Verfahrensgang

LG Offenburg (Urteil vom 29.12.2015; Aktenzeichen 6 O 93/15)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Offenburg vom 29.12.2015, Az. 6 O 93/15, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des LG Offenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.025,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von dem beklagten Land Schadensersatz wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch unzulässige Datenspeicherung.

Im August 2014 wurde der Kläger bei der Rückkehr aus den Niederlanden auf einer deutschen Tankstelle von der Polizei kontrolliert. Nachdem ihm eröffnet worden war, dass über ihn eine Eintragung als Konsument von Betäubungsmitteln vorliege, wurde sein Fahrzeug ohne Ergebnis vollständig durchsucht. Der Kläger verlangte daraufhin Auskunft über alle zu seiner Person gespeicherten Daten sowie deren Löschung.

Der Kläger hält die Speicherung seiner personenbezogenen Daten in folgenden Fällen für rechtswidrig.

1. Speicherung im polizeilichen Informationssystem POLAS wegen falscher Verdächtigung:

Die Staatsanwaltschaft hatte ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen falscher Verdächtigung eingeleitet, das mit einer Verurteilung durch das AG endete.

2. Speicherung im polizeilichen Informationssystem POLAS wegen Verstoßes gegen das BtMG - mit Cannabis:

Gegen den Kläger war ein Verfahren wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln/Allgemeiner Verstoß gegen § 29 Betäubungsmittelgesetz zur Anzeige gelangt. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gemäß § 31a BtMG ein.

In Zusammenhang mit den Ermittlungen war von der speichernden Dienststelle der personengebundene Hinweis "BTM-Konsument" vergeben worden. Dieser Hinweis wurde im Zuge der Bearbeitung des Löschungsantrags des Klägers gelöscht.

3. Speicherung als "betroffene Person" im Zusammenhang mit einer Ordnungsstörung:

Nach dem - klägerseits bestrittenen - Vortrag der Beklagten war der Kläger der Ortspolizeibehörde verkehrsrechtlich aufgefallen, weigerte sich aber, seine Personalien bekannt zu geben, weshalb die Polizei zur Unterstützung der Personalienfeststellung hinzugezogen worden war. Eine Akte zu dem Vorgang existiert nicht. Die Daten des Klägers wurden nach einem Jahr automatisiert gelöscht.

4. Speicherung als "Zeuge" im Zusammenhang mit einer gefährlichen Körperverletzung:

Bei dem Vorgang handelte es sich um Ermittlungen bezüglich Körperverletzung/Raub in einem Internetcafe. Die Daten des Klägers wurden nach einem Jahr automatisiert gelöscht.

Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird im Übrigen auf das Urteil des LG Offenburg vom 29.12.2015 Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat das Verfahren wegen des Löschungsanspruchs zum Zwecke der Abgabe an das Verwaltungsgericht abgetrennt. Die auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage hat das LG abgewiesen. Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch weder aus § 25 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 LDSG noch aus § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG zu, da die streitgegenständlichen Datenspeicherungen durch die §§ 37 und 38 PolG gerechtfertigt seien.

Mit seiner gegen dieses Urteil gerichteten Berufung rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und fehlerhafte Tatsachenfeststellung.

Die rechtswidrige Datenverarbeitung verletze die informationelle Selbstbestimmung des Klägers als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. Die Datenspeicherung sei nicht durch die §§ 37, 38 PolG BW gerechtfertigt, denn es fehle bereits an den formellen Voraussetzungen der Wiederholungsgefahr. Der Kläger verweist auf das Urteil des VGH Baden Württemberg vom 10.02.2015 (1 S 554/13). Die danach erforderliche Dokumentation der Wiederholungsgefahr habe die beweisbelastete Beklagte nicht behauptet.

Die Speicherungen in POLAS seien auch materiell rechtswidrig. Hinreichender Restverdacht habe nicht vorgelegen. Es habe auch keine Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr gegeben.

Auch die im System ComVor-Index gespeicherten Daten hätten nicht gespeichert werden dürfen, da die Speicherungen bereits nicht hinreichend erkennen ließen, welcher der in § 20 Abs. 2 - 5 PolG BW genannten Personengruppen der Kläger angehöre. Die Stelle, bei welcher die der Speicherung zugrunde liegenden Unterlagen geführt worden seien, seien nur unvollständig angegeben. Bezüglich der angeblichen Ordnungsstörung vom 19.8.2014 lägen überhaupt keine Unterlagen vor. Die Speicherung des Vorgangs "Zeuge im Zusammenhang mit einer gefährlichen Körperverletzung" sei rechtswidrig, da der Kläger bestritten habe, Zeuge gewesen zu sein.

Aus der Auskunft vom 13.8.2015 gehe darüber hinaus hervor, dass die Daten "Zeuge in Lahr" und "Ordnungsstörung in Lahr" im System POLAS und nicht im System ComVor-Index gespeichert worden seien. Dazu hätte das Gericht den erstinstanzlich ...

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