Entscheidungsstichwort (Thema)
Neubeginn und Hemmung der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen beim Fahrzeugkauf
Leitsatz (amtlich)
1. Nachbesserungsversuche des Verkäufers führen nur dann zum Neubeginn oder zur Hemmung von Gewährleistungsansprüchen des Käufers, wenn dabei die Voraussetzungen eines "Anerkenntnisses" (§ 212 Abs.1 Ziff. 1 BGB) oder von "Verhandlungen" (§ 203 Satz 1 BGB) vorliegen.
2. In den Nachbesserungsversuchen eines Neuwagenverkäufers kann ein konkludentes "Anerkenntnis" im Sinne von § 212 Abs. 1 Ziff. 1 BGB liegen. Es kommt darauf an, ob der Verkäufer aus der Sicht des Käufers in dem Bewusstsein einer Verpflichtung handelt, oder ob der Verkäufer bei den Nachbesserungsversuchen nur aus Kulanz tätig wird.
3. Überprüft der Verkäufer das Fahrzeug nach einer Rüge des Käufers auf mögliche Mängel, ist in der Regel von verjährungshemmenden "Verhandlungen" im Sinne von § 203 Satz 1 BGB auszugehen. Die Hemmung endet im Zweifel mit dem Abschluss der Arbeiten des Verkäufers.
Hinweis: Der Kläger hat seine Berufung nach dem Beschluss des Senats zurückgenommen.
Normenkette
BGB § 203 S. 1, § 212 Abs. 1 Ziff. 1, § 218 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 20.05.2016; Aktenzeichen K 5 O 369/12) |
Tenor
Der Senat erwägt eine Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 20.05.2016 - K 5 O 369/12 -. Die Parteien erhalten vor einer Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen.
Gründe
I. Der Kläger bestellte im Juli 2008 bei der Beklagten, die ein Autohaus für bestimmte Luxusfahrzeuge unterhält, einen Ferrari 430 Spider F1 (Neuwagen). Mit Schreiben vom 22.07.2008 bestätigte die Beklagte die Bestellung zu einem Kaufpreis von 220.165,00 EUR (Anlage K 1). Am 26.02.2009 schloss der Kläger zur Finanzierung des Fahrzeugs einen Leasingvertrag ab, in welchem die Leasinggeberin dem Kläger sämtliche Gewährleistungsansprüche im Zusammenhang mit dem Kauf des Fahrzeugs abtrat (Anlage K 2). Die Leasinggeberin erwarb das gewünschte Fahrzeug bei der Beklagten. Der Pkw wurde dem Kläger im März 2010 von der Beklagten übergeben; die Fahrzeugzulassung erfolgte am 23.03.2010 (vgl. die Zulassungsbescheinigung Anlage K 3). Der Kläger erhielt mit dem Fahrzeug eine schriftliche Garantie des italienischen Hersteller-Unternehmens. Für einen Zeitraum von 36 Monaten ab dem im Garantieheft angegebenen Datum verpflichtete sich das Herstellerunternehmen, Mängel kostenlos zu beseitigen (vgl. die Anlage zum Schriftsatz vom 18.04.2013 im Anlagenheft des Klägers).
In der Folgezeit machte der Kläger gegenüber der Beklagten mehrfach Mängel des Elektronik-Systems CST und der sogenannten Slow-Down-Funktion geltend. Die Einzelheiten der Mängelrügen des Klägers und die daraufhin von der Beklagten am Fahrzeug durchgeführten Arbeiten sind teilweise streitig.
Mit außergerichtlichen Schreiben vom 28.09.2012 (Anlage K 4) und vom 25.10.2012 (Anlage K 8) verlangte der Kläger eine Rückabwicklung des Fahrzeugerwerbs. Die elektronischen Regelungssysteme des Fahrzeugs würden in bestimmten Fahrsituationen fehlerhaft arbeiten. Mehrfache Versuche der Beklagten, die Mängel zu beseitigen, seien fehlgeschlagen. Die Beklagte war zu einer Rückabwicklung nicht bereit.
Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 10.12.2012 hat der Kläger eine Klage erhoben, gerichtet auf die Rückabwicklung des Fahrzeugerwerbs. Gestützt auf die Abtretung von Gewährleistungsansprüchen durch die Leasinggeberin sei er zur Erklärung des Rücktritts gegenüber der Beklagten berechtigt gewesen. Die Elektronik-Mängel seien schon bei der Übergabe des Fahrzeugs im März 2010 vorhanden gewesen, auch wenn sich die Symptome im Fahrzeugbetrieb erst später (ab Oktober 2010) gezeigt hätten.
Die Beklagte hat die vorgetragenen Mängel und ein Vorhandensein bei Übergabe des Fahrzeugs bestritten. Im Übrigen seien eventuelle Gewährleistungsansprüche des Klägers verjährt.
Das Landgericht hat durch Zeugenvernehmungen und ein schriftliches Sachverständigen-Gutachten mit Ergänzungen Beweis erhoben zu den vom Kläger vorgetragenen Elektronikmängeln des Fahrzeugs. Mit Urteil vom 20.05.2016 hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zwar sei das Gericht nach der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass bei dem Pkw Ferrari bestimmte Mängel des Elektroniksystems aufgetreten seien. Es sei jedoch nicht nachgewiesen, dass diese Fehler bereits bei Übergabe des Fahrzeugs im März 2010 vorhanden oder zumindest im Fahrzeug angelegt gewesen seien. Daher sei die Beklagte zu einer Rückabwicklung des Kaufvertrages nicht verpflichtet; die Frage einer möglichen Verjährung von Gewährleistungsansprüchen bedürfe keiner Prüfung.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers. Er hält an seinem erstinstanzlichen Rechtsschutzziel fest. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei fehlerhaft. Aufgrund einer Vielzahl von Umständen, die sowohl der vom Landgericht beauftragte Sachverständige als auch das Landgericht im Urteil nicht ausreichend gewürdigt hätten, s...