Leitsatz (amtlich)

1. Tatsächliche und rechtliche Voraussetzungen einer Ordnungswidrigkeit nach § 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG.

2. Der - ggf. zu erwartende - Erlös aus einer nicht angezeigten gewerblichen Sammlung ist kein zulässiges Zumessungskriterium bei der Höhe der Geldbuße.

 

Verfahrensgang

AG Emmendingen (Entscheidung vom 13.07.2016; Aktenzeichen 5 OWi 440 Js 31230/13)

 

Tenor

  1. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Emmendingen vom 13. Juli 2016 mit den Feststellungen aufgehoben.
  2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Emmendingen zurückverwiesen.
 

Gründe

I.

Das Landratsamt E. - Bußgeldstelle - erließ am 21.05.2013 gegen den Betroffenen einen Bußgeldbescheid wegen Versäumung einer rechtzeitigen Anzeige bei der zuständigen Behörde nach §§ 18 Abs. 1, 69 Abs. 2 Nr. 1 KrWG. In dem Bußgeldbescheid wird dem Betroffenen zur Last gelegt, als Inhaber der Firma NT (Träger der Sammlung) mit Schreiben vom 13.08.2012 (Eingang 16.08.2012) und 15.08.2012 (Eingang 17.08.2012) die gewerbliche Sammlung von Bekleidung und Textilien zwar angezeigt zu haben. Die Dreimonatsfrist sei danach jedoch nicht eingehalten worden. Es sei zwischen dem 20.08.2012 und dem 16.10.2012 zur Aufstellung von insgesamt elf Containern in den Gemeinden D (zwei Container), W, E, K, E a. K. (zwei Container), T, B und R (zwei Container) gekommen. Der Betroffene habe vorsätzlich gehandelt.

Nachdem der Betroffene form- und fristgerecht Einspruch eingelegt hatte, wurde er durch Urteil des Amtsgerichts Emmendingen vom 28.10.2015 wegen "unterbliebener Anzeige einer öffentlichen Sammlung" zu einer Geldbuße von 1.280,- EUR verurteilt. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wurde das Urteil mit Senatsbeschluss vom 04.05.2016 - 2 (7) SsBs 145/16 - mit den Feststellungen aufgehoben und zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Emmendingen zurückverwiesen. Hintergrund für die Entscheidung waren fehlende Urteilsgründe.

Mit Urteil des Amtsgerichts Emmendingen vom 13.07.2016 wurde der Betroffene erneut zu einer Geldbuße von 1.280,- EUR verurteilt, da "er es fahrlässig unterlassen habe, eine öffentliche Sammlung rechtzeitig bei der zuständigen Behörde anzuzeigen". In den Erwägungen zur Bemessung der Höhe der Geldbuße wird allerdings ein vorsätzliches Handeln zugrunde gelegt. Bei der Kostenentscheidung wurden die Kosten der Rechtsbeschwerde und die dem Betroffenen insoweit entstandenen notwendigen Auslagen der Staatskasse auferlegt.

Der Betroffene legte hiergegen erneut Rechtsbeschwerde ein, mit der die allgemeine Sachrüge erhoben wird. Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat beantragt, das angefochtene Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und im Umfang der Aufhebung die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Emmendingen zurückzuverweisen sowie im Übrigen die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.

Die gemäß § 79 Abs. 1 und 2 OWiG statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat - jedenfalls vorläufig - erneut Erfolg.

II.

A. Das Urteil ist - auch eingedenk der nur beschränkten Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht - bereits deshalb aufzuheben, da insbesondere die Beweiswürdigung in Bezug auf die getroffenen Feststellungen lückenhaft ist; diese vermag daher dieselben nicht in einer für das Rechtsbeschwerdegericht rechtlich überprüfbaren Weise zu tragen. Dabei ist angesichts des in Frage stehenden Bußgeldtatbestands und der Beweislage von einem vergleichsweise höheren Erfordernis der Darstellungsdichte auszugehen.

1. Der Beweiswürdigung lässt nicht erkennen, ob überhaupt und wie sich der Betroffene gegebenenfalls eigelassen hat. Hierbei wären nicht nur mögliche mündliche Einlassungen, sondern - sofern vorhanden - auch eventuelle frühere schriftliche Äußerungen des Betroffenen (Verlesung nach § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 249 Abs. 1 Satz 1 StPO) und von ihm autorisierte Erklärungen der Verteidigung heranzuziehen. Für das Vorliegen einer Einlassung spricht vor allem, dass der Betroffene mit seinem Einspruch geltend gemacht haben soll, "es handele sich um eine Bestandssammlung im Rahmen des § 72 Abs. 2 KrWG, worauf sich der Betroffene zu Unrecht berufe". Nur durch die Wiedergabe der Einlassung ist gewährleistet, dass das Rechtsbeschwerdegericht die tatrichterliche Beweiswürdigung auf Rechtsfehler überprüfen kann (Senat, Beschluss vom 29.04.2016 - 2 (10) SsRs 195/16; KK-OWiG/Senge, 4. Aufl. 2014, § 71 Rn. 107 mwN der ständigen Rspr. der OLGe; Göhler/Seitz, 16. Aufl. 2012, § 71 Rn. 43; ebenso zum Strafurteil: BGH NStZ 2016, 25, [...] Rn. 12).

2. Der Beweiswürdigung lässt sich nicht entnehmen, welchen Beitrag die Zeugen Z und K zur Überzeugungsbildung geleistet haben. Beim Zeugen Z wird nur von "getroffenen Feststellungen" berichtet, ohne...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?