Leitsatz (amtlich)

Die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen im ersten Rechtszug von Ehesachen, bestimmten Lebenspartnerschaftssachen und Folgesachen ermäßigt sich auch dann gem. GKG KV Nr. 1311 Nr. 2 auf 0,5, wenn ein Verbundurteil wegen Verzichts auf Tatbestand und Entscheidungsgründe nur zum Scheidungsausspruch keine Begründung enthält, wohl aber zur Folgesache Versorgungsausgleich.

 

Normenkette

ZPO § 313a Abs. 2; GKG KV Nr. 1311 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Mannheim (Beschluss vom 11.05.2007; Aktenzeichen 5 F 256/05)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des AG - FamG - Mannheim vom 11.5.2007 wird zurückgewiesen.

2. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. In dem Scheidungsverbundverfahren (Ehescheidung, Versorgungsausgleich), Az ..., hatte das AG Mannheim Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf den 9.8.2006. In der mündlichen Verhandlung wurde das Scheidungsurteil verkündet. Zu Ziff. 1 wurde die Ehe der Parteien geschieden, zu Ziff. 2 wurde der Versorgungsausgleich durchgeführt. Im Anschluss an die Verkündung erklärte die Antragstellervertreterin Rechtsmittelverzicht, Rechtsmittelanschlussverzicht, Verzicht auf das Antragsrecht gem. § 629a und c ZPO betreffend Ehescheidung und Kosten sowie Verzicht auf Begründung der Ehescheidung. Der Antragsgegner übergab einen Schriftsatz der Rechtsanwältin ... vom 8.8.2006. Darin wird "namens und im Auftrag des Antragsgegners folgender Verzicht erklärt: Verzicht auf Rechtsmittel und Rechtsmittelanschluss, Verzicht auf Antragsrecht gem. § 629a und c ZPO betreffend die Ehescheidung und Kosten, Verzicht auf Tatbestand und Entscheidungsgründe zur Ehescheidung."

Das Scheidungsurteil vom 9.8.2006 enthält nur eine Begründung zu Ziff. 2 (Versorgungsausgleich).

Durch Verfügung vom 7.8.2006 setzte das AG den Streitwert für die Ehescheidung auf 11.502 EUR fest, für den Versorgungsausgleich auf 1.000 EUR. Durch Beschluss in der mündlichen Verhandlung vom 9.8.2006 wurde der Streitwert für den Versorgungsausgleich in Abänderung der früheren Festsetzung nunmehr auf 2.000 EUR festgesetzt.

Mit Kostenrechnung vom 14.11.2006 setzte der Kostenbeamte aus dem Gesamtstreitwert von 13.502 EUR zwei Gerichtsgebühren fest gemäß Kostenverzeichnis (KV) Nr. 1310, somit 484 EUR. Weiterhin wurde eine Dokumentenpauschale von 9,50 EUR festgesetzt gem. Nr. 9000 KV, somit insgesamt 493,50 EUR. Der hälftige Betrag hiervon, somit 246,75 EUR, wurde beiden Eheleuten in Rechnung gestellt, abzgl. anzurechnender Vorschüsse.

Mit Schriftsatz vom 16.3.2007 legte die Antragstellerin hiergegen Erinnerung ein. Hinsichtlich der Ehescheidung müsse nach Nr. 1311 KV eine Gebührenermäßigung auf 0,5 Gebühren stattfinden.

Vom Kostenbeamten wurde der Erinnerung gemäß Verfügung vom 26.3.2007 nicht abgeholfen.

Auch nach der Stellungnahme des Bezirksrevisors vom 28.3.2007 wurde durch den Kostenbeamten gemäß Beschluss vom 16.4.2007 der Erinnerung nicht abgeholfen. Die Akten wurden der Abteilungsrichterin zur Entscheidung vorgelegt.

Durch Beschluss vom 11.5.2007 hat das AG die Gerichtskosten neu festgesetzt:

Für die Ehescheidung wurde gem. Nr. 1311 KV eine Ermäßigung auf 0,5 Gebühren vorgenommen, während es für den Versorgungsausgleich nach Nr. 1310 KV bei 2,0 Gebühren verblieb. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Beschwerde gem. § 66 II GKG zugelassen. Für den nicht begründeten Verfahrensgegenstand gelte die Gebührenermäßigung, für den begründeten Verfahrensgegenstand sei die ungekürzte Gebühr festzusetzen.

Diese Entscheidung wurde der Staatskasse am 16.5.2007 zugestellt.

Die Beschwerde der Staatskasse vom 28.3.2007 ging beim AG am 18.5.2007 ein. Anhaltspunkte, die eine Umdeutung des eindeutigen Gesetzestextes rechtfertigen, würden sich weder aus der Systematik des Gesetzes noch der Begründung des Gesetzentwurfs ergeben.

Das AG hat durch Beschluss vom 1.6.2007 der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem OLG Karlsruhe zur Entscheidung vorgelegt. Eine Differenzierung der einzelnen Verfahrensgegenstände im Verbundverfahren erscheine betreffend die Gerichtskosten sachgerechet.

II. Die Beschwerde der Staatskasse gegen den Beschluss des AG vom 11.5.2007 ist gem. § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG zulässig, weil das AG sie in seinem Beschluss wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen hat.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Zur Anwendung von Nr. 1311 Nr. 2 KV auf den hier vorliegenden Fall werden zwei Meinungen vertreten:

Die eine Auffassung beruft sich auf den Wortlaut der Bestimmung, wonach eine Gebührenermäßigung auf 0,5 Gebühren nur möglich ist, bei einer Beendigung des gesamten Verfahrens oder einer Folgesache durch Urteil, welches nach § 313a Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand und keine Entscheidungsgründe enthält. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, wenn im Termin zwar ein Rechtsmittelverzicht erklärt wird und hinsichtlich der Ehescheidung ein Verzicht auf die Abfassung von Tatbestand und Entscheidun...

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