Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Kostenentscheidung im Umgangsverfahren entspricht ein Mehr oder Weniger von den begehrten Umgangszeiten keinem Obsiegen oder Unterliegen eines Beteiligten.
Verfahrensgang
AG Lahr (Aktenzeichen 6 F 52/23) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lahr vom 27.06.2023 abgeändert und in Ziffer 2 des Tenors wie folgt neu gefasst:
Die Gerichtskosten tragen Antragstellerin und Antragsgegner je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
2. Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erstattet.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.224,25 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Kostenentscheidung in einem Umgangsverfahren.
Antragstellerin und Antragsgegner (im Folgenden Mutter und Vater) sind die Eltern des Kindes D., geboren 2011. Sie waren bis 2014 verheiratet und haben die gemeinsame elterliche Sorge. Das Kind lebte seit der Trennung bei der Mutter. Am 28.07.2022 wechselte das Kind im Einverständnis beider Eltern zum Vater. Mit dem Umgang der Mutter gab es dann Probleme, der letzte Kontakt zwischen Mutter und Kind fand im September/Oktober 2022 statt. Seitdem verweigert das Kind die Kontakte mit der Mutter. Ein gemeinsames Gespräch der Eltern beim Jugendamt am 10.02.2023 brachte keine Änderung.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 13.02.2023 begehrte die Mutter die Regelung des Umgangs des Kindes mit ihr 14tägig von Freitag bis Sonntag sowie an zwei Feiertagen.
Der Vater trat mit Anwaltsschriftsatz vom 23.02.2023 dem Umgangsantrag entgegen. Er verwies auf den geäußerten Kindeswillen und erklärte, dass eine gerichtliche Anhörung des Kindes sinnvoll sei. Außerdem sprach er sich - da ein kompletter Umgangsabbruch sicherlich ultima ratio wäre - für eine stundenweise begleitete Anbahnung des Umgangs aus.
Das Jugendamt teilte mit Schreiben vom 27.03.2023 mit, dass der Vater im gemeinsamen Gespräch vom 10.02.2023 auf den Kindeswillen verwiesen habe. Einen Kontakt des Jugendamtes zum Kind, um diesen festzustellen, habe der Vater aber abgelehnt.
Beide Eltern sprachen sich für die Bestellung eines Verfahrensbeistandes aus, der mit Beschluss vom 03.04.2023 kurzfristig bestellt wurde. Dieser war jedoch zu dem angesetzten Gerichtstermin verhindert.
Am 17.04.2023 hörte das Familiengericht zunächst das Kind in Anwesenheit des Jugendamtes an, anschließend die Eltern und das Jugendamt. Das 11jährige Kind erklärte, dass es sich in der letzten Zeit bei der Mutter nicht mehr wohl gefühlt habe, da diese die jüngeren Halbgeschwister vorgezogen habe. Es möchte deshalb die Mutter definitiv nicht sehen. Es möchte keinen Umgang, sondern endlich zur Ruhe kommen.
Nach Anhörung der weiteren Beteiligten erklärte das Familiengericht, dass nunmehr ein Gutachten eingeholt werden solle. Dieses wurde mit Beschluss vom 17.04.2023 in Auftrag gegeben.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 24.05.2023 erklärte die Mutter, dass sie ihren Antrag zurücknehme.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 27.06.2023 sprach das Familiengericht die Kostentragung durch die Mutter aus, da der Umgangsantrag wegen der Weigerung des Kindes erkennbar ohne Aussicht auf Erfolg gewesen sei. Der Beschluss wurde der Mutter am 27.06.2023 zugestellt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Mutter mit Anwaltsschriftsatz vom 10.07.2023, eingegangen beim Familiengericht am gleichen Tag, mit der eine hälftige Tragung der Gerichtskosten und keine Erstattung außergerichtlicher Kosten begehrt wird.
Der Vater tritt der Beschwerde entgegen.
Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. 1. Die Beschwerde der Mutter ist zulässig.
a) Sie wendet sich ausdrücklich gegen die Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss. Nicht angegriffen ist die zugleich konkludent getroffene Entscheidung des Familiengerichts, das Umgangsverfahren (bei dem es sich nicht um ein Antragsverfahren handelt) abzuschließen.
In Kindschaftssachen ist die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung zulässig (vgl. Musielak/Borth/Frank/Frank, FamFG, 7. Auflage 2022, § 58 Rn. 14).
b) Auf die Frage, in welcher Höhe die Mutter durch die Kostenentscheidung beschwert ist, kommt es für die Zulässigkeit nicht an. Auch wenn es sich um eine Kostenentscheidung handelt, ist keine vermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne des § 61 Abs. 1 FamFG gegeben. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn es sich bei der Hauptsache um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit handelt und nur eine Kostenentscheidung angefochten wird. Insofern richtet sich die Frage, ob die Kostenbeschwerde als vermögensrechtliche Angelegenheit im Sinne des § 61 Abs. 1 FamFG zu qualifizieren ist, jeweils nach der Hauptsache (vgl. Musielak/Borth/Frank/Frank, a.a.O., § 61 Rn. 3). Hauptsache ist hier eine Kindschaftssache.
2. Die Beschwerde hat in der Sache auch Erfolg.
a) Zutreffend geht das Familiengericht davon aus, dass sich die Kost...