Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an einen urheberrechtlichen Schutz eines Wohnhauses als Werk der Baukunst (§ 2 Abs. 1 Nr. 4, § 2 Abs. 2, § 97 UrhG).
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 22.06.2012; Aktenzeichen 7 O 410/11) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Mannheim vom 22.6.2012 - 7 O 410/11 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 Prozent des jeweils beizutreibenden Betrages leistet. Das Urteil des LG vom 22.6.2012 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung durch unbefugte Verwertung von Planleistungen der Klägerin bei der Fertigstellung des Bauvorhabens "Haus 3" im Neubaugebiet W in F geltend.
Die Klägerin hat sich mit der Planung von Bauten aller Art, mit Bauleitung und Baubetreuung befasst. Sie befindet sich in Liquidation. Frau M ist zur einzelvertretungsberechtigten Nachtragsliquidatorin bestellt worden. Hauptauftraggeber der Klägerin war das Bauträgerunternehmen M Wohnungsbau e. K. Inhaber M, über dessen Vermögen Ende 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Im Frühjahr 2003 ist die Klägerin von der M Wohnungsbau e. K. mit der Planung von vier Mehrfamilienhäusern mit jeweils 6-12 Eigentumswohnungen im oben genannten Neubaugebiet beauftragt worden. Die Planungsleistungen hat die Klägerin von einem bei ihr angestellten Architekten erbringen lassen. Hinsichtlich der im Streit stehenden Planungsleistungen für das Haus 3 (Lgb. Nr. 10829) wird auf die in Anl. K3 vorgelegten und nachfolgend abgebildeten Außenansichten des geplanten Zwölf-Familienhauses verwiesen:
Mit der Errichtung des Hauses 3 ist im August 2004 begonnen worden, die Bauarbeiten sind jedoch wegen der Insolvenz des Bauträgers eingestellt worden. Die Beklagte Ziff. 2 ist ein Tochterunternehmen der das Bauprojekt finanzierenden Bank. Sie ist Mitgesellschafterin der Beklagten Ziff. 1 und deren Geschäftsführerin. Die Beklagte Ziff. 1 ist eine BGB-Gesellschaft, bestehend aus den Erwerbern der im Haus 3 befindlichen Wohnungen und der Beklagten Ziff. 2. Die Gesellschaft hat das Bauprojekt "Haus 3" unter Verwendung der von der Klägerin geschaffenen Planungsunterlagen fertig gestellt. Die Pläne sind über den Insolvenzverwalter der M Wohnungsbau e. K. an die Beklagten gelangt. Nachfolgend werden die in Anl. K 11 vorgelegten Abbildungen des fertig gestellten Bauwerks wiedergegeben.
Mit Schreiben vom 30.7.2010 hat die Klägerin der Muttergesellschaft der Beklagten Ziff. 2 eine Honorar-Abrechnung für das Haus 3 (Lgb-Nr. 10829) i.H.v. 274.392,58 EUR übersandt (Anlage K 12). Eine Zahlung ist nicht erfolgt. Darauf hat die Klägerin einen Mahnbescheid gegen beide Beklagte als Gesamtschuldner i.H.v. 49.275 EUR zzgl. Kosten beantragt. Im Antrag hat die Klägerin die geltend gemachte Hauptforderung wie folgt bezeichnet:
"Schadensersatz aus Unfall/Vorfall gem. Planungshonorar Objekt W 01/2010 vom 30.7.2010."
Beide Beklagte haben Widerspruch eingelegt. Mit der Anspruchsbegründung v. 24.8.2011 hat die Klägerin den geltend gemachten Zahlungsbetrag als Schadensersatz in Analogie zur HOAI wie folgt begründet:
Der Anspruch der Klägerin beziffert sich wie folgt:
Anrechenbare Kosten 1,8 Mio./Gesamthonorar |
EUR 185.000,00 |
Leistungsphase 1 (3 %) |
5.550 EUR |
Leistungsphase 2 (7 %) |
12.950 EUR |
Leistungsphase 3 (11 %) |
20.350 EUR |
Leistungsphase 5 (25 %) |
46.250 EUR |
Leistungsphase 8 (3 %) |
5.550 EUR |
Zwischensumme |
90.650 EUR |
abzgl. erhaltene Teilzahlung |
-33.000 EUR |
Zwischensumme |
57.650 EUR |
abzgl. 14,53 % |
8.375 EUR |
Gesamt |
49.275 EUR |
Den Abzug von 14,53 % hat die Klägerin damit begründet, dass die Rohbauarbeiten in Teilen bereits abgeschlossen gewesen seien.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe von der Fertigstellung des Hauses 3 und der Verwendung ihrer Planungsunterlagen erst Mitte des Jahres 2007 Kenntnis erlangt. Nach Insolvenz des Bauträgers, der M Wohnungsbau e. K., habe deren Insolvenzverwalter die Planungen eigenmächtig an die Muttergesellschaft der Beklagten Ziff. 2, der Hauptgläubigerin, übergeben. Diese habe die Grundstücke des im Bau befindlichen Bauvorhabens erworben und habe dann - unter Verwendung der klägerischen Entwürfe - das Bauvorhaben durch die Beklagten fertigstellen lassen. Dieses Vorgehen stelle eine Urheberrechtsverletzung dar. Die Klägerin meint, bei dem in ihrem Auftrag geplanten und entworfenen Objekt handle sich um ein Werk der Baukunst, das urheberrechtlichen Schutz genieße. Das Bauwerk rage deutlich aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens heraus. Dies zeige sich insbesondere in der Komposition von Erdgeschoss und erstem Obergeschoss zu einem stabil wirkenden zweigeschossige...