Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich
Leitsatz (amtlich)
In einem den Versorgungsausgleich betreffenden Verfahren kann das FamG, wenn es einen Ehegatten zu seinen Versorgungsanrechten vernehmen will, dessen persönliches Erscheinen anordnen und diesen Ehegatten auch durch den Gerichtsvollzieher vorführen lassen.
Normenkette
FGG §§ 12, 33 Abs. 2 S. 1; VAHRG § 11 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Montabaur (Aktenzeichen 3 F 170/00) |
Tenor
Auf Antrag des AG Montabaur wird das AG Mannheim angewiesen, dem AG Montabaur Rechtshilfe zu leisten durch Vernehmung des Antragsgegners zu der Frage, welche Versorgungsanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung er in folgenden Zeiten erworben hat:
15.11.1980 bis 9.6.1983
1.11.1983 bis 30.11.1983
1.4.1992 bis 19.5.1992
15.8.1997 bis 30.9.1997
Das AG Mannheim hat den Antragsgegner notfalls durch den Gerichtsvollzieher zur Vernehmung vorführen zu lassen.
Gründe
Das AG Montabaur hat mit Verfügung v. 27.12.2001 das AG Mannheim ersucht, den Antragsgegner zu den näher bezeichneten Lücken in seinem Versicherungsverlauf anzuhören. Für den Fall, dass der Antragsgegner zu dem von dem AG Mannheim zu bestimmenden Termin nicht erscheinen würde, hat es ihm ein Zwangsgeld von 5.000 DM angedroht.
Das AG Mannheim hat zunächst Termin zur Anhörung des Antragsgegners bestimmt auf den 3.7.2002 und ihn dazu formlos als auch förmlich geladen. Der Antragsgegner ist nicht erschienen. Das AG Mannheim hat das Rechtshilfeersuchen unerledigt zurückgesandt. In einem erneuten Ersuchen hat das AG Montabaur das AG Mannheim erneut gebeten, den Antragsgegner zu laden und ihn notfalls vorführen zu lassen. Dieses Ersuchen hat das AG Mannheim mit Verfügung v. 12.2.2004 abgelehnt. Eine Rechtsgrundlage für eine Anhörung einer Partei im Versorgungsausgleichsverfahren sei nicht ersichtlich. Mit Verfügung v. 17.2.2004 hat das AG Montabaur hiergegen "Beschwerde" eingelegt.
I. Gemäß § 2 FGG, § 156 GVG haben die Gerichte sich auch in Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit Rechtshilfe zu leisten. Ein Rechtshilfegesuch darf nur abgelehnt werden, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist (§ 158 Abs. 2 S. 1 GVG) und das Rechtshilfeersuchen nicht von einem im Rechtszug vorgesetzten Gericht ausgeht. Wird das Rechtshilfeersuchen abgelehnt so entscheidet das OLG, zu dessen Bezirk das ersuchte Gericht gehört. Die Entscheidung ergeht auch auf Antrag des ersuchenden Gerichts (§ 159 GVG). Mit der durch das AG Montabaur eingelegten "Beschwerde" ist ein solcher Antrag gemeint, zumal der Antrag selbst der Sache nach als Beschwerde im weiteren Sinne anzusehen ist (Zöller/Gummer, ZPO, § 159 GVG Rz. 2). Das AG Mannheim hat das Rechtshilfeersuchen zu Unrecht abgelehnt, weil die Gerichte befugt sind, in Versorgungsausgleichssachen das persönliche Erscheinen der Ehegatten anzuordnen und sie zu vernehmen. Das persönliche Erscheinen kann auch dadurch erzwungen werden, dass die Gerichte den zu vernehmenden Ehegatten durch den Gerichtsvollzieher vorführen lassen.
II. In den den Versorgungsausgleich betreffenden Verfahren hat das Gericht den Sachverhalt und damit auch die von den Parteien in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte von Amts wegen zu ermitteln (§§ 621a ZPO, 12 FGG). Dazu kann es auch die beteiligten Ehegatten persönlich vernehmen und deshalb auch anordnen, dass sie vor Gericht persönlich erscheinen. Die Befugnis, das persönliche Erscheinen anzuordnen, ist deshalb ohne weiteres unmittelbar aus § 12 FGG zu entnehmen. Dass das Gesetz über die Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit diese Befugnis voraussetzt, ergibt sich aus § 13 S. 2 FGG, wo bestimmt ist, dass die Beteiligten sich durch Bevollmächtigte vertreten lassen können, wenn nicht das Gericht das persönliche Erscheinen anordnet. Die unmittelbare Anwendbarkeit des § 13 FGG im den Versorgungsausgleich betreffenden Verfahren ist zwar durch § 621a Abs. 1 S. 2 ZPO ausgeschlossen. Hier geht es jedoch nicht um die unmittelbare Anwendbarkeit dieser Bestimmung, sondern darum, den Inhalt des anzuwendenden § 12 FGG auszuleuchten. Da sich durch Auslegung des § 12 FGG im Lichte des § 13 FGG ergibt, dass die FamG auch in Versorgungsausgleichssachen das persönliche Erscheinen eines Ehegatten anordnen können, um diesen zu seinen Versorgungsanrechten zu vernehmen, kann auch kein Umkehrschluss daraus gezogen werden, dass in anderen Verfahrensordnungen und teilweise auch im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit selbst (§§ 68 Abs. 3, 70c Nr. 5) die Möglichkeit gesondert geregelt ist, das persönliche Erscheinen eines Beteiligten anzuordnen, um ihn anzuhören oder zu vernehmen (so aber OLG Hamburg, Beschl. v. 20.1.1983 - 15 UFH 1/83, FamRZ 1983, 409). Sie ist vielmehr für eine Vielzahl von Angelegenheiten der Freiwilligen Gerichtsbarkeit in Literatur und Rechtsprechung anerkannt (zum Versorgungsausgleich Keidel/Weber, FGG, 15. Aufl., § 53b Rz. 6; Johannsen/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl., § 53b Rz. 5 a.E.; Johannsen/Hahne, Eherecht...