Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhebung der Jahresgebühr für die Betreuung bei einem Behindertentestament
Leitsatz (amtlich)
Ist einer betreuten Person durch sogenanntes Behindertentestament eine Erbschaft als nicht befreiter Vorerbin bei gleichzeitig angeordneter Dauertestamentsvollstreckung zugefallen, so ist der Nachlass bei der Ermittlung des Reinvermögens als Grundlage der gerichtlichen Jahresgebühr für eine Dauerbetreuung, die unmittelbar das Vermögen oder Teile des Vermögens zum Gegenstand hat, nicht werterhöhend zu berücksichtigen, weil nicht der Nachlass, sondern nur die Rechte des Erben gegenüber dem Testamentsvollstrecker Gegenstand der Betreuung sind (Aufgabe des Senatsbeschluss v. 14.9.2009 - 2 Wx 66/09, BeckRS 2015, 8022; Anschluss an OLG München FGPrax 2019, 89; entgegen OLG Celle FamRZ 2017, 1083; OLG Hamm FGPrax 2015, 278).
Normenkette
GNotKG KV Nr. 11101;; GNotKG § 3 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 4 T 273/19) |
AG Siegburg (Aktenzeichen 43 XVII 2/88 (Z)) |
Tenor
Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Der Beteiligte zu 1) wurde im Jahr 1988 wegen eines frühkindlichen Hirnschadens entmündigt; seit dem Jahr 1992 besteht eine rechtliche Betreuung für alle Angelegenheiten, auch für den Bereich der Vermögenssorge. Vormund, bzw. Betreuerin war zunächst seine Mutter; nach deren Versterben dann seine Schwester. Die Betreuung wurde zuletzt mit Beschluss vom 24.10.2012 bis zum 24.10.2019 verlängert (Bl. 429 d. A.).
Der Beteiligte zu 1) wohnt in einer Wohngruppe eines heilpädagogischen Heimes. Ausweislich des letzten Jahresberichtes seiner Betreuerin vom 16.11.2018 (Bl. 467 ff. d. A.) erhält er eine monatliche Rente in Höhe von 722,62 EUR, die an den LVR als Kostenträger übergeleitet ist. Aus Werkstatttätigkeit erhält er ein Arbeitsentgelt in Höhe von monatlich 182 EUR. Für ihn besteht ein Konto bei der KSK Köln, welches im November 2018 einen Kontostand von 747,74 EUR aufwies; sein Taschengeldkonto hatte einen Stand von 130,20 EUR. Außerdem verfügte er über eine Spareinlage von 307,66 EUR.
Nachdem der Vater des Erstbeschwerdeführers bereits im Jahr 1996 verstorbenen ist, verstarb am 19.3.2004 auch seine Mutter. Diese hatte am 19.12.1997 ein notarielles Testament errichtet, mit dem sie ihre drei Kinder jeweils zu gleichen Teilen als Erben eingesetzt hat, wobei sie den Beteiligten zu 1) mit seinem Anteil von 1/3 zum nichtbefreiten Vorerben bestimmt hat. Die Erblasserin hat außerdem Testamentsvollstreckung über den Erbteil des Erstbeschwerdeführers angeordnet und die Betreuerin als Testamentsvollstreckerin eingesetzt. Aufgabe der Testamentsvollstreckerin soll die Verwaltung des Erbteils des Erstbeschwerdeführers sein; wobei die Erblasserin angeordnet hat, dass der Testamentsvollstrecker dem Erstbeschwerdeführer die ihm gebührenden anteiligen jährlichen reinen Erträgnisse zuzuwenden habe.
Im Frühjahr 2005 wurde das Einfamilienhaus der Erblasserin veräußert. Der Erbteil des Erstbeschwerdeführers in Höhe von 43.082,92 EUR wurde zunächst auf ein Sparbuch eingezahlt. In der Folge wurde der Erbteil dann in Form von "Wachstumssparen" bei der Raiffeisenbank angelegt.
Im Nachgang zu dem Jahresbericht der Betreuerin vom 16.11.2018 vertrat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts dann die Auffassung, zum Vermögen des Beteiligten zu 1) im kostenrechtlichen Sinn gehöre auch das Vermögen, welches im Rahmen des so genannten Behindertentestamentes aufgrund von Testamentsvollstreckung der erbrechtlichen Beschränkung unterliege. Daher hat das Betreuungsgericht Siegburg sodann mit Kostenansatz vom 25.02.2019 für die Jahre 2017, 2018 und 2019 gegen den Erstbeschwerdeführer einen Betrag in Höhe von jeweils 200 EUR als Jahresgebühr nach Nr. 11101 KV GNotKG, insgesamt also 600 EUR, geltend gemacht.
Hiergegen hat die Betreuerin für den Beteiligten zu 1) Erinnerung eingelegt. Mit Beschluss vom 02.08.2019 hat die Rechtspflegerin des Amtsgerichts die Erinnerung schließlich zurückgewiesen (Bl. 535 f. d. A.). Gegen diesen Beschluss hat sich die Betreuerin für den Beteiligten zu 1) mit Beschwerde vom 06.08.2019 gewandt (Bl. 538 ff.).
Mit Beschluss vom 29.08.2019 hat die zuständige Beschwerdekammer des Landgerichts Bonn den Beschluss des Amtsgerichts Siegburg vom 02.08.2019 und den Kostenansatz des Amtsgerichts vom 25.02.2019 aufgehoben und die weitere Beschwerde zugelassen (Bl. 550 ff. d. A.). Zur Begründung hat die Beschwerdekammer im Wesentlichen ausgeführt, dass maßgeblich für den Kostenansatz der Umfang des "Vermögens" sei, wobei von der Kammer in Übereinstimmung mit dem OLG München die Auffassung vertreten wird, dass das unter Testamentsvollstreckung stehende Vermögen für die Ermittlung der Gerichtskosten nicht heran zu ziehen sei, da sich die Vermögenssorge im Rahmen der rechtlichen Betreuung nicht darauf erstrecke. Denn mit dem Wert des durch den Betreuer zu verwaltenden Vermögens steige oder sinke auch der gerichtliche Kontrollaufwand. Im Übrigen gehöre der anteilige Nachlasswert zumindest wi...