Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Vertretung. Kindesunterhalt. Unterhalt

 

Leitsatz (amtlich)

Im Falle der gemeinsamen elterlichen Sorge nach Scheidung ist der Elternteil, in dessen Obhut sich das minderjährige Kind befindet, zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes gegen den anderen Elternteil legitimiert. Rechtsgrundlage hierfür ist de lege lata hier entweder 1629 Abs. 2 S. 2 BGB analog oder 1629 Abs. 1 S. 3 BGB, de lege ferenda nach dem künftigen Kindschaftsrecht 1629 Abs. 2 S. 2 BGB n.F. direkt.

 

Normenkette

BGB § 1629 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Schwetzingen (Beschluss vom 13.05.1997; Aktenzeichen 1 F 411/96)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Schwetzingen vom 13.05.1997 – 1 F 411/96 – aufgehoben.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen den Klägern zur Last.

3. Der Beschwerdewert wird auf 300,00 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beklagte wendet sich gegen die Durchführung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen im Zusammenhang mit ihrer Auskunftspflicht.

Durch Teilversäumnisurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Schwetzingen (1 F 411/96) wurde die Beklagte im Rahmen einer Stufenklage verurteilt, ihrem geschiedenen Ehemann (Kläger Ziff. 1) und ihren minderjährigen ehelichen Kindern (Kläger Ziff. 2 und 3), die in der Obhut des Klägers Ziff. 1 leben, deren Sorgeberechtigung jedoch bei dem Kläger Ziff. 1 und der Beklagten gemeinsam liegt, Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Dieses Teilversäumnisurteil wurde lt. Postzustellungsurkunde am 08.02.1997 unter der Adresse … im Wege der „Ersatzzustellung” der Mutter der Beklagten übergeben. Lt. vorliegender Mitteilung des Einwohnermeldeamts war die Beklagte bis 31.01.1997 unter dieser Adresse gemeldet und seither unter der Adresse … wohnhaft. Sie selbst hat unbestritten vorgetragen, seit September 1996 nicht mehr unter der vorigen Adresse wohnhaft gewesen zu sein und die neue Wohnung am 01.02.1997 bezogen zu haben.

Auf Antrag der Kläger und – nach Gewährung rechtlichen Gehörs unter der alten Adresse der Beklagten – erging mit Beschluß vom 13.05.1997 des Amtsgerichts – Familiengericht – Schwetzingen die Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Beklagte, im Uneinbringlichkeitsfalle Zwangshaft, nachdem sie ihre Verpflichtung aus dem Teilversäumnisurteil nicht erfüllte hatte. Auch dieser Beschluß wurde der Beklagten unter der alten Adresse … am 17.05.1997 durch Niederlegung zugestellt.

Mit Schriftsatz ihres Rechtsanwalts vom 28.05.1997, eingegangen beim Amtsgericht Schwetzingen am 30.05.1997 – legte die Beklagte Einspruch gegen das Teilversäumnisurteil ein, bemängelte die Aktivlegitimation des Klägers Ziff. 1 für die Kläger Ziff. 2 und 3 und erhob gleichzeitig sofortige Beschwerde gegen den Zwangsgeldbeschluß vom 13.05.1997.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Zwangsgeldbeschluß ist gem. §§ 888, 793 ZPO zulässig und begründet.

1. Allerdings mangelt es dem Kläger zu 1 nicht an der alleinigen Vertretungsmacht für die Kläger zu 2 und 3. Denn es entspricht der herrschenden Meinung, der sich der Senat anschließt, daß bei der Ausübung gemeinsamer elterlicher Sorge nach rechtskräftiger Scheidung bei Unterhaltsforderungen der Kinder derjenige Elternteil die Kinder allein vertritt, in dessen Obhut sie leben. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dieses Ergebnis durch eine analoge Anwendung des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB (OLG Düsseldorf, DAV 1997, 515; FamRZ 1994, 767; OLG Stuttgart, 8. Zivilsenat, Die Justiz 1995, 204 ff) oder über § 1629 Abs. 1 Satz 3 BGB (so OLG Stuttgart, FamRZ 1986, 595 ff) gefunden wird (zum Streitstand allgemein vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 56. Aufl., § 1629 Rn. 9).

Allein diese Rechtsanwendung ermöglicht eine prozeßökonomische, unkomplizierte Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen ohne zeitraubende und vorausgegangene Sorgerechtsänderung bzw. Bestellung eines Ergänzungspflegers, wie es eine Mindermeinung (vgl. OLG Frankfurt, FamRZ 1993, 228) fordert, der sich der Senat nicht anschließt. Denn es wäre dem Kindeswohl abträglich, beide Eltern wegen des Kindesunterhaltsstreits aus der gemeinsamen elterlichen Sorge zu entlassen und dem eigentlichen Unterhaltsverfahren ein Sorgerechtsabänderungsverfahren gem. §§ 1696, 1671 BGB vorzuschalten, ohne daß ansonsten die Ungeeignetheit beider Eltern bezüglich der gemeinsamen elterlichen Sorge auch nach Scheidung ersichtlich wäre.

Im übrigen entspricht die herrschende Meinung der nach dem künftigen Kindschaftsrecht geltenden Vorschrift des § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach im Falle der gemeinsamen elterlichen Sorge für ein Kind nach Scheidung der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen kann. Schon aus Gründen der Gleichbehandlung folgt der Senat für die Übergangszeit bis zur Gesetzesnovellierung der herrschenden Meinung.

2. Die notwendigen Voraussetzungen zur Durchfüh...

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