Leitsatz (amtlich)
Der Erbbauberechtigte gibt keine Veranlassung zu einer Klage des Grundstückseigentümers auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht wegen des dinglichen Erbbauzinses, wenn dieser ihn nicht vergeblich zur Vollstreckungsunterwerfung in notarieller Urkunde aufgefordert hat. Die Einstellung der Zahlung des schuldrechtlichen Erbbauzinses begründet noch nicht die Annahme, ohne Klage den Anspruch aus der Erbbauzinsreallast nicht realisieren zu können.
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 18.02.2004) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird die Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil des LG Konstanz, das am 17.2.2004 und 18.2.2004 zugestellt wurde, abgeändert:
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
2. Die Kosten der Beschwerde trägt die Klägerin.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Streitwert der Beschwerde beträgt 24.000 Euro.
Gründe
I. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage vom beklagten Insolvenzverwalter zur Durchsetzung ihres dinglichen Abbauzinsanspruchs aus einem Erbbauvertrag i.V.m. §§ 9 Abs. 1 Erbbauverordnung, 1107, 1147 BGB Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Erbbauzinsreallast in das Erbbaurecht der Schuldnerin. Der Beklagte anerkannte den Anspruch unter Verwahrung gegen die Kosten. Im Urteil wurden dem Beklagten die Kosten auferlegt mit der Begründung, die Klägerin habe nicht davon ausgehen können, der Beklagte werde sich auf entsprechende Aufforderung der Zwangsvollstreckung unterwerfen, nachdem er die Zahlung des Erbbauzinses eingestellt hat. Mit der sofortigen Beschwerde begehrt der Beklagte, dass die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt werden. Die Nichtzahlung des Erbbauzinses indiziere nicht, dass er zur Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung nicht bereit gewesen sei, zumal er die Zahlung des Erbbauzinses zu Recht eingestellt habe, weil die vorherige Zahlung auf einen Rechtsirrtum beruht habe. Die Klägerin trägt vor, sie habe nur im Wege der Klage zu einem Duldungstitel kommen können.
II. Die sofortige Beschwerde ist nach § 99 Abs. 2 S. 1 ZPO zulässig und begründet.
Die Kosten des Verfahrens waren nach § 93 ZPO der Klägerin aufzuerlegen, da der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Anlass gegeben hat und den Anspruch sofort anerkannt hat.
Benötigt der Gläubiger einen Duldungstitel, muss er nach heute überwiegender Ansicht den Schuldner vor Klageerhebung auffordern, sich der Vollstreckung in notarieller Urkunde zu unterwerfen (Palandt/Bassenge, BGB, 63. Aufl., § 1147 Rz. 3; Soergel/Konzen, BGB, 13. Aufl., § 1147 Rz. 7; MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1147 Rz. 29; Zöller/Herget, ZPO. 24. Aufl., § 93 Rz. 6, Stichwort Duldungsklage; Thomas/Putzo, ZPO, 25. Aufl., § 93 Rz. 6a; Musielak, ZPO, 3. Aufl., § 93 Rz. 15; OLG Karlsruhe v. 24.9.1986 - 12 W 54/86, OLGZ 1987, 250; OLK Karlsruhe Justiz 1999, 445; OLG Hamm v. 18.2.1999 - 5 W 4/99, MDR 1999, 956; a.A.: Staudinger/Wolfsteiner, BGB (2002), § 47 Rz. 17 und OLG Köln NJW 1977, 256). Eine Klage ist erst dann gerechtfertigt, wenn feststeht, dass die kostengünstigere außergerichtliche Möglichkeit (hier: ca. 24.000 Euro zu ca. 2.300 Euro) nicht zum Erfolg führt.
Ausreichende Tatsachen, die bei der Klägerin die Überzeugung hervorrufen mussten, nur im Wege der Klage zu einem Duldungstitel kommen zu können, liegen nicht vor. Die Einstellung der Zahlungen ist hierfür kein ausreichender Grund. Wenn der Beklagte die Rechtslage inzwischen so beurteilte, dass er als Insolvenzverwalter schuldrechtlich nicht zur Zahlung des Erbbauzinses verpflichtet war, schloss dies nicht aus, dass er bei Darlegung des dinglichen Anspruchs und der dinglichen Haftung nach §§ 1107, 1147 BGB bereit gewesen wäre, sich auf entsprechende Aufforderung in einer Urkunde nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO der Zwangsvollstreckung in das Erbbaurecht zu unterwerfen.
Diese Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung ist kein Anspruch auf Abgabe einer Willenserklärung i.S.v. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, sondern die Willenserklärung selbst.
Mahnungen und die Androhung von gerichtlichen Schritten nach Zahlungseinstellung reichen nicht für die Annahme aus, die Klägerin werde ohne Klage nicht zu ihrem Duldungstitel kommen. Dass der Klägerin möglicherweise aus Verjährungsgründen keine Zeit für eine außergerichtliche Aufforderung blieb, kann die außergerichtliche Aufforderung ebenfalls nicht entbehrlich machen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 S. 1, 574 ZPO.
Beim Streitwert war die Gerichtsgebührenermäßigung durch das sofortige Anerkenntnis des Beklagten zu berücksichtigen.
Fundstellen
Haufe-Index 1132027 |
OLGR-KS 2004, 308 |