Verfahrensgang
AG Überlingen (Aktenzeichen 2 F 261/19) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Überlingen vom 21.02.2022 hinsichtlich der Verfahrenswertfestsetzung in Ziffer 2 des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Verfahrenswert wird auf 5.777 EUR festgesetzt.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.
3. Gerichtsgebühren werden im Beschwerdeverfahren nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden im Beschwerdeverfahren nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde des Antragsgegners richtet sich auf die Herabsetzung des Verfahrenswertes in einem Unterhaltsverfahren.
Die beiden Antragsteller sind die Kinder des Antragsgegners. Durch Jugendamtsurkunden vom 22.01.2016 hatte er sich zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von je 128 % des jeweiligen Mindestunterhaltes der jeweiligen Altersstufe verpflichtet.
Vertreten durch die betreuende Mutter reichten die Antragsteller am 11.12.2019 einen Stufenantrag gegen den Antragsgegner ein, in dem sie für den Fall des Übersteigens der Beträge in den Jugendamtsurkunden eine Erhöhung ab August 2018 beantragen. Nach teilweisem Anerkenntnis des Antragsgegners hinsichtlich der Auskunftsstufe erging insoweit am 17.03.2020 Teil-Anerkenntnisbeschluss und Teilbeschluss. Ein Vollstreckungsverfahren schloss sich an.
Das Familiengericht setzte mit Beschluss vom 17.05.2021 den Verfahrenswert auf 10.000 EUR fest (für beide Kinder den Auffangwert nach § 42 Abs. 3 FamGKG).
Der Antragsgegner erhob mit Anwaltsschriftsatz vom 04.06.2021 Widerantrag gegen den Antragsteller Ziffer 2 mit dem Ziel einer Herabsetzung auf 120 % des jeweiligen Mindestunterhalts ab November 2019. Dieser Widerantrag wurde mit Schriftsatz vom 30.11.2021 zurückgenommen.
Den Hauptsacheantrag der Antragsteller erklärten alle Beteiligten für erledigt.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 21.02.2022 sprach das Familiengericht die Kostentragung durch den Antragsgegner aus (Ziffer 1 des Tenors) und setzte den Verfahrenswert auf 11.330 EUR fest (Ziffer 2 des Tenors). Hinsichtlich der noch nicht bezifferten Hauptsacheanträge sei für beide Kinder jeweils auf den Auffangwert zurückzugreifen. Für den Widerantrag sei auf die konkrete Bezifferung abzustellen. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 28.02.2022 zugestellt.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerseite mit Anwaltsschriftsatz vom 28.03.2022. Darin wird begehrt, die Hauptsacheanträge mit jeweils 500 EUR zu bemessen. Die Antragsteller hätten sich allenfalls vorgestellt, den Unterhalt um eine Einkommensstufe zu erhöhen.
Die Antragstellerin Ziffer 1 tritt der Beschwerde entgegen und verweist auf die Berechnung im angefochtenen Beschluss.
Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Es handelt sich um eine Beschwerde des Antragsgegners. Die Formulierung im Anwaltsschriftsatz "... legen wir ... Beschwerde ein." ist bei verständiger Auslegung als Beschwerde des Antragsgegners anzusehen, da der unterzeichnende Rechtsanwalt mit der begehrten Herabsetzung des Verfahrenswertes keine eigene Beschwer geltend machen würde, so dass seine Beschwerde unzulässig wäre.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG statthaft sowie gemäß § 59 Abs. 1 Satz 3 FamGKG i.V.m. § 55 Abs. 3 Satz 2 FamGKG form- und fristgerecht eingelegt. Der Beschwerdewert ist erreicht, da die Differenz der vom Antragsgegner aus dem festgesetzten Verfahrenswert von 11.330 EUR und dem begehrten Verfahrenswert von 1.274 EUR zu tragenden Kosten des Verfahrens (Gerichtskosten und zwei Rechtsanwälte) mehr als 200 EUR beträgt. Dies gilt selbst dann, wenn die Rechenfehler bei diesem Antrag korrigiert werden.
Die Beschwerde ist in der Sache teilweise begründet.
Bei einem Stufenantrag wird neben dem Auskunftsanspruch auch der unbezifferte Zahlungsanspruch sogleich rechtshängig, wobei für den Verfahrenswert gem. § 38 FamGKG allein der höhere Anspruch maßgebend ist. Ist es zu keiner Bezifferung des Stufenantrags gekommen, ist nach § 42 Abs. 1 FamGKG der Wert zu schätzen. Maßgeblich für die Wertfestsetzung ist die aufgrund des Antrags zu schätzende realistische Erwartung des Klägers hinsichtlich des Zahlungsanspruchs bei Beginn der Instanz (OLG Frankfurt a.M. vom 24.01.2022 - 6 WF 1/22, juris Rn. 7). Wenn sich allerdings objektive Anhaltspunkte für die erkennbaren Erwartungen des Stufenantragstellers zur Höhe seines Anspruches bei Einreichung des Stufenantrages überhaupt nicht feststellen lassen, ist der Auffangwert nach § 42 Abs. 3 FamGKG heranzuziehen (vgl. BGH vom 12.01.2022 - XII ZB 418/21, juris Rn. 19; OLG Koblenz vom 12.11.2020 - 13 WF 746/20, juris Rn. 3). Genügende Anhaltspunkte in diesem Sinne bedeuten weniger als eine Wahrscheinlichkeit oder gar eine Gewissheit, sind allerdings mehr als eine nur theoretische Möglichkeit. Ein Anhaltspunkt liegt also jedenfalls dann vor, wenn die Sache bei einer vernünftigen Betrachtung als durchaus möglich erscheint, mag sie auch nicht ...