Leitsatz (amtlich)
Eine wirksame Mitteilung im Nachprüfungsverfahren über die Leistungseinstellung setzt jedenfalls bei fortdauernder Erkrankung voraus, dass nachvollziehbar dargelegt wird, welche Auswirkungen die Verbesserung des Gesundheitszustands des Versicherten auf dessen Fähigkeiten zur Berufsausübung hat.
Normenkette
BB-BUZ § 7
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 04.02.2008; Aktenzeichen 8 O 1/08) |
Tenor
I. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 4.2.2008 - 8 O 1/08 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in Ziff. 1 des Urteilstenors das Wort "Erwerbsunfähigkeitsrente" durch das Wort "Berufsunfähigkeitsrente" ersetzt wird.
2. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe
I. Der Verfügungskläger (im Folgenden: Kläger), ein Rechtsanwalt, ist bei der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte) seit 1.2.1990 gegen Berufsunfähigkeit versichert. Nach den Vertragsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: B-BUZ) liegt vollständige Berufsunfähigkeit dann vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, seinen Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung ausgeübt werden kann und seiner bisherigen Lebensstellung entspricht. Liegt Berufsunfähigkeit mit einem Grad von mindestens 50 % vor, so ist die Beklagte vertragsgemäß verpflichtet, eine Berufsunfähigkeitsrente zu bezahlen sowie den Kläger vollständig von der Beitragszahlungspflicht zu befreien. Für den Fall anerkannter Berufsunfähigkeit sieht § 7 Abs. 4 B-BUZ Folgendes vor:
"Ist die Berufsunfähigkeit weggefallen oder hat sich ihr Grad auf weniger als 50 % vermindert, können wir unsere Leistungen einstellen. Die Einstellung teilen wir dem Anspruchsberechtigten unter Hinweis auf seine Rechte aus § 6 mit; sie wird nicht vor Ablauf eines Monats nach Absenden dieser Mitteilung wirksam, frühestens jedoch zu Beginn des darauffolgenden Versicherungsvierteljahres."
Unstreitig erkrankte der Kläger im Jahre 2001 an einer schweren depressiven Störung mit sog. Burn-out-Syndrom. Die typischen Symptome einer Depression im Sinne einer Einschränkung bis zur Aufhebung der physischen und psychischen Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit, Vorliegen innerlicher Unruhe, Vorhandensein von Ängsten mit vegetativen Begleiterscheinungen wie Schlafstörungen und Appetitlosigkeit, hinzukommend Energie- und Antriebsminderung und Reduzierung der Konzentrationsfähigkeit in erheblichem Maße lagen beim Kläger vor. Im November 2001 war nach Steigerung der Symptomatik eine Klinikaufnahme mit stationärer Behandlung erforderlich. Vom 24.11.2001 bis zum 14.12.2001 erfolgte die Aufnahme in einer psychosomatischen Klinik. Wie bereits zuvor erfolgte bis zum heutigen Tag die fortlaufende ärztliche Behandlung durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H in B sowie seit Anfang 2002 durch den Nervenarzt und Facharzt für Psychotherapeutische Medizin Dr. S in M. Im Rahmen der (erstmaligen) Prüfung der Berufsunfähigkeit veranlasste die Beklagte eine psychiatrische Begutachtung. Hieraus ergab sich die Diagnose einer depressiven Störung und ein Grad der Berufsunfähigkeit des Klägers von etwa 70 % (Gutachten von Prof. Dr. Sch vom 25.4.2002). Die Beklagte anerkannte mit Leistungsentscheidung vom 16.5.2002 ihre Leistungsverpflichtung rückwirkend zum 1.9.2001 und gewährte eine Berufsunfähigkeitsrente zzgl. Bonusrente und Befreiung von der Beitragszahlungspflicht.
Von dem vertraglich vereinbarten Recht zur Nachprüfung machte die Beklagte Ende 2002 und Ende 2003 Gebrauch. Die jeweils eingeholten ärztlichen Berichte ergaben einen unverändert schlechten Gesundheitszustand und einen Grad der Berufsunfähigkeit von 75 % bis 80 %. Im Frühjahr 2007 stellte sich für die behandelnden Ärzte ebenfalls ein unverändertes Krankheitsbild dar und weiterhin ein Grad der Berufsunfähigkeit von 75 % bis 80 %. Auf Veranlassung der Beklagten unterzog sich der Kläger am 31.7.2007 einer Begutachtung in der Klinik für allgemeine Psychiatrie im Universitätsklinikum H durch Prof. Dr. Sch, der bereits die Begutachtung im Jahre 2002 vorgenommen hatte. Bei fortbestehender Diagnose einer depressiven Störung wurde die Frage nach dem Grad der Berufsunfähigkeit in dem daraufhin am 2.8.2007 erstellten Gutachten dahingehend beantwortet, dass eine nachhaltige, 10 % bis 15 % überschreitende Beeinträchtigung der Berufsfähigkeit auf psychiatrisch psychotherapeutischem Gebiet nicht mehr bestehe.
Auf der Grundlage des Gutachtens vom 2.8.2007 lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 30.8.2007 eine Anerkennung der Berufsunfähigkeit und weitere Leistungen über den 31.10.2007 hinaus ab. Dazu führte die Beklagte Folgendes aus:
"Sehr geehrter Herr ..., nach Vorlage und Auswertung des Gutachtens vom 2.8.2007 (Eingang bei uns am 6.8.2007) teilen wir Ihnen das Ergebnis unseres Nachprüfungsverfahrens mit.
Berufsunfähigkeitsleistung...