Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsverteilung zwischen einem auf einer Bundesstraße wendenden Pkw und einem infolge Abbremsens stürzenden Motorrad. Schmerzensgeld für die Verursachung eines Verkehrsunfalls bei einem Mitverschulden der Geschädigten in Höhe von 25 %
Leitsatz (redaktionell)
1. a) Wer auf freier Strecke einer viel befahrenen Bundesstraße wendet, haftet wegen seines erheblichen und groben Verschuldens zu 75 % für die Folgen eines Unfalls, wenn ein sich nähernder Motorradfahrer infolge Abbremsens zum Sturz kommt und sich verletzt.
b) Der Motorradfahrer haftet zu 25 %, wenn ihm bei Einhaltung der vor Ort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ein gefahrloses vollständiges Abbremsen vor der Unfallstelle möglich und der Unfall für den Kläger und bei angemessener Reaktion auf die durch das Verhalten des Unfallgegners geschaffene unklare Verkehrslage vermeidbar gewesen wäre.
2. 9750 EUR Schmerzensgeld unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von ¼ für einem Mann, der bei einem Verkehrsunfall eine Talusfraktur (Sprungbein), eine Weber-A-Fraktur links, ein präpatellares Décollement rechts sowie eine prätibiale Schürfwunde rechts erlitt.
13 Tage stationäre Behandlung.
Verfahrensgang
LG Baden-Baden (Entscheidung vom 17.08.2007; Aktenzeichen 2 O 334/06) |
Tenor
Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat eine Zurückweisung der Berufung durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO erwägt.
Die Berufung bietet - abgesehen davon, dass die Rechtssache keine grundsätzlich Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nach mündlicher Verhandlung nicht erfordert - keine Aussicht auf Erfolg.
Gründe
I.
Der Senat hat seiner Verhandlung und Entscheidung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO grundsätzlich die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Die Berufung des Klägers zeigt keine Gesichtspunkte auf, welche konkrete Zweifel an den Feststellungen des angefochtenen Urteils begründen und erneute Feststellungen gebieten würden. Die Feststellungen des Landgerichts zum Unfallhergang sind danach der Entscheidung des Senats zugrunde zu legen.
Insbesondere ist der Beurteilung zugrunde zu legen, dass dem Kläger bei Einhaltung der vor Ort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h ein gefahrloses vollständiges Abbremsen vor der Unfallstelle möglich und der Unfall für den Kläger und bei angemessener Reaktion auf die durch das Verhalten des Unfallgegners geschaffene unklare Verkehrslage vermeidbar gewesen wäre. Dies gilt entsprechend für die Feststellungen des Landgerichts zum Alter und Erhaltungszustand der beschädigten Kleidungsstücke. Für diese geht das Gericht für die Schadensschätzung gemäß § 287 ZPO davon aus, dass Hose, Jacke und Helm im Jahre 2001 erworben wurden und zum Unfallzeitpunkt (26.08.2005) in Folge regelmäßiger Pflege in einem neuwertigen Zustand waren.
Dahinstehen kann, ob begründeter Anlass zu Zweifeln an der Feststellung des Landgerichts begründet wären, der Kläger sei unfallbedingt im Zeitraum vom 26.08.2005 bis 31.10.2005 täglich rund 2,5 Stunden, im Zeitraum 01.11.2005 bis 31.12.2005 für 2 Stunden täglich, von 01.01.2006 bis 31.03.2006 für 1,5 täglich und im April 2006 1 Stunde täglich gehindert gewesen, im Familienhaushalt (Ehefrau, 2 Kinder im Alter von 4 ½ und 9 Monaten) mitzuarbeiten und ob es zur Beurteilung des Umfangs der unfallbedingten Beeinträchtigungen für den vorgenannten Zeitraum zwischen dem Unfallereignis vom 26.08.2005 und dem 30.04.2006 der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bedürfte. Denn insoweit folgt das Urteil dem Vortrag des Klägers zur Schadenshöhe; über die diesbezüglichen Einwendungen der Beklagten ist im Ergebnis nicht zu befinden (s.u. Ziff. III). Die Verletzungen des Beklagten sind durch Bericht des Diakonissen-Krankenhauses vom 13.10.2005 und vom 07.12.2005 sowie durch die ergänzenden Erklärungen des Klägers im Verhandlungstermin hinreichend belegt, um eine Schätzung des immateriellen Schadens (Schmerzensgeld) des Beklagten gem. § 287 ZPO zu ermöglichen, zumal Dauer und Höhe seines unfallbedingten Verdienstausfalls unstreitig sind. Danach gestaltete sich der Heilungsverlauf im Rahmen des stationären Aufenthaltes vom 26.08.2005 bis 07.09.2005 zwar einerseits komplikationslos, doch haben die Verletzungen andererseits einen Umfang, welche die vom Landgericht festgestellten Einschränkungen nachvollziehbar erscheinen lassen.
II.
1. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landgerichts zum Unfallhergang, auf die Bezug genommen wird, ist auf Seiten des Versicherungsnehmers der Beklagten vor dem Hintergrund eines Wendevorganges auf freier Strecke einer vielbefahrenen Bundesstraße von einem erheblichen und groben Verschulden auszugehen. Dem s...