Leitsatz (amtlich)
Eine ärztliche Anordnung i.S.v. § 4 BB-BUZ muss der Versicherte nicht befolgen, wenn die vorgeschlagene Therapie keine Aussicht auf Erfolg bietet. Dies gilt auch dann, wenn die Erfolgsaussicht wegen des notwendigen, aber nicht vorhandenen Psychotherapieverständnisses des Versicherten fehlt.
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Aktenzeichen 1 O 123/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Heidelberg vom 8.2.2001 – 1 O 123/00 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. T 730635.1-279-0142 3.126,09 Euro nebst 4 % Zinsen seit 14.4.2000 sowie bedingungsgemäß ab 1.4.2000 eine monatlich im Voraus zahlbare Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. 178.44 Euro sowie aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. T 5848236.6-279-0142 weitere 24.720,86 Euro nebst 4 % Zinsen seit 14.4.2000 sowie ab 1.4.2000 bedingungsgemäß eine weitere vierteljährlich im Voraus zahlbare Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. 5.415,09 Euro längstens bis 1.7.2011 zu zahlen und beide Verträge ab 1.7.1999 betragsfrei zu stellen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt aus Leistungen aus zwei bei der Beklagten bestehenden Berufsunfähigkeitszusatzversicherungen. In beiden Versicherungen wird der Versicherungsschutz geknüpft an das Vorliegen einer mindestens hälftigen Berufsunfähigkeit. § 2 der vereinbarten Bedingungen bestimmt:
1. Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, seinen Beruf oder eine ähnliche Tätigkeit auszuüben, die seiner Ausbildung entspricht und gleichwertige Fähigkeiten und Kenntnisse voraussetzt.
2. Teilweise Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die vorstehenden Voraussetzungen ebenfalls auf nicht absehbare Zeit nur in einem bestimmten Grad erfüllt sind.
3. Ist der Versicherte mindestens ein Jahr lang ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außerstande gewesen, seinen Beruf oder eine ähnliche Tätigkeit auszuüben, die seiner Ausbildung entspricht und gleichwertige Fähigkeiten und Kenntnisse voraussetzt, so gilt die Fortdauer dieses Zustands als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.
Der Kläger hatte 1993 einen Bandscheibenvorfall erlitten; am 4.6.1999 zog er sich in seinem Garten eine Steißbeinprellung zu. Im Juni 1999 betrieb der Kläger, ein Kraftfahrzeugmechanikermeister, eine Tankstelle mit Werkstatt. Die Parteien streiten darüber, ob beim Kläger seit dem 1.7.1999 bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit vorliegt.
Das LG hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Urt. v. 8.2.2001, auf das auch wegen des Parteivorbringens im ersten Rechtszug verwiesen wird, die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe lediglich eine 30%ige Berufsunfähigkeit nachzuweisen vermocht. Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger behauptet: Zu geordneter und im Betriebsablauf sinnvoll einplanbarer Mitarbeit in seinem Unternehmen sei er aufgrund seines Gesundheitszustands nicht mehr halbschichtig im Stande, selbst wenn er seinen Betrieb weiter umorganisieren würde.
Der Kläger beantragt: Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Heidelberg vom 8.2.2001 – 1 O 123/00 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. T 730635.1-279-0142 3.126,09 Euro nebst 4 % Zinsen seit 14.4.2000 sowie bedingungsgemäß ab 1.4.2000 eine monatlich im Voraus zahlbare Berufsunfähigkeitsrente i.H.v.178.44 Euro sowie aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. T 5848236.6-279-0142 weitere 24.720,86 Euro nebst 4 % Zinsen seit 14.4.2000 sowie ab 1.4.2000 bedingungsgemäß eine weitere vierteljährlich im Voraus zahlbare Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. 5.415,09 Euro längstens bis 1.7.2011 zu zahlen und beide Verträge ab 1.7.1999 betragsfrei zu stellen.
Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung.
Die Beklagte behauptet, die therapeutischen Möglichkeiten beim Kläger seien nicht ausgeschöpft. Zudem sei sie leistungsfrei, weil der Kläger Anordnungen seines behandelnden Arztes nicht befolgt habe.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Der Kläger wurde angehört. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 2.11.2001 verwiesen. Ferner wurde im Berufungsrechtszug Beweis erhoben durch Einholung eines s...