Leitsatz (amtlich)
Für die Berücksichtigung von Vermögen des Betreuten bei Erhebung der Jahresgebühr gemäß GNotKG KV Nr. 11101 kommt es nicht darauf an, ob der Betreuer über die Vermögenswerte verfügen kann. Auch der Wert eines Nachlasses, bezüglich dessen Dauertestamentsvollstreckung angeordnet ist, wirkt sich werterhöhend aus.
Verfahrensgang
LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 4 T 208/19) |
Tenor
1. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten Ziffer 4 wird der Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 25.05.2020 (4 T 208/19) aufgehoben und die Erinnerung der Beteiligten Ziffer 1 vom 26.05.2019 gegen den Kostenansatz des Amtsgerichts Staufen vom 21.05.2019 (Kassenzeichen 1934160026479) zurückgewiesen.
2. Die weitere Beschwerde des Beteiligten Ziffer 1 wird zurückgewiesen.
3. Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
4. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.160,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Beteiligte Ziffer 1, A ist am 26.09.2000 geboren. Er leidet an einem Down-Syndrom. Seine Großmutter väterlicherseits, Frau B, ist am 26.06.2016 verstorben. Die Erblasserin hatte in ihrem notariellen Testament vom 13.10.2015, auf dessen Inhalt verwiesen wird, ihren Sohn C (Beteiligter Ziffer 3), den Vater des Beteiligten Ziffer 1, zu ihrem Alleinerben eingesetzt, ersatzweise dessen Abkömmlinge nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge erster Ordnung (§ 2 des Testaments). Unter § 3 - Vermächtnisse - wurde den vier Enkelkindern jeweils 1/5 des liquiden Vermögens zugewandt. Dem Beteiligte Ziffer 3 wurde ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem den anderen drei Enkeln vermachten Vermögen vermacht; das dem Beteiligten Ziffer 1 vermachte Vermögen wurde nicht mit dem Nießbrauch belastet. Unter § 5 ordnete die Erblasserin Testamentsvollstreckung an, wobei sie ein Gremium von drei Personen, darunter den Beteiligten Ziffer 3, zu Testamentsvollstreckern berief. Die Testamentsvollstreckung sollte spätestens mit Vollendung des 30. Lebensjahres des jeweiligen Enkels enden. Im Hinblick auf den Beteiligten Ziffer 1 sollten die Testamentsvollstrecker darauf achten, dass das Vermögen bei Beendigung der Testamentsvollstreckung so angelegt sei, dass es für ihn langfristig bestmöglich investiert werden könne (§ 5 Abs. 4 des Testaments). Wegen der weiteren Einzelheiten des Testaments wird auf die Urkundenrolle Nr. 2539/2015 des Notars D verwiesen.
Die Erblasserin ist am 26.06.2016 verstorben. Der Beteiligte Ziffer 3 hat das Amt als Testamentsvollstrecker angenommen (Schreiben vom 30.08.2016), aber das Erbe mit Erklärung vom 20.09.2016 gemäß § 2306 BGB ausgeschlagen und den Pflichtteil gefordert. Das Notariat hat durch Beschluss vom 09.02.2017 als Nachlassgericht einen Feststellungsbeschluss bezüglich eines Erbscheins gefasst, der die vier Enkel der B als Erben zu je 1/4 sowie die Anordnung der Testamentsvollstreckung auswies (1 NG 176/16). Am 28.04.2017 wurde der gemeinschaftliche Erbschein erteilt. Aufgrund entsprechender Erklärungen der eingesetzten Testamentsvollstrecker kam es zu einem Wechsel; das Nachlassgericht hat mit Beschluss vom 16.11.2017 festgestellt, dass die Voraussetzung zur Erteilung von Testamentsvollstreckerzeugnissen für den ursprünglich eingesetzten Testamentsvollstrecker E sowie zweier weiterer, ersatzweise berufener Testamentsvollstrecker gegeben sind.
Laut dem Erbschaftssteuerbescheid des Finanzamts vom 05.07.2018 hat der Beteiligte Ziffer 1 durch den Erbfall einen Nachlass im Wert von 1.910.864,00 EUR erhalten; hierfür wurde Erbschaftssteuer in Höhe von 311.733,00 EUR festgesetzt (AS 311 f).
Mit Beschluss vom 17.08.2018 hat das Amtsgericht Freiburg - Betreuungsgericht - für den Beteiligten Ziffer 1 im Hinblick auf die bevorstehende Volljährigkeit wegen seiner Behinderung eine umfassende rechtliche Betreuung angeordnet, die auch die Vermögenssorge umfasst. Die Beteiligte Ziffer 2, Mutter des Beteiligten Ziffer 1, wurde zur Betreuerin bestimmt, der Beteiligte Ziffer 3 zum Ersatzbetreuer (AS 27 ff). Die Beteiligte Ziffer 2 hat am 22.10.2019 (AS 277) über die Betreuung berichtet und dabei ausgeführt, das Erbe sei von den Testamentsvollstreckern noch nicht vollständig geteilt worden; ihre Aufgabe sehe sie lediglich in der Prüfung der rechtmäßigen Tätigkeiten der Testamentsvollstrecker im Sinne der Erblasserin.
Das Betreuungsgericht hat, ausgehend von einem Wert von 1.579.099,52 EUR für die Betreuung eine Jahresgebühr für den Zeitraum 2018/2019 in Höhe von 3.160,00 EUR festgesetzt, die mit Kostenrechnung der Landesoberkasse vom 21.05.2019 (AS III a) geltend gemacht wurde. Die Beteiligte Ziffer 2 hat mit Schreiben vom 26.05.2019 (AS 149) gegen den Kostenansatz Erinnerung eingelegt und dies damit begründet, dass der Beteiligte zu 1 kein Vermögen habe, über das verfügt werden könne. Das angeführte Erbe unterliege bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres der Testamentsvollstreckung, sie als Betreuerin habe kein Zugriffsrecht.
Wegen der Stellungnahme des Bezirksrev...