Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob der Werbende bei einer vergleichenden Werbung, bei der er den Preis seines Produkt dem Preis des auf dem Markt bekannten, funktionsidentischen Produkts eines Konkurrenten gegenüberstellt, verpflichtet ist, auch die weiteren funktionsidentischen Produkte des Konkurrenten und deren Preise zu nennen.

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 10 O 34/01)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des LG Freiburg vom 23.10.2001 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten entschieden wurde.

2. Die Klage wird abgewiesen.

3. Von den Kosten der ersten Instanz trägt die Klägerin 80 %, der Beklagte 20 %.

4. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.451,68 Euro (40.000 DM) festgesetzt.

7. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

1. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Unterlassung einer ihrer Ansicht nach unzulässigen vergleichenden Werbung.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Vertriebs von Wachswaren, insbesondere von Kerzen und Opferlichtern, die in Kirchen, Klöstern und Bestattungsunternehmen Verwendung finden. In den Produktpaletten beider Parteien befinden sich auch Ewigbrenner, d.h. mit einer brennbaren Flüssigkeit und einem Docht versehene Einsätze, die von oben in eine künstliche Kerzenhülle eingesteckt werden. Den oberen Einsatz der Kunstkerze bildet eine lose oder eine fest mit dem Einsatz verbundene Abdeckscheibe, durch die der mit dem Einsatz verbundene Docht geführt ist. Dadurch entsteht das Bild einer natürlichen Kerze, wobei je nach der Qualität und Beschaffenheit, insbesondere der Lichtdurchlässigkeit der Abdeckscheibe, der Durchscheineffekt einer brennenden Wachskerze mehr oder weniger nachgeahmt wird.

Der Beklagte vertreibt u.a. einen „V.-Marken Ewigbrenner Nr. 45, 280 ml” mit loser und damit wiederverwendbarer Kunststoffabdeckscheibe zum Stückpreis von 7,50 DM zzgl. MwSt. Die Klägerin führt in ihrer Produktpalette einen Ewigbrenner (280 ml) mit befestigter, schwach durchleuchtender Abdeckscheibe für 9,95 DM, einen Ewigbrenner (280 ml) mit loser, nicht durchleuchteter Abdeckscheibe zum Preis von 7,30 DM und vor allem einen Ewigbrenner mit fixierter Kunststoffabdeckung (280 ml) zum Preis von 13,95 DM netto. Der letztgenannte „Original-H. Ewigbrenner”, der aufgrund der fixierten, leicht durchscheinenden, konkaven Abdeckscheibe im Kerzenkopf mehr Transparenz als die anderen Ewigbrenner aufweist, ist für die Klägerin patentrechtlich geschützt und wird nur von der Klägerin vertrieben.

Der Beklagte hat im September 2000 mit dem nachfolgend dargestellten Schreiben geworben:

Da die Klägerin die einzige Herstellerin eines Ewigbrenners mit fixierter Kunststoffabdeckung zum Stückpreis von netto 13,95 DM ist, ist für jeden Marktkenner offenkundig, dass es sich bei dem vom Beklagten in Bezug genommenen Ewigbrenner, um denjenigen der Klägerin handelt. Der Anteil des in der Werbung in Bezug genommenen „Original-H. Ewigbrenners” an den insgesamt von der Klägerin verkaufen Ewigbrennern beträgt jedenfalls nicht weniger als 60 %.

Die Klägerin hält die Werbung für einen unzulässigen Vergleich.

Erstinstanzlich hat sie geltend gemacht, dass der Vergleich allein schon deshalb gegen § 2 Abs. 2 Ziff. 1 UWG verstoße, weil die von den Parteien vertriebenen Ewigbrenner nicht funktionsidentisch seien. Der Ewigbrenner der Klägerin erzeuge durch die fixierte und darüber hinaus transparente(re) Abdeckscheibe eine weitaus meditativere Wirkung auf den Kirchenbesucher als der Brenner des Beklagten. Die verglichenen Ewigbrenner seien demnach nicht austauschbar.

Hilfsweise hat die Klägerin geltend gemacht, dass der vom Beklagten vorgenommene Vergleich gegen § 2 Abs. 2 Ziff. 2 UWG verstoße, weil in dem Vergleich verschwiegen werde, dass sie, die Klägerin, neben dem in der Werbung in Bezug genommenen Ewigbrenner für 13,95 DM/St. weitere Ewigbrenner mit einer Füllmenge von 280 ml anbiete, nämlich einen solchen mit befestigter, schwach durchleuchtender Abdeckscheibe für 9,95 DM und einen weiteren mit loser, nicht durchleuchteter Abdeckscheibe zum Preis von 7,30 DM.

Nachdem weitere Streitpunkte durch Teilvergleich erledigt wurden (I 163), hat die Klägerin erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Preisvergleiche anzustellen, bei denen der V.-Marken Ewigbrenner Nr. 45 (280 ml zu 7,50 DM zzgl. USt.) des Beklagten und der Ewigbrenner mit fixierter Kunststoffabdeckung (280 ml zu 13,75 DM pro Stück zzgl. USt.) der Klägerin genannt werden.

hilfsweise:

im geschäftlichen Verkehr z...

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