Leitsatz (amtlich)
1. Die Hereinnahme von disparischen Verrechnungsschecks zur Gutschrift auf ein privates Girokonto des Einreichers (angestellter Verkäufer des auf dem Scheck als Zahlungsempfänger benannten Unternehmens) ohne weitere Nachprüfung seiner Verfügungsbefugnis begründet grobe Fahrlässigkeit der Bank i.S.v. Art. 21 ScheckG.
Die Weitergabe von Schecks im kaufmännischen Zahlungsverkehr ist unüblich (Anschluss an OLG Frankfurt v. 2.6.1999 - 23 U 43/94, OLGReport Frankfurt 1999, 257 = ZIP 1999, 1207).
2. Gleicht der Einreicher die durch Unterschlagung von Schecks entstandenen Fehlbeträge teilweise durch Weitergabe von mit Rechnungsnummer oder Kundenname versehenen Eigenschecks an die Finanzbuchhaltung seines Arbeitgebers aus, ohne dass dies dort auffällt, so rechtfertigt dieser Umstand die Annahme eines Mitverschuldens des Berechtigten (größeres Unternehmen mit Filialen an verschiedenen Standorten) nicht. Zu einem Abgleich von Kontonummer und Bank eingehender Schecks mit den privaten Kontoverbindungen der Mitarbeiter, wodurch die Hereingabe von Eigenschecks eines (zur Entgegennahme von Kundenschecks berechtigten) angestellten Verkäufers möglicherweise hätte festgestellt werden können, ist ein Unternehmen nicht verpflichtet.
Normenkette
BGB §§ 989, 990 Abs. 1; ScheckG Art. 21
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 14.09.2005; Aktenzeichen 10 O 302/03) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 14.9.2005 - 10 O 302/03 - werden zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Berufungsrechtszugs tragen die Klägerin 3/10 und die Beklagte 7/10.
Die Kosten der Streithilfe im Berufungsrechtszug hat die Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei bzw. der Streithelfer der Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 510.261,76 EUR festgesetzt.
(Berufung der Klägerin: 156.183,25 EUR; Berufung der Beklagten: 354.078,51 EUR).
Der Streithelfer der Klägerin ist im Berufungsrechtszug in Höhe des Streitwerts von 354.078,51 EUR (Berufung der Beklagten) beteiligt.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von Schadensersatz, weil diese bei der Entgegennahme von insgesamt 11 Inhaberschecks und einem Orderscheck zur Einziehung und Gutschrift auf das private Girokonto ihres (früheren) Mitarbeiters und Angestellten N. B. (Streithelfer der Klägerin im Berufungsrechtszug) grob fahrlässig nicht erkannt habe, dass die Schecks der Klägerin abhanden gekommen seien.
Die Klägerin vertreibt überwiegend Kraftfahrzeuge der Marke DaimlerChrysler in verschiedenen Filialen in Südwest-Deutschland, u.a. in der früheren Niederlassung der Fa. B. in P., die sie im Jahr 2000 übernommen hat. Dort war der Streithelfer seit 1992 bis Jahresende 2002 beschäftigt, zuletzt als Gebietsverkäufer. Im Rahmen seiner Verkaufstätigkeit wurden ihm von Kunden der Klägerin Verrechnungsschecks übergeben, die der Bezahlung von Rechnungen der Klägerin dienten.
Gegenstand des Rechtsstreits sind insgesamt 12 Schecks in einer Gesamthöhe von 510.261,76 EUR. Mit Ausnahme von zwei Schecks (Nr. 7 i.H.v. 12.528,75 EUR und Nr. 8 i.H.v. 16.294,50 EUR), welche nach dem Vortrag der Beklagten ihr nicht vorgelegt worden seien, ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Schecks vom Streithelfer bei der Beklagten zur Einziehung eingereicht und im Jahr 2002 seinem privaten Girokonto bei der Beklagten gutgeschrieben worden sind. Wegen der weiteren Scheckdaten wird auf die Aufstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils (dort S. 3) verwiesen.
Die Klägerin trägt vor, die Schecks seien ihr abhanden gekommen. Der Beklagten falle grobe Fahrlässigkeit zur Last, da es sich um disparische Schecks gehandelt habe. Ein Mitverschulden müsse sich die Klägerin nicht zurechnen lassen.
Die Beklagte macht geltend, die Klägerin sei nicht Eigentümer der Schecks geworden. Der Streithelfer sei berechtigt gewesen, die Schecks über sein eigenes Konto einzuziehen. Dies sei auch von der Geschäftsführung so gebilligt worden. Außerdem falle ihr eine grobe Fahrlässigkeit nicht zur Last. Jedenfalls sei der Klägerin ein überwiegendes Mitverschulden anzurechnen, da sie nicht bemerkt habe, dass ihr Angestellter allein im Jahr 2001 25 und im Jahr 2002 42 Schecks, bezogen auf sein eigenes Konto, zur teilweisen Abgeltung seiner Unterschlagungen der Buchhaltung eingereicht habe.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Änderungen oder Ergänzungen sind nicht geboten.
Das LG hat der Klage nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen i.H.v. 354.078,51 EUR nebst Verzugszinsen Zug um Zug gegen Abtretung der der Klägerin aus d...