Leitsatz (amtlich)
1. Zur fehlenden Beschwerdeberechtigung eines früheren Pflegevaters - bei dem sich das Kind in früheren Zeiten in Familienpflege befunden hat - gegen die Ablehnung seines Antrags auf Erlass einer Verbleibensanordnung in Form einer Rückführungsanordnung.
2. Pflegepersonen sind in ihren Rechten betroffen, soweit ihr Antrag auf Erlass einer Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB zurückgewiesen worden ist.
3. § 1632 Abs. 4 BGB ist ausweislich seines Wortlauts auf Pflegepersonen und nicht, wie etwa § 1685 Abs. 2 BGB, auf enge Bezugspersonen des Kindes, die für das Kind tatsächliche Verantwortung tragen oder getragen haben, anwendbar.
4. Eine allgemein auf Kindeswohlgesichtspunkte gestützte Ausweitung des Kreises der nach § 59 Abs. 1 FamFG Beschwerdeberechtigten auf Bezugspersonen des Kindes ist nicht möglich.
Verfahrensgang
AG Heidelberg (Aktenzeichen 46 F 36/23) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 31.03.2023, 46 F 36/23, wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die amtsgerichtliche Entscheidung, mit der sein Antrag auf Erlass einer Verbleibensanordnung in Form einer Rückführungsanordnung für das Kind S.-M. W., geboren am ..., in seinen Haushalt zurückgewiesen wurde.
S. ist nach der Herausnahme aus dem Haushalt ihrer leiblichen Eltern am 14.08.2009 als Pflegekind in die Familie des Antragstellers und der Pflegemutter gekommen und bei diesen aufgewachsen. Den leiblichen Eltern wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 31.03.2011, Az. 6 F 57/11, im Wege der einstweiligen Anordnung die Personensorge für S. zunächst vorläufig und mit Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 03.02.2012, Az. 6 F 70/11, endgültig entzogen. Es bestand zunächst Amtspflegschaft. Mit Beschluss des Amtsgerichts Mannheim vom 23.04.2018, Az. 21 F 9/11, wurde den damaligen Pflegeeltern die Pflegschaft hinsichtlich der Personensorge übertragen.
Die damaligen Pflegeeltern trennten sich Anfang des Jahres 2021. Zunächst lebten sie weiterhin gemeinsam im Anwesen ..., in dem der Antragsteller heute noch lebt. Die räumliche Trennung vollzogen die damaligen Pflegeeltern in der Weise, dass der Antragsteller im Dachgeschoss wohnte und die Pflegemutter und S. in der ehemals gemeinsam genutzten Wohnung verblieben. Im Oktober 2021 verließen die Pflegemutter und S. das Anwesen und kamen zunächst in einer Ferienwohnung unter. Ab Januar 2022 wohnten sie in einem Haus in N.
Mit Schriftsatz vom 26.11.2021 beantragte der Antragsteller die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für S. auf sich. In dem daraufhin eingeleiteten Verfahren 46 F 187/21 stellte die Pflegemutter anschließend ebenfalls den Antrag, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für S. auf sich zu übertragen, welchen sie im weiteren Verlauf wieder zurücknahm. Mit Beschluss vom 24.03.2022 hat das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.
Mit weiterem Schriftsatz vom 26.11.2021 beantragte der Antragsteller die Regelung seines Umgangs mit S. im Wege der einstweiligen Anordnung. Mit Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 22.12.2021, Az. 46 F 186/21, hat das Amtsgericht den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen.
Mit Beschluss vom 16.03.2022 hat das Amtsgericht Heidelberg, Az. 301 F 84/19, die damaligen Pflegeeltern als Ergänzungspfleger entlassen und als neuen Ergänzungspfleger das Jugendamt des Landratsamts R. bestellt. Zur Begründung führte es aus, dass ein erheblicher Trennungskonflikt zwischen den Pflegeeltern bestehe. Die Tatsache, dass der Konflikt auf der Paarebene zu einem bereits gerichtlich anhängigen Streit über das Aufenthaltsbestimmungsrecht von S. unter dem Aktenzeichen 46 F 187/21 geführt habe, lasse an der Geeignetheit der Pflegeeltern als Pfleger Zweifel aufkommen. Der Pflegerwechsel diene dem Wohl von S., um sie nicht noch weiter in den Trennungskonflikt der Pflegeeltern hineinzuziehen. Sowohl die Pflegemutter als auch der Antragsteller legten Beschwerde gegen diesen Beschluss ein. In dem Beschwerdeverfahren 16 WF 43/22 nahmen beide ihre jeweiligen Beschwerden im Termin zur mündlichen Anhörung am 18.10.2022 zurück.
Das Jugendamt bewilligte mit Bescheid vom 10.08.2022 rückwirkend zum 16.03.2022 weiterhin Hilfe zur Erziehung für S. in Form von Vollzeitpflege und schloss mit der Pflegemutter einen entsprechenden Vertrag. Das Pflegeverhältnis zum Antragsteller endete. Dies wurde dem Antragsteller mit Schreiben vom 03.11.2022 mitgeteilt. S. lebte weiterhin bei der Pflegemutter und hatte 14-täglich am Wochenende Umgang mit dem Antragsteller.
Nach der Rückkehr S. von einem Umgangswochenende beim Antragsteller kam es am 12.02.2023 zu einem Polizeieinsatz, bei dem S. angab, nicht bei ihrer Pflegemutter bleiben zu wollen, weil diese sie im Rahmen eines Konflikts geschlagen habe. ...