Leitsatz (amtlich)
Das Absehen vom Ausgleich von beiderseitigen Anrechten bei der gesetzlichen Rentenversicherung stellt bei einem bedeutungslosen Wertunterschied (hier: Kapitalwert: 487,08 EUR / monatliche Rente nach dem derzeitigen Rentenbetrag: 2,19 EUR) ohne Besonderheiten in der Versorgungssituation der Beteiligten keine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des Halbteilungsgrundsatzes dar, auch wenn der Aufwand zur Durchführung des Ausgleichs nicht erheblich ins Gewicht fällt (§ 18 Abs. 1 und 3 VersAusglG).
Verfahrensgang
AG Karlsruhe-Durlach (Aktenzeichen 3 F 22/23) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Karlsruhe-Durlach vom 11.01.2024 (Az. 3 F 22/23 VA) unter Ziffer 1 in Absätzen 1 und 2 wie folgt abgeändert:
Absatz 1:
Ein Ausgleich des Anrechts des Antragstellers bei der DRV BW (Versicherungsnummer: ...) findet nicht statt.
Absatz 2:
Ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der DRV BW (Versicherungsnummer: ...) findet nicht statt.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.280,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Regelung des Versorgungsausgleichs bei der Scheidung.
Der am . .1992 geborene Antragsteller und die am . .1990 geborene Antragsgegnerin waren miteinander verheiratet. Ihre am 28.12.2018 geschlossene Ehe wurde auf Scheidungsantrag des Antragstellers, der der Antragsgegnerin am 10.03.2023 zugestellt wurde, mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Karlsruhe-Durlach vom 31.07.2023 geschieden. Die Folgesache Versorgungsausgleich ist zuvor vom Scheidungsverbund abgetrennt worden.
Der Antragsteller hat in der gesetzlichen Ehezeit (01.12.2018 bis 28.02.2023) bei der DRV BW ein Anrecht in Höhe von 5,0838 Entgeltpunkten und einem Ausgleichswert von 2,5419 Entgeltpunkten sowie einem korrespondierenden Kapitalwert von 20.397,25 Euro erworben. Überdies verfügt der Antragsteller über ein Anrecht aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der A. Lebensversicherungs-AG mit einem Ehezeitanteil von 4.628,12 Euro und einem Ausgleichswert von 2.314,06 Euro. Schließlich hat der Antragsteller bei der VBL ein Anrecht mit einem Ehezeitanteil von 35,43 Versorgungspunkten und einem Ausgleichswert von 16,64 Versorgungspunkte sowie einem korrespondierenden Kapitalwert von 3.821,34 Euro erlangt.
Die Antragsgegnerin hat in der gesetzlichen Ehezeit bei der DRV BW ein Anrecht in Höhe von 5,2051 Entgeltpunkten und einem Ausgleichswert von 2,6026 Entgeltpunkten sowie einem korrespondierenden Kapitalwert von 20.884,33 Euro erworben. Überdies verfügt sie über ein Anrecht aus einer betrieblichen Altersversorgung bei der N. Lebensversicherung AG mit einem Ehezeitanteil von 4.952,51 Euro und einem Ausgleichswert von 2.376,25 Euro, wobei der Versicherungsvertrag mit dem Ziel verbunden ist, eine finanzielle Absicherung für das gemeinsame Kind aufzubauen.
Wegen der weiteren Einzelheiten hinsichtlich der beiderseitigen Anrechte wird auf die im erstinstanzlichen Verfahren erteilten Auskünfte der Versorgungsträger Bezug genommen.
Mit dem angegriffenen Beschluss vom 11.01.2024 hat das Amtsgericht den Versorgungsausgleich geregelt. Die Anrechte der Beteiligten bei der DRV BW wurden dabei jeweils mit dem vorgeschlagenen Ausgleichswert geteilt. Der Ausgleich der Anrechte des Antragstellers bei der A. Lebensversicherungs-AG und der VBL ist mit der Begründung unterblieben, dass jeweils nicht der Grenzwert des § 18 Abs. 3 VersAusglG von 4.074,00 Euro überschritten sei und keine besonderen Gründe dafür sprächen, die geringwertigen Anrechte des Antragstellers ausnahmsweise auszugleichen. Hinsichtlich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der N. Lebensversicherung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass dieses ebenfalls geringfügige Anrecht bereits deshalb nicht auszugleichen sei, weil es als eine sogenannte Kinderrentenversicherung nicht der Altersversorgung des Ehegatten als Versicherungsnehmer, sondern allenfalls des versicherten Kindes diene, und daher nicht dem Versorgungsausgleich unterliege.
Gegen den ihr am 17.01.2024 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts hat die Antragsgegnerin mit beim Amtsgericht am 16.02.2024 eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese begründet.
Die Antragsgegnerin trägt in Wesentlichen vor:
Das Amtsgericht habe zu Unrecht die wechselseitigen Anrechte der Ehegatten bei der DRV BW im Wege der internen Teilung ausgeglichen. Denn es entspreche bei der Gesamtbetrachtung der Billigkeit, von dem Hin-und-Her-Ausgleich gemäß § 18 VersAusglG abzusehen, um den Versorgungsträger und die Ehegatten vor unwirtschaftlichen Ergebnisse zu schützen. Gründe, die dennoch eine strikte Einhaltung des Halbteilungsgrundsatzes erforderten, seien nicht ersichtlich.
Vielmehr seien die Anrechte des Antragstellers bei der A. Lebensversicherungs-AG und bei der VBL wegen Unterschreitens der Bagatellgrenze vom Versorgungsau...