Mit Verfügung vom 2.5.2011 wies der zuständige Abteilungsrichter den Antragsteller darauf hin, dass der Antrag unterschrieben sein müsse, da der elektronische Rechtsverkehr nicht eingeführt sei. Daraufhin wiederholte der Antragsteller mit einem persönlich unterzeichneten Schreiben vom 6.5.2011 - eingegangen beim AG Freiburg am 10.5.2011 - sein Begehren, gab die Anschrift der Antragsgegnerin an und fügte verschiedene Unterlagen bei.
Der Antragsteller befindet sich seit dem 1.5.2011 in Ruhestand. Die 61-jährige Antragsgegnerin, die während der gesamten Ehezeit die Betreuung der Kinder und die Versorgung des Haushalts übernommen hatte, arbeitet seit der Scheidung als Hauswirtschaftmeisterin und erzielt Nettoeinkünfte von monatlich 512,16 EUR. Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Beschluss des Familiengerichts Freiburg vom 6.10.2011 verwiesen.
Das Familiengericht hat dem Antrag des Antragstellers auf Aussetzung der Kürzung der Versorgungsbezüge der Höhe nach in vollem Umfang stattgegeben, jedoch nicht wie beantragt ab 1.5.2011, sondern erst ab dem 1.6.2011, da die lediglich als E-Mail eingegangenen Anträge des Antragstellers nicht der Schriftform genügen würden. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen.
Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller dagegen, dass die Wirksamkeit der Aussetzung der Kürzung seiner Versorgungsbezüge nicht bereits ab 1.5.2011 eintritt. Er habe in seiner E-Mail vom 18.4.2011 sein Anliegen hinreichend zum Ausdruck gebracht. Es habe ausreichend Zeit bestanden, um ihm noch im April mitzuteilen, welche Unterlagen für die Antragstellung konkret benötigt würden.
Die Antragsgegnerin und der beteiligte Versorgungsträger unterstützen das mit der Beschwerde verfolgte Anliegen des Antragstellers.
Zur Ergänzung des Sach- Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.1. Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingele...