Leitsatz (amtlich)
1. Auf den Anspruch auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung nach § 25 Abs. 1 VersAusglG ist ein nach der Versorgungsordnung für die Hinterbliebenenversorgung vorgesehener Prozentsatz nicht anzuwenden, sondern die als Begrenzung maßgebliche schuldrechtliche Ausgleichsrente und die als Vergleichsgröße benötigte fiktive Hinterbliebenenversorgung sind unabhängig voneinander zu errechnen.
2. Da die Höhe des Teilhabeanspruchs nach § 25 Abs. 3 Satz 1 VersAusglG auf den Betrag begrenzt ist, den die ausgleichsberechtigte Person (fiktiv) als schuldrechtliche Ausgleichsrente verlangen könnte, wenn der Verstorbene noch weiter lebte, ist der Einwand einer groben Unbilligkeit des Wertausgleichs nach § 27 VersAusglG auch bei der Prüfung des Teilhabeanspruchs zu beachten. Die fiktive Billigkeitsabwägung nach § 27 VersAusglG ist unter der Annahme, dass der Verstorbene weiter lebte, zu treffen.
3. Die Prüfung, ob und inwieweit der Versorgungsträger nach § 30 Abs. 1 VersAusglG von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Teilhabeberechtigten befreit ist, weil er laufende Rente innerhalb einer bisher bestehende Leistungspflicht bereits an die bisher berechtigte Person geleistet hat, ist nicht Gegenstand des Versorgungsausgleichsverfahrens.
Normenkette
VersAusglG § 25 Abs. 1, 3, §§ 27, 30 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Baden-Baden (Beschluss vom 01.03.2016; Aktenzeichen 2 F 321/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Baden-Baden vom 01.03.2016, Az. 2 F 321/12, in den Ziffern 3, 4 und 5 wie folgt abgeändert und ergänzt:
3. Es wird festgestellt, dass die B.-B. P. V. verpflichtet ist, an die Antragsgegnerin aus der Hinterbliebenenversorgung für den verstorbenen W. G. (Versicherungsnummer: ...) für den Zeitraum 01.08.2012 bis 30.11.2012 eine rückständige Ausgleichsrente von insgesamt 663,24 EUR zu bezahlen, soweit die B.-B. P. V. für diesen Zeitraum nicht mit befreiender Wirkung an die Antragstellerin geleistet hat (§ 30 Abs. 1 VersAusglG).
4. Es wird festgestellt, dass die B.-B. P. V. verpflichtet ist, an die Antragsgegnerin aus der Hinterbliebenenversorgung für den verstorbenen W. G. (Versicherungsnummer: ...) eine Ausgleichsrente (brutto)
im Zeitraum vom 01.12.2012 bis 30.06.2013 in Höhe von monatlich 648,68 EUR,
im Zeitraum vom 01.07.2013 bis 31.03.2014 in Höhe von monatlich 665,87 EUR,
im Zeitraum vom 01.04.2014 bis 31.10.2015 in Höhe von monatlich 685,51 EUR,
im Zeitraum vom 01.11.2015 bis 31.05.2016 in Höhe von monatlich 699,22 EUR,
im Zeitraum vom 01.06.2016 bis 30.04.2017 in Höhe von monatlich 713,21 EUR,
im Mai 2017 in Höhe von 784,00 EUR und
im Zeitraum vom 01.06.2017 bis 28.02.2018 in Höhe von monatlich 713,21 EUR
zu bezahlen, soweit die B.-B. P. V. für diesen Zeitraum nicht mit befreiender Wirkung an die Antragstellerin geleistet hat (§ 30 Abs. 1 VersAusglG).
Die für diesen Zeitraum an die Antragsgegnerin geleisteten Zahlungen der B.-B. P. V in Höhe von monatlich 482,87 EUR brutto sind anzurechnen.
5. Die B.-B. P. V. wird verpflichtet, vom 01.03.2018 bis zum Ablauf des Monats, der dem Monat folgt, in dem sie Kenntnis von der Rechtskraft der Entscheidung erlangt, an die Antragsgegnerin aus der Hinterbliebenenversorgung für den verstorbenen W. G. (Versicherungsnummer: ...) eine Ausgleichsrente von monatlich 713,21 EUR (brutto) zu bezahlen, soweit die B.-B. P. V. für diesen Zeitraum nicht mit befreiender Wirkung an die Antragstellerin geleistet hat (§ 30 Abs. 1 VersAusglG).
6. Die B.-B. P. V. wird verpflichtet, von Beginn des zweiten Monats nach Ablauf des Monats an, in dem sie Kenntnis von der Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung erlangt, an die Antragsgegnerin aus der Hinterbliebenenversorgung für den verstorbenen W. G. (Versicherungsnummer: ...) eine Ausgleichsrente von monatlich 713,21 EUR (brutto) zu bezahlen.
II. Im Übrigen werden die Anträge und die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
III. Die erstinstanzlichen Gerichtskosten tragen die Antragsgegnerin und die Antragstellerin jeweils zur Hälfte. Von der Erhebung von Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht zu erstattet.
IV. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,00 EUR festgesetzt.
V. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten um Bestand und Höhe eines Teilhabeanspruchs der Antragsgegnerin gemäß § 25 VersAusglG.
Die am ...1960 geborene Antragstellerin ist die Witwe des am ...1926 geborenen und am ...2012 verstorbenen W.G.. Die Ehe wurde am ...1992 geschlossen. Der verstorbene Ehemann war bereits zum 01.11.1979 aufgrund Krankheit aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Die Antragstellerin ist Alleinerbin ihres verstorbenen Ehemannes. Sie verfügt über eine Eigentumswohnung.
Die am ...1940 geborene Antragsgegnerin ist die erste Ehefrau des Verstorbenen. Die Ehe wurde am ...1964 geschlossen und durch Verbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Nürnberg vom 01.04.1981 geschieden. D...