Entscheidungsstichwort (Thema)

Forderung

 

Verfahrensgang

LG Baden-Baden (Entscheidung vom 02.01.1986; Aktenzeichen 3 S 17/85)

 

Tenor

Der Mieter kann Mietzahlungen, die er aufgrund einer nicht den Formvorschriften des § 10 Abs. 1 WoBindG entsprechenden Mieterhöhungserklärung des Vermieters geleistet hat, grundsätzlich aus ungerechtfertigter Bereicherung zurückverlangen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger bewohnt seit dem 01.08.1976 eine Wohnung im Hause des Beklagten. Die Wohnung ist mit Wohnungsfürsorgemitteln gefördert (§ 87 a II. WoBauG). Die Nettomiete belief sich zunächst auf 301,95 DM.

Mit Schreiben vom 11.02.1982 teilte der Beklagte dem Kläger unter Berufung auf eine Festsetzung der Oberfinanzdirektion Freiburg mit, der qm-Preis erhöhe sich um 0,40 DM, so daß die Grundmiete ab 01.04.1982 333,47 DM betrage. Berechnungen oder Erläuterungen waren der Erklärung nicht beigefügt. Der Kläger hat in der Folgezeit die erhöhte Miete bis Juli 1983 vorbehaltslos gezahlt.

Der Kläger hat vom Beklagten die Rückerstattung der Erhöhungsbeträge für diesen Zeitraum verlangt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Erhöhung des Mietzinses sachlich gerechtfertigt gewesen sei und der Kläger die Miete widerspruchslos geleistet habe.

Im Berufungsverfahren hat das LG Baden-Baden mit Beschluß vom 02.01.1986 dem Senat folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:

Ist der Vermieter einer mietpreisgebundenen Wohnung, der eine der Form des § 10 Abs. 2 WoBindG nicht entsprechende und damit unwirksame Mieterhöhung beansprucht, verpflichtet, an den Mieter, der in der Folgezeit die erhöhte Miete vorbehaltslos zahlt, den Erhöhungsbetrag nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zurückzubezahlen, auch wenn die Mieterhöhung sachlich gerechtfertigt war?

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist zulässig.

Die vorgelegte Rechtsfrage ergibt sich aus einem Mietvertragsverhältnis über Wohnraum. Dem steht nicht entgegen, daß hier die Voraussetzungen eines Anspruchs aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB) zu prüfen sind. Nach Art. III Abs. 1 3. MAG kommt es nur darauf an, daß die Rechtsfrage in einem engen inneren Sachzusammenhang mit dem materiellen Wohnraummietrecht steht (BGH, Rechtsentscheid vom 1.01.1984, BGHZ 89, 275; Senat, Rechtsentscheid vom 02.02.1982, NJW 1982, 1161). Diese Voraussetzungen sind hier zweifelsfrei gegeben; denn die Beantwortung der Rechtsfrage hängt von der Beurteilung ab, wie sich die Nichteinhaltung der in § 10 Abs. 1 S. 2–4 WoBindG vorgeschriebenen Förmlichkeiten und die vorbehaltslose Zahlung der erhöhten Miete rechtlich auswirken. Es geht daher hier trotz der zu untersuchenden bereicherungsrechtlichen Anspruchsgrundlage um ein speziell im Bereich der Wohnraummiete auftretendes Rechtsproblem.

Soweit das Landgericht von einer „sachlich gerechtfertigten” Mieterhöhung spricht, ist, wie der Vorlagebeschluß und der Akteninhalt ergeben, eine preisrechtlich zulässige Mieterhöhung gemeint. In diesem Sinne ist die vorgelegte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung; denn sie wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilt und voraussichtlich noch in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen auftreten.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich schließlich zweifelsfrei, daß es für das Berufungsurteil auf die Beantwortung der Rechtsfrage ankommt.

III.

Der Senat bejaht im Grundsatz einen Bereicherungsanspruch des Mieters unter den im Vorlagebeschluß dargelegten Voraussetzungen.

1. Der Vermieter kann für die in § 87 a Abs. 1 S. 1 II. WoBauG genannten Wohnungen die Miete einseitig durch schriftliche Erklärung dem Mieter gegenüber bis zur Kostenmiete erhöhen. Auf diese Mieterhöhung finden die Formvorschriften des § 10 Abs. 1 Satz 2–4 WoBindG Anwendung (§ 87 a Abs. 1 S. 2 II. WoBauG). Gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 WoBindG ist die Erklärung nur wirksam, wenn in ihr die Erhöhung errechnet und erläutert ist. Das Gesetz hat daher nach seinem klaren Wortlaut diese Erfordernisse zu einer Wirksamkeitsvoraussetzung der dem Vermieter eingeräumten Befugnis zur Rechtsgestaltung im Wege einer einseitigen Erklärung erhoben. Das entspricht auch dem Schutzbedürfnis des Mieters, der auf diese Weise in die Lage versetzt werden soll, selbst die Berechnung der Mieterhöhung nachvollziehen und beurteilen zu können. Nach allgemeiner Meinung hat der Vermieter daher keinen Anspruch auf die erhöhte Kostenmiete, bevor er eine der Vorschrift des § 10 Abs. 2 WoBindG genügende Mieterhöhungserklärung abgegeben hat (BGH WuM 1981, 276, 277; BayObLG, Rechtsentscheid vom 23.05.1985, BayObLGZ 1985, 201, 204; LG Itzehoe WuM 1976, 169; AG Lüneburg WuM 1975, 194; Sternel, Mietrecht. 2.Aufl., III 355 ff.; Fischer-Dieskau-Pergande-Schwender, Wohnungsbaurecht, § 10 WoBindG. S. 14; Derleder WuM 1982, 87, 89).

2. Zahlt der Mieter gleichwohl die nicht formgerecht angeforderte erhöhte Miete, so kommt allerdings ein Rückforderungsanspruch aus §§ 8 Abs. 2 WoBindG, 87 a Abs. 3 II. WoBauG nicht in Betracht. Den genannten Vorschriften läßt sich jedoch auch nicht entnehmen, daß der Mie...

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