Entscheidungsstichwort (Thema)

Recht der Eltern zur Vornamenswahl ihrer Kinder

 

Leitsatz (amtlich)

a) Bei der Wahl eines Vornamens für ihr Kind sind die Eltern grundsätzlich frei; sie sind insbesondere nicht an einen Kanon herkömmlicher Vornamen gebunden. Dem Recht der Eltern zur Vornamenswahl sind vielmehr allein dort Grenzen gesetzt, wo die Rechtsausübung das Kindeswohl konkret zu beeinträchtigen droht.

b) Auch Namen, die - zumindest bisher - nur als Familiennamen gebräuchlich sind, sind nicht generell und ohne konkrete Beeinträchtigung des Kindeswohls als wählbare Vornamen ausgeschlossen. Eine solche Beeinträchtigung kann sich allerdings etwa dann ergeben, wenn der bislang nur als Familienname gebräuchliche Name nicht geeignet erscheint, dem Kind die mit dem Vornamen einhergehende Identitätsfindung und Individualisierung zu ermöglichen (etwa: "Schmitz").

c) Eine konkrete, d.h. im Einzelfall nachvollziehbar zu erwartende Beeinträchtigung des Kindeswohls liegt nicht schon darin begründet, dass die Eltern für ihr Kind, das den Familiennamen der Mutter als Geburtsnamen führt, den aktuell geführten Familiennamen des Vaters ("L.") als weiteren Vornamen wählen. Einen generellen "Verbrauch" des väterlichen Familiennamens als Vorname des Kindes kennt das geltende Recht nicht.

 

Normenkette

GG Art. 6 Abs. 2; BGB §§ 12, 1626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 18.12.2006; Aktenzeichen 11 T 212/06)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 30.04.2008; Aktenzeichen XII ZB 5/08)

 

Tenor

1. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des LG Karlsruhe vom 18.12.2006 - 11 T 212/06 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass seine Erstbeschwerde gegen den Beschluss des AG Karlsruhe vom 23.3.2006 - UR III 78/2005 - zurückgewiesen wird.

2. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird gem. § 28 Abs. 2 FGG dem BGH zur Entscheidung vorgelegt.

 

Gründe

A. Der Beteiligte zu 3 ist das Kind der Beteiligten zu 1 und 2, die nicht miteinander verheiratet sind. Der Beteiligte zu 1 hat die Vaterschaft anerkannt. Eine gemeinsame Sorgeerklärung haben die Beteiligten zu 1 und 2 nicht abgegeben.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben ggü. dem Standesamt der Beteiligten zu 4 schriftlich erklärt, ihr Kind solle die Vornamen "Hagen Flemming L" erhalten. "L" lautet der Familienname des Beteiligten zu 1. Der Standesbeamte der Beteiligten zu 4 hat lediglich die Vornamen "Hagen Flemming" ins Geburtenbuch eingetragen und die Eintragung von "L" als weiteren Vornamen mit der Begründung abgelehnt, dass dieser nicht als Vorname geeignet sei.

Die Beteiligten zu 1 und 2 haben daraufhin beantragt, den Standesbeamten zur Eintragung des Weiteren Vornamens "L." anzuhalten. Das AG hat den Antrag abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 hat das LG als unzulässig verworfen, weil der Beteiligte zu 1 nicht beschwerdebefugt sei. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 hat das LG zurückgewiesen, weil die Eintragung des Vornamens "L." dem Kindeswohl widerspreche. Es handele sich dabei um einen Namen, der nur als Nachname gebräuchlich sei. Außerdem handele es sich um den aktuell geführten Familiennamen des Vaters, der deshalb als möglicher weiterer Vorname des Kindes verbraucht sei, weil er eine Verwechslungsgefahr heraufbeschwöre und das Kind in Rechtfertigungs- und Erklärungsnot bringen könne. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2.

B. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 ist gem. §§ 45 Abs. 1, 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 Satz 2 PStG, 27, 29 FGG statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig.

Auch der Beteiligte zu 1 ist beschwerdebefugt, da das LG seine Erstbeschwerde als unzulässig verworfen hat. In der Sache bleibt die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 ohne Erfolg, während das Rechtsmittel der Beteiligten zu 2 gem. § 28 Abs. 2 FGG dem BGH zur Entscheidung vorzulegen ist.

I. Das zulässige Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 ist unbegründet. Der Beteiligte zu 1 ist am Verfahren gem. § 45 Abs. 1 PStG zwar formell beteiligt, weil auch er - neben der Beteiligten zu 2 - einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Er hat jedoch nicht die Stellung eines materiell Beteiligten (vgl. hierzu Hepting/Gaaz, Personenstandsrecht, § 45 PStG Rz. 20), weil er nicht befugt ist, den oder die Vornamen des Beteiligten zu 3 auszuwählen und zu bestimmen. Da er somit durch die Ablehnung des Standesbeamten, "L" als dritten Vornamen des Beteiligten zu 3 einzutragen, nicht in seiner Rechtstellung betroffen ist, konnte er keinen zulässigen Antrag gem. § 45 Abs. 1 PStG stellen. Das AG hat seinen Antrag somit im Ergebnis zu Recht abgelehnt, weshalb seine Erstbeschwerde nicht unzulässig, aber unbegründet war.

1. Das Recht zur Auswahl und Bestimmung des oder der Vornamen eines Kindes wurzelt im Sorgerecht für das Kind gem. § 1626 Abs. 1 BGB (BVerfGE 104, 373, 385; Münchner Komm./von Sachsen Gessaphe, BGB, 4. Aufl., nach § 1618 Rz. 4; Staudinger/Coester, BGB, Bearb. 2007, § 1616 Rz. 22). Die Beteiligten zu 1 und 2 sind...

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