Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsgebühr bei Vereinbarung zum Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Steht zum Zeitpunkt des Abschlusses einer gerichtlichen Vereinbarung nach § 1587o BGB, mit der die Parteien wechselseitig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichten, die Person des Ausgleichsberechtigten noch nicht fest, fällt eine Einigungsgebühr gem. RVG - VV Nr. 1000 an (Abgrenzung zu OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.11.2006 - 16 WF 108/06).

 

Normenkette

RVG-VV Nr. 1000; BGB § 1587o

 

Verfahrensgang

AG Mannheim (Beschluss vom 01.07.2009; Aktenzeichen 3 F 261/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - M. vom 1.7.2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Festsetzung einer Einigungsgebühr für die Protokollierung eines Verzichts auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs in einem Scheidungsverfahren.

Die Parteien sind durch Urteil des AG M. vom 29.1.2009 geschiedene Eheleute. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.1.2009 haben die Parteien, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, einen Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs protokolliert. Der Verzicht wurde familiengerichtlich genehmigt. Zum damaligen Zeitpunkt waren schon Auskünfte der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eingeholt. Beim Antragsteller war der Erwerb ausländischer Anwartschaften noch ungeklärt, weiter die Höhe einer von ihm in der Ehezeit erworbenen Riesterrente. Zum damaligen Verfahrensstand war die Antragsgegnerin i.H.v. 2,66 EUR ausgleichspflichtig.

Für das Scheidungsverfahren war beiden Parteien ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Die Prozessbevollmächtigten haben die Festsetzung einer Einigungsgebühr i.H.v. 85 EUR aus einem gerichtlich festgesetzten Streitwert von 1.000 EUR für den Versorgungsausgleich beantragt. Das AG hat darauf hingewiesen, dass eine Einigungsgebühr im Hinblick auf die Entscheidung des Senats vom 20.11.2006 (16 WF 108/06) nicht verlangt werden könne. Mit Beschluss vom 20.3.2009 wurde die an Rechtsanwalt P. aus der Staatskasse zu zahlende Prozesskostenhilfevergütung ... festgesetzt. Eine Einigungsgebühr nebst anteiliger Mehrwertsteuer könne nicht zugesprochen werden. Der gegenseitige Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs löse diese Gebühr nicht aus.

Mit am 2.4.2009 beim AG M. eingegangenen Schriftsatz hat Rechtsanwalt P. Erinnerung eingelegt, die er mit am 8.5.2009 eingegangenen Schriftsatz begründet hat. Entgegen der Ansicht des Senats löse auch der Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs eine Einigungsgebühr aus. Gemäß Nr. 1000 RVG-VV entstehe die Gebühr als zusätzliche Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt werde, es sei denn der Vertrag beschränke sich ausdrücklich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Damit habe die frühere Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO ersetzt und gleichzeitig inhaltlich erweitert werden sollen. Ein Vergleich i.S.d. § 779 BGB sei für das Entstehen der Gebühr nicht mehr Voraussetzung. Gemäß dem Regierungsentwurf habe der Streit darüber vermieden werden sollen, welche Abrede noch und welche nicht mehr als gegenseitiges Nachgeben zu bewerten sei. Der Senat gehe daher im Beschluss vom 20.11.2006 zu Unrecht davon aus, dass ein gegenseitiges Nachgeben erforderlich sei. Jedenfalls dann, wenn die Merkmale eines Vergleichs erfüllt seien, sei schon nach der früheren Rechtslage eine Einigungsgebühr zuzusprechen.

Der Bezirksrevisor ist der Erinnerung mit Schriftsatz vom 25.5.2009 entgegen getreten. Eine Ungewissheit über den Ausgleich der gesetzlichen Rentenanwartschaften habe nicht vorgelegen. Hinsichtlich der noch nicht geklärten Ansprüche aus der Riesterrente habe nur eine der Parteien verzichtet, so dass entsprechend der Rechtsprechung des Senats kein gegenseitiges Nachgeben vorliege.

Mit Beschluss vom 1.7.2009 hat das AG M. der Erinnerung von Rechtsanwalt P. stattgegeben und eine Einigungsgebühr nebst anteiliger Mehrwertsteuer festgesetzt. Die Entscheidung des Senats vom 20.11.2006 greife vorliegend nicht ein, da anders als im dort entschiedenen Fall nicht klar gewesen sei, wer ausgleichspflichtig sei. Ein klarer einseitiger Verzicht sei damit nicht gegeben gewesen. Das AG hat die Beschwerde zugelassen.

Mit am 29.7.2009 beim AG M. eingegangenen Schriftsatz hat der Bezirksrevisor sofortige Beschwerde eingelegt. Eine inhaltliche Regelung liege nicht vor; es sei nur ein Verzicht vereinbart worden, mit dem nur eine Partei nachgegeben habe.

Das AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 10.8.2009 nicht abgeholfen und das Verfahren dem Senat vorgelegt.

II. Die gem. §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 Satz 2 RVG zulässige Beschwerde des Bezirksrevisors ist unbegründet. Das AG hat auf die Erinnerung von Rechtsanwalt P. zu Recht eine Einigungsgebühr festgesetzt.

Gemäß Nr. 1000 RVG-VV entsteht eine Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abs...

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