Leitsatz (amtlich)

1. Ausrüster i.S.v. § 2 BinSchG ist jede Person, die ein ihr nicht gehöriges Schiff zur Binnenschifffahrt verwendet und es entweder selbst führt oder die Führung einem Schiffsführer anvertraut. Er wird Dritten gegenüber als Schiffseigner angesehen. Der Ausrüster muss im eigenen Namen das Schiff als selbständiger Unternehmer nutzen. Wird das Schiff einem Schiffsführer anvertraut, so ist der Schiffsverwender nur dann Ausrüster, wenn der Schiffsführer in seinen Diensten steht, also von ihm abhängig ist und seinem Direktionsrecht unterliegt.

2. Maßgeblich für die Ausrüstereigenschaft ist der Zeitpunkt der Havarie.

3. Die Darlegungs- und Beweislast für alle Umstände, die die Ausrüstereigenschaft begründen, trägt grundsätzlich derjenige, der einen Ausrüster als solchen in Anspruch nimmt. Die Beurteilung der Ausrüstereigenschaft richtet sich nicht nach einer formalen Rechtsposition, sondern nach der tatsächlichen Verwendung des Schiffs zur Binnenschifffahrt gleich einem Schiffseigner. Die Bezeichnung eines Unternehmens als Ausrüster in Urkunden führt nicht zu einer Vermutung, deren Gegenteil das Unternehmen beweisen müsste oder zu einer Beweislastumkehr. Auch die Grundsätze des Beweises des ersten Anscheins gelten hierfür nicht. Allerdings kann dies eine sekundäre Darlegungslast des Unternehmens begründen.

4. So genannter "Auch-Ausrüster" kann nur sein, wer die Voraussetzungen der Ausrüstereigenschaft erfüllt.

5. Eine Haftung als "Schein-Ausrüster" gibt es nur im rechtsgeschäftlichen Bereich, kommt im Rahmen der Haftung aus unerlaubter Handlung, insbesondere für Havarieforderungen, jedoch nicht in Betracht.

 

Normenkette

BinSchG § 2

 

Verfahrensgang

AG Mainz (Urteil vom 24.08.2007; Aktenzeichen 76 C 4/06 BSch)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des AG - Schifffahrtsgericht - Mainz vom 24.8.2007 - 76 C 4/06BSch - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin der Beklagten zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist - als Tochtergesellschaft - ein Eigenbetrieb der Stadt X. Sie fordert Schadensersatz aus eigenem Recht, hilfsweise als Rechtsnachfolgerin der Stadt X.

Am 1.8.2005 gegen 19:10 Uhr kam es zu einer Anfahrung der Untermainbrücke durch den zu Berg fahrenden Schubverband bestehend aus GMS "K." und GSL "S".(im Folgenden: SV "K.").

Eigentümerin des Schiffes ist die Firma O. Leasing. In der Rheinschifffahrts-Zugehörigkeitsurkunde vom 13.6.2002 der WSP X ist die Beklagte als Schiffsausrüsterin bezeichnet.

Nach dem Inhalt eines von der Beklagten vorgelegten Chartervertrages vom 31.12.1998 hat die Beklagte das MS "K." verchartert an die Gesellschaft P. Verantwortlicher Schiffsführer des Schubverbandes war der Zeuge W.

Der Schubverband fuhr gegen den linken Brückenpfeiler des Bergfahrbogens der Untermainbrücke (2. Pfeiler vom linken Ufer aus gesehen). Nach der Kollision zog ein Feuerlöschboot den Schubverband vom Brückenpfeiler ab. Er wurde durch die Untermainbrücke zurückgeführt und zu Tal gefahren. Sodann wurde der Schubverband in unmittelbarer Nähe des sog. Holbeinsteges an der Kaimauer des rechten Ufers verholt und festgemacht.

Die Klägerin hat im ersten Rechtszug vorgetragen, durch unsachgemäßes Verhalten der Schiffsführung sei es zu Schäden am Pollerfundament und an der Kaimauer gekommen. Anstatt, wie geboten, zunächst den vorderen Teil des Schubverbandes, der gegen die Strömung lag, festzumachen und möglichst gleichzeitig oder zeitnah das Ende des SV ebenfalls festzumachen, sei zunächst der hintere Teil des SV an einem Poller befestigt worden. Durch die Strömung sei so der SV breitseitig in den Main gedrückt worden. Der dadurch ausgelösten extrem hohen Belastung sei der Poller nicht gewachsen gewesen. Er sei aus der Befestigung gebrochen, wodurch auch die Kaimauer beschädigt worden sei. Der Schubverband habe den gesamten Poller um ca. 3 bis 4 cm Richtung Main verschoben. An der Ansicht der Ufermauer hätten sich Risse, offene Fugen und Abplatzungen gezeigt. In der Grünfläche am Ufer sei ein Spalt in der Erde mit einer Breite von 3,5 cm aufgetreten. Betroffen sei ein Bereich von 6 m Uferlänge gewesen. Die Beschädigung habe beide Enden der Ausbruchkegel an der Ufermauer umfasst. Der Klägerin und der Stadt F. seien durch Schäden am Pollerfundament und an der Kaimauer ein Schaden i.H.v. 76.668,98 EUR netto entstanden. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte hafte als Schiffsausrüsterin, da sie in der Rheinschifffahrts-Zugehörigkeitsurkunde vom 13.6.2002 als Ausrüsterin bezeichnet sei. Der von der Beklagten vorgelegte Chartervertrag sei rechtlich bedeutungslos. Durch einen schlichten privatschriftli...

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