Leitsatz (amtlich)

1. Die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge und die Übertragung auf einen Elternteil entspricht bei bestehendem Elternkonflikt nicht zwangsläufig dem Wohl des Kindes am besten.

2. Meinungsverschiedenheiten über die Taufe des Kindes erfordern nicht die Übertragung der elterlichen Sorge. Die Vornahme der Taufe stellt eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung dar, für die die Mutter ggf. eine gerichtliche Entscheidung nach § 1628 BGB beantragen kann.

 

Normenkette

BGB § 1671 Abs. 1 S. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Pforzheim (Aktenzeichen 7 F 159/18)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Pforzheim vom 21.12.2018, 7 F 159/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin.

 

Gründe

I. Das Verfahren betrifft die Regelung der elterlichen Sorge gem. § 1671 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB für das Kind A. S., geboren am ...

Wegen der Feststellungen wird auf den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts Pforzheim vom 21.12.2018 Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat den erstinstanzlich gestellten Antrag der Mutter, ihr die Gesundheitsfürsorge für das Kind A. zur alleinigen Ausübung zu übertragen, zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass trotz der zwischen den Eltern ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten eine Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Teilbereich der Gesundheitsfürsorge nicht erforderlich sei. Die Mutter habe über § 1687 Abs. 1 und § 1629 Abs. 1 Satz 4 BGB ohnehin die rechtlich erforderliche Vertretungsmacht, um allein über die Vornahme kleinerer medizinischer Behandlungen sowie in Eilfällen auch über die Durchführung größerer Behandlungen entscheiden zu können. Es bestehe kein Schwebezustand, in dem gegebenenfalls dringend erforderliche Behandlungen aufgrund einer unbegründeten Weigerungshaltung des Vaters nicht durchführbar wären. Gerade auch angesichts der medizinischen Ausbildung des Vaters könne ihm die Eignung, fundierte Entscheidungen im Bereich der Gesundheitsfürsorge treffen zu können, nicht abgesprochen werden. Es bestehe nicht der Eindruck, dass der Vater seine Zustimmung zu unzweifelhaft dem Kindeswohl dienlichen Behandlungen verweigern würde. Zudem sei nicht zu erwarten, dass durch die Übertragung des Teilbereichs der Gesundheitsfürsorge eine Befriedung des Elternkonflikts zu erreichen wäre. Die Prognose, dass die Herstellung einer für die Konsensfindung in Sorgerechtsangelegenheiten erforderlichen tragfähigen sozialen Bindung in absehbarer Zeit ausgeschlossen sei, könne noch nicht gestellt werden. Zuletzt hätten die Eltern zwar nur einen Termin in der Beratungsstelle wahrgenommen, in dessen Rahmen allerdings einen Konsens im Hinblick auf die Wahl der Grundschule für A. treffen können. Den Eltern sei die Fortführung der Beratungsgespräche zur Herbeiführung von Übereinstimmung und Gemeinsamkeit zumutbar.

Gegen den ihr am 28.12.2018 zugestellten Beschluss hat die Mutter am 28.01.2019 Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Die Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge setze eine tragfähige soziale Beziehung zwischen den Eltern und ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen ihnen voraus. Daran fehle es, so dass im Beschwerdeverfahren die Übertragung nicht mehr nur der Gesundheitsfürsorge, sondern der elterlichen Sorge insgesamt auf die Mutter beantragt werde. Seit der Trennung der Eltern im Jahr 2014 habe der Vater diverse Gerichtsverfahren zur Regelung des Umgangs in Gang gebracht, bei denen es um Details der Umgangsregelung zwischen dem Vater und A. - wie etwa Ferienumgänge, Ausweitung der Umgangskontakte, die Nachholung von Umgangskontakten sowie die Mitgabe der Krankenversicherungskarte bei den Umgangskontakten - gegangen sei (AG Sinsheim, 20 F 5/15; AG Pforzheim, 1 F 323/15; AG Pforzheim, 1 F 49/16; AG Pforzheim, 1 F 200/16). Im Oktober 2018 habe die Mutter ihrerseits einen Antrag auf Übertragung der Entscheidung für die Wahl der Grundschule gestellt, nachdem der Vater sich zuvor monatelang nicht auf entsprechende Anfragen gemeldet habe. Der Vater schikaniere sie im Bereich der Gesundheitsfürsorge und verlange, vor jeder noch so kleinen Untersuchung informiert und zu Rate gezogen zu werden sowie vor Ort die Situation selbst beurteilen zu können. Es sei nicht davon auszugehen, dass in Zukunft wichtige Behandlungen des Kindes ohne Schwierigkeiten durchgeführt werden könnten. Probleme habe es Ende 2015 auch bei der Beantragung eines Kinderreisepasses für A. gegeben, weil der Vater das Formular zur Erteilung der Vollmacht für die Beantragung eines Reisepasses falsch ausgefüllt habe und zudem auf dem Briefumschlag seine Hausnummer falsch angegeben habe. Dieses Verhalten könne die Mutter nicht als Zufall, sondern nur als Schikane des Vaters ansehen. Auch bei der Verlängerung des Reisepasses im Sommer 2018 sei es zu Verzögerungen gekommen, weil auf dem Vollmachtformular des Vaters zunächst die Unterschriften...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?