Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 20.07.2005; Aktenzeichen 10 O 334/03) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufungen der Parteien gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 20.7.2005 (10 O 334/03) werden zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger 39 % und dem Beklagten 61 % auferlegt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der jeweiligen Gegenpartei gegen Sicherheitsleistung durch Bürgschaft i.S.d. § 108 Abs. 1 ZPO i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung in gleicher Art Sicherheit i.H.v. 120 % des von ihr zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision des Klägers wird zugelassen. Die Revision des Beklagten wird nicht zugelassen.
V. Der Berufungsstreitwert wird auf 41.700 EUR festgesetzt (Kläger: 16.141 EUR; Beklagter: 25.559 EUR).
Gründe
I. Der Kläger macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche i.H.v. 25.559,48 EUR nebst Zinsen wegen behaupteter fehlerhafter Aufklärung durch ein Prospekt beim Kauf von Anteilen einer Kapitalanlage, des I.I.R. geltend.
Das LG hat der Klage bis auf einen Großteil der begehrten Zinsen stattgegeben. Wegen der tatsächlichen Feststellungen und des Parteivorbringens im Einzelnen, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe wird auf das von den Parteien mit der Berufung angefochtene Urteil des LG Bezug genommen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung, soweit der Klage stattgegeben wurde. Mit der eigenen Berufung verfolgt er seinen auf § 849 BGB gestützten Zinsanspruch im beantragten Umfang weiter.
Der Kläger beantragt,
1. dass das Urteil abgeändert und wie folgt neu gefasst wird:
Der Beklagte und Berufungsbeklagte wird verurteilt, an den Kläger und Berufungskläger 25.559,48 EUR zzgl. 4 % Zinsen vom 28.2.1991 bis 30.4.2000 und Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1.5.2000 zu zahlen;
2. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt, 1. unter Abänderung des Urteils des LG Karlsruhe vom 20.7.2005 - 10 O 334/03 die Klage abzuweisen;
2. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Beklagte macht im Berufungsverfahren im Wesentlichen geltend:
Das LG gehe zu Unrecht von der Anwendbarkeit der §§ 1 ff. Auslandsinvestmentgesetz (AIG) aus. Weder habe der Kläger den öffentlichen Vertrieb der Anteile substantiiert dargelegt, noch sei dies tatsächlich geschehen. Der Vortrag des Klägers im ersten Rechtszug zu den Vorschriften des AIG sei bereits dort als verspätet gerügt worden. Gleichzeitig habe der Beklagte um einen Hinweis gebeten, ob ein Eingehen auf dieses Vorbringen noch sachdienlich sei. Ein solcher Hinweis sei nicht mehr erfolgt. Dem Beklagten sei daher eine Auseinandersetzung mit der - überraschenden - Auffassung des Gerichts nicht möglich gewesen. Das LG habe zu Unrecht den Schutzgesetzcharakter der §§ 15 ff. AIG bejaht. Entgegen der Auffassung des LG habe der Kläger auf den Schutz des AIG verzichtet. Mit Erhalt des Zertifikats habe er die dort genannten Bedingungen, insbesondere Nr. 3, akzeptiert. Eine Anfechtung habe der Kläger dagegen nicht erklärt. Der Beklagte habe nicht schuldhaft gehandelt, da er sich auf seinen Beraterstab, insbesondere auf die Auskünfte von Rechtsanwalt Dr. L. habe verlassen dürfen. Zu Unrecht habe das LG die Vorschrift des § 852 BGB a.F., anstatt § 12 Abs. 5 AIG, die die speziellere Verjährungsvorschrift sei, angewandt. Darüber hinaus sei der Klaganspruch verwirkt.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers und die als Anschlussberufung (§ 524 ZPO) zu behandelnde (unzulässige) Berufung des Beklagten sind unbegründet; sie waren daher zurückzuweisen.
1. Zur Berufung des Beklagten
a) Die mangels rechtzeitiger Begründung unzulässig gewordene Hauptberufung des Beklagten ist im Wege der Umdeutung (§ 140 BGB analog) als Anschlussberufung (§ 524 ZPO) zulässig.
Die Berufungsbegründungsfrist des Beklagten wurde auf dessen Antrag mit Verfügung der Vorsitzenden vom 27.9.2005 bis zum 26.10.2005 verlängert (AS II 37). Die (auf den 11.8.2005 datierte) Berufungsbegründungsschrift ging erst am 28.10.2005 und damit verspätet beim OLG ein (AS II 61). Dies beruht darauf, dass der Beklagte die Berufungsbegründungsschrift per Telefax am 26.10.2005, 23.16 Uhr an das unzuständige LG (Pforte) gesendet hat, von wo aus sie sofort am Morgen des 27.10.2005 an das OLG weitergeleitet wurde. Der am 14.12.2005 bei Gericht eingegangene Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten ist unbegründet. Abgesehen davon, dass der Antrag nicht innerhalb der Monatsfrist gem. § 234 Abs. 1 ZPO bei Gericht eingegangen ist (der Beklagte wurde bereits Anfang November 2005 auf den verspäteten Eingang der Berufungsbegründungsschrift hingewiesen), war die Nichteinhaltung der Berufungsbegründungsfrist nicht unverschuld...