Leitsatz (amtlich)
Es kann einen zum Rücktritt vom Neuwagen-Kaufvertrag berechtigenden Sachmangel nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB darstellen, wenn es bei einer nicht fern liegenden Fehlbedienung zu nicht unerheblichen Startproblemen kommt, eine technische Kompensation etwaiger Bedienfehler beim Starten in der vergleichbaren Fahrzeugklasse aber dem Standard entspricht und dies daher vom Käufer berechtigterweise auch erwartet werden darf.
Normenkette
BGB § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 28.01.2008; Aktenzeichen 5 O 226/07) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Mannheim vom 28.1.2008 - 5 O 226/07 - im Kostenpunkt aufgehoben und
im Übrigen wie folgt abgeändert:
a) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 19.747,01 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.9.2007 zu bezahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Kraftfahrzeugs, Typ Alfa Romeo 159, 1,9 JTDM, Kraftfahrzeug-Ident-Nr.: ...; abzgl. 0,12 EUR von der Klägerin zu zahlender Nutzungsentschädigung für jeden bis zur Rückgabe des Fahrzeugs über den Kilometerstand von 50.141 hinausgehend gefahrenen Kilometer.
b) Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Rechtsanwaltsgebühren des Rechtsanwalts ... i.H.v. 1.057,69 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 7.8.2007 freizustellen.
c) Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des in Ziff. 1a) genannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.
d) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster wie zweiter Instanz tragen die Klägerin ¼, der Beklagte ¾.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags bezüglich eines vom beklagten Kfz-Händler erworbenen Neufahrzeugs.
Wegen der tatbestandlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil des LG Bezug genommen. Änderungen bzw. Ergänzungen ergeben sich aus den nachfolgenden Ausführungen:
Die Klägerin kaufte im Frühjahr 2006 gemeinsam mit ihrem Ehemann, der ihr sämtliche Rechte abgetreten hat, vom Beklagten, der einen Kraftfahrzeug-Handel betreibt, einen Neuwagen des Typs Alfa Romeo 159 JTDM (Turbodiesel). Dieser wird nicht mittels eines herkömmlichen Zündschlüssels gestartet, sondern durch Einschieben eines bartlosen Schlüssels sowie Drücken einer START/STOP-Taste.
Die Klägerin reklamierte wiederholt erfolglos beim Beklagten Störungen des Startvorgangs: Es komme in der Anlassphase regelmäßig zu einem nicht ordnungsgemäßen, sehr starken Schütteln und Rütteln; der Startvorgang müsse dann abgebrochen werden. Nachdem der Beklagte weitere Nachbesserungen ablehnte, verlangte die Klägerin die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Dem tritt der Beklagte entgegen.
Außerdem macht die Klägerin weitere 250,50 EUR mit der Begründung geltend, der streitgegenständliche Pkw habe "überraschend" nach einem Reifenschaden zur Reparatur in eine Werkstatt gebracht werden müssen, wobei sich herausgestellt habe, dass seit der Auslieferung werkseitig eine Spur falsch eingestellt gewesen sei. Zur Vermeidung weiterer Schäden sei eine sofortige Spur-Korrektur notwendig gewesen.
In erster Instanz begehrte die Klägerin danach zuletzt die Rückzahlung des Kaufpreises zzgl. hieraus gezogener Zinsnutzungen abzgl. selbst gezogener Gebrauchsvorteile, Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die Feststellung von Annahmeverzug sowie Ersatz der für die Reparatur der Spur verauslagten Kosten.
Der Beklagte beantragte Klageabweisung.
Nachdem das LG vorab im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens - 5 OH 10/06 - ein schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) P. vom 2.3.2007 sowie ein Ergänzungsgutachten desselben vom 5.7.2007 eingeholt hatte, hat das LG im Hauptsacheverfahren den Sachverständigen in mündlicher Verhandlung vom 17.12.2007 angehört und alsdann die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Startprobleme stellten keinen Sachmangel dar. Insbesondere sei der Pkw für die nach dem Vertrag vorausgesetzte (§ 434 Abs. 1 Nr. 1 BGB) bzw. die gewöhnliche Verwendung geeignet (Abs. 1 Nr. 2). Nach den Ausführungen des Sachverständigen seien die von Klägerseite beschriebenen untauglichen Startversuche nur zu reproduzieren, wenn eine entsprechende Mühe an den Tag gelegt worden sei. Es sei wesentlich leichter, den Startvorgang ordnungsgemäß durchzuführen als einen fehlerhaften Startvorgang zu (re-) produzieren. Dies gelte vor allem auch deshalb, weil die Betriebsanleitung zutreffend und verständlich sei und das Display den relevanten Zeitpunkt, zu dem der Fahrer reagieren müsse, anzeige. Dem schließe sich das Gericht an. Der Pkw könne also problemlos der vereinbarten wie auch der gewöhnlichen Verwendung, nämlich dem Fahren, zugeführt werden. Insbesondere würden vom Fahrer keine besonderen Fähigkeiten und au...