Leitsatz (amtlich)

Im Anwendungsbereich des § 358 BGB bemisst sich der Gesamtstreitwert auch für eine (negative) Feststellungsklage, nach Widerruf keine weiteren Zins- und Tilgungsleistungen erbringen zu müssen, jedenfalls dann nach der Höhe des Nettodarlehensbetrages, wenn der Darlehensnehmer - wie regelmäßig - wirtschaftlich betrachtet begehrt, so gestellt zu werden, als hätte er das Geschäft nicht getätigt.

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Klägervertreters und von Amts wegen wird der Streitwertbeschluss des Landgerichts Heidelberg - 2 O 50/18 - in der Fassung der Abhilfeentscheidung vom 7. August 2019 aufgehoben und der Streitwert auf 22.400 EUR festgesetzt.

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Widerrufs der auf Abschluss eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges gerichteten Willenserklärung.

Der Kläger schloss mit der Beklagten am 19. Mai 2015 einen Darlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag in Höhe von 22.400 EUR (Anlage K1). Mit diesem Darlehen finanzierte der Kläger den Kauf eines Fahrzeugs zum Preis von 18.400 EUR. In Höhe von 4.000 EUR wurde das Darlehen zur Ablöse eines Kfz-Vordarlehens genutzt. Der Kläger widerrief seine auf Abschluss des Darlehensbetrages gerichtete Willenserklärung am 11. Januar 2017. Bis zum Widerruf zahlte er an die Beklagte 5.860,07 EUR.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt:

1. Es wird festgestellt, dass die Klägerpartei infolge ihrer Widerrufserklärung vom 11. Januar 2017 aus dem mit der Beklagtenpartei zwecks Finanzierung des V FiN: 123 abgeschlossenen Darlehensvertrags Nr. 123 weder Zins- noch Tilgungsleistungen gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB schuldet.

2. Es wird festgestellt, dass die Klägerpartei der Beklagtenpartei keinen Wertersatz schuldet für den Wertverlust, der an dem im Klageantrag Ziffer. 1 genannten Fahrzeug seit der Übergabe an die Klägerpartei eintritt.

3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagtenpartei mit der Übernahme des unter Ziffer 1 genannten PKW im Annahmeverzug befindet.

4. Die Beklagtenpartei wird verurteilt, die Klägerpartei von den durch die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Klägerpartei entstandenen vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1.680,28 EUR freizustellen.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 29. November 2018 die Klage abgewiesen. Der Kläger hat gegen die erstinstanzliche Entscheidung mit am selben Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 3. Januar 2019 Berufung eingelegt.

Mit Beschluss vom 29. November 2019 (I 392) hat das Landgericht den erstinstanzlichen Streitwert auf 5.860,07 EUR festgesetzt.

Hiergegen hat der Klägervertreter mit am selben Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 28. Mai 2019 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Streitwert auf 18.400 EUR festzusetzen. Der Streitwert richte sich nach dem Nettodarlehensbetrag abzüglich des Ablösebetrages für das Vordarlehen. Die Beklagte hat sich der Auffassung des Klägervertreters angeschlossen und ebenfalls um Festsetzung des Streitwerts auf 18.400 EUR gebeten.

Das Landgericht hat der Beschwerde zum Teil abgeholfen und mit Beschluss vom 7. August 2019 (I 461) den Streitwert auf 12.539,93 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Gesamtstreitwert zwar auf den Nettodarlehensbetrag belaufe, wenn der Kläger in Fällen finanzierter Geschäfte begehre, so gestellt zu werden, als hätte er das Finanzierungsgeschäft nicht getätigt. Auf den vorliegenden Fall sei diese Rechtsprechung jedoch nicht übertragbar, da der Kläger nicht die Rückzahlung der von ihm bis zum Widerruf geleisteten Zahlungen beantragt und daher nicht begehrt habe, so gestellt zu werden, als hätte er das Finanzierungsgeschäft nicht getätigt. Vom streitgegenständlichen Darlehensnettobetrag (22.400 EUR) abzüglich des Ablösebetrages für das Vordarlehen (4.000 EUR) seien daher seine geleisteten Zahlungen (5.860,07 EUR) mangels Zugehörigkeit zur streitgegenständlichen Beschwer abzuziehen.

II. Die Beschwerde des Klägervertreters ist gem. § 68 Abs. 1 GKG, § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässig. Aufgrund der Beschwerde und gleichzeitig von Amts wegen gem. § 63 Abs. 3 GKG ist die Streitwertfestsetzung des Landgerichts in der Fassung des Abhilfebeschlusses vom 7. August 2019 abzuändern und der Streitwert auf 22.400 EUR festzusetzen. Dies entspricht dem Wert des Klageantrags Ziffer 1) [1.]. Die weiteren Anträge wirken nicht streitwerterhöhend [2.].

1. Der Antrag festzustellen, dass der Kläger infolge seiner Widerrufserklärung weder Zins- noch Tilgungsleistungen gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB schuldet, hat einen Wert in Höhe von 22.400 EUR.

a) Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 358 BGB bemisst sich der Streitwert für die Feststellungsklage, dass nach einem wirksamen Widerruf keine Zins- und Tilgungsleistungen mehr geschuldet werden, nach der Summe der bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen (vgl. BGH, Beschluss vom...

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