Leitsatz (amtlich)
Tritt ein Arzt seine Honorarforderung an einen Dritten zur Rechnungsstellung ohne Einwilligung des Patienten und somit unwirksam nach § 134 BGB i.V.m. § 203 StGB ab, so löst eine Rechnung des Dritten nicht die Fälligkeit der Honorarforderung nach § 10 Abs. 2 GOZ aus.
Die Verjährung einer Honorarforderung beginnt in einem solchen Fall erst mit Rechnungsstellung durch den Arzt.
Normenkette
BGB §§ 134, 198; StGB § 203; GOZ § 10
Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 9 O 235/00) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Mannheim vom 9.3.2001 – 9 O 235/00 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 17.846,52 Euro nebst 6 % Zinsen seit dem 19.1.2001 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO a.F. abgesehen.
Gründe
I. Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Vergütung seiner zahnärztlichen Leistungen i.H.v. 34.904,76 DM = 17.846,52 Euro, wie er am 2.11.1998 abgerechnet hat.
Sachliche Einwendungen gegen die Rechnung vom 2.11.1998 erhebt die Beklagte nicht.
Die streitgegenständliche Forderung des Klägers ist nicht verjährt.
Die Rechnung des Klägers datiert vom 2.11.1998. Die Forderung wurde gem. § 10 Abs. 2 GOZ mit dieser Rechnungserteilung fällig. Verjährung wäre somit gem. §§ 196 Abs. 1 Nr. 14, 198, 201 BGB am 31.12.2000 eingetreten. Der Lauf der zweijährigen Verjährungsfrist wurde gem. §§ 209 Abs. 1 BGB, 270 Abs. 3 ZPO rechtzeitig durch Klageeinreichung am 28.12.2000 unterbrochen.
Entgegen der Ansicht des LG wurde die Forderung nicht schon mit der Rechnungsstellung durch das F. Rechenzentrum am 27.6.1996 fällig und damit die erste Voraussetzung für den Beginn der Verjährungsfrist geschaffen.
Zwar regelt § 10 Abs. 2 GOZ nicht ausdrücklich, dass der Zahnarzt bzw. ein berechtigter Forderungsinhaber die Rechnung stellen muss. Dass der Forderungsinhaber die Rechnung stellen muss, ergibt sich jedoch aus dem Zweck der Rechnungsstellung. Mit der Rechnungsstellung ist eine wesentliche Rechtsfolge verbunden, die Forderung aus dem Behandlungsvertrag wird fällig. Das „Recht zur Rechnungsstellung” ist kein selbstständiges Recht, das unabhängig von der Honorarforderung den Behandlungsvertrag gestalten könnte. Es ist vielmehr eng mit der Forderung verbunden. Die Rechnung ist nämlich Voraussetzung für die Geltendmachung der Honorarforderung. Die Rechnung kann daher nur der tatsächlich berechtigte Forderungsinhaber stellen. Nur dieser kann entscheiden, ob er die Fälligkeit herbeiführen will, soweit dies noch nicht geschehen ist, und ob er überhaupt die Forderung durchsetzen will. Die Fälligkeit kann daher nicht durch eine vom Gläubiger nicht oder nicht wirksam beeinflusste Maßnahme eines Dritten herbeigeführt werden.
Nur der Kläger selbst konnte die Rechnung stellen und damit die Forderung gegen die Beklagte fällig werden lassen. Die Abtretung der Forderung des Klägers gegen die Beklagte an das F. Rechenzentrum war unwirksam, wie schon der Senat mit seinem Urteil (OLG Karlsruhe, Urt. v. 1.10.1998 – 12 U 314/97, OLGReport Karlsruhe 1999, 85) – festgestellt hat.
Die Unwirksamkeit der Abtretung kann nicht getrennt von einer Beauftragung zur Rechnungserstellung gesehen werden, wie das LG angenommen hat. Ob der Kläger überhaupt einen gesonderten Auftrag zur Rechnungserstellung erteilte und inwieweit Abtretung und Rechnungserteilung untrennbar miteinander verbunden sind, kann letztendlich offen bleiben. Allein schon die Beauftragung eines Dritten zur Rechnungserstellung ohne wirksame Einwilligung des Patienten verstößt nämlich ebenfalls gegen § 203 StGB und ist deswegen nach § 134 BGB nichtig. Die Rechnung über eine Zahnarztbehandlung kann von einem Dritten nur erstellt werden, wenn der Zahnarzt die erforderlichen Daten sowohl über die Person des Behandelten wie auch über die Art und den Umfang der Behandlung mitteilt. Eine Rechnung enthält die gesamten Informationen über die Behandlung des Patienten. Die Erstellung der Rechnung durch einen nichtbefugten Dritten stellt daher einen Bruch des Arztgeheimnisses dar (vgl. OLG Oldenburg v. 9.10.1991 – 3 U 43/91, NJW 1992, 758).
Die Verjährungsfrist begann nicht aus anderem Grund zu einem früheren Zeitpunkt zu laufen. Die Forderung wurde nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) schon früher fällig, weil der Kläger die Rechnung nicht schon früher erstellte.
Nach dem klaren Wortlaut von § 10 Abs. 2 GOZ tritt Fälligkeit erst ein, wenn der Zahnarzt die Rechnung gestellt hat, nicht schon dann, wenn er hätte eine Rechnung erstellen können (vgl. zu ähnlichen Rechtslagen BGH NJW 1971, 1455; NJW 1986, 1279; v. 19.12.1990 – VIII ARZ 5/90, BGHZ 113, 188 = MDR 1991, 524). Soweit der Zahnarzt nicht schon aus eigenem Interesse alsbald liqui...