Leitsatz (amtlich)

1. Sämtliche in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 AuslInvestmG bezeichneten Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Vertrieb von ausländischen Investmentanteilen sind Schutzgesetze zugunsten der Kapitalanleger i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB.

2. Die Verzinsungspflicht nach § 849 BGB gilt für die Entziehung von Geld nur, wenn diese beispielsweise in Gestalt einer Unterschlagung (BGHZ 8, 288) oder durch die Nichtauskehrung eines Versteigerungserlöses (OLG Düsseldorf v. 11.7.1989 - 24 U 9/89, NJW-RR 1989, 1253) oder von verspäteter Auskehrung eingezogener Mandantengelder (OLG Düsseldorf JurBüro 2004, 536) erfolgt ist. Die freiwillige Überlassung von Geld zu Investitionszwecken fällt hingegen nicht mehr unter die Tatbestandsvoraussetzungen der Entziehung oder Beschädigung einer Sache.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 2, § 849; AuslInvestmG § 2 Abs. 1 Nr. 1-5

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 07.09.2005; Aktenzeichen 3 O 394/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Karlsruhe vom 7.9.2005 - 3 O 394/03 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 21.084,77 EUR und Zinsen hieraus i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.9.2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weiter gehende Berufung des Klägers und die Berufung des Beklagten werden zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

4. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger macht Schadensersatzansprüche aufgrund fehlerhafter Aufklärung durch ein Prospekt beim Kauf von Anteilen einer Kapitalanlage, des X-Rentenplans, geltend.

Im Jahre 1985 trat A., ein Vermittler der Vermögensberatung B., an den Kläger, der von Beruf Physiotherapeut ist, heran. A. führte eine Regionalabteilung der Vermögensberatung B.A. unterbreitete dem Kläger das Angebot, sich am X-Rentenplan-Trust zu beteiligen. Er legte dem Kläger ein Prospekt X-Rentenplans vor, das der Kläger durchlas. § 4 des Prospekts sah folgenden Rentenplan vor: Die Anlagesumme wird in jährlichen Raten, beginnend im vierten Jahr nach der Einzahlung bis zum zehnten Jahr, vollständig zurückgezahlt; ab dem elften Jahr erhält der Anleger jährlich eine Rente i.H.v. 25 % der Anlagesumme.

Der Kläger zeichnete am 28.7.1984 einen Anteil am X-Rentenplan i.H.v. 50.000 DM zzgl. 2.500 DM Agio. Am 30.11.1984 zahlte der Kläger 52.420 DM (26.801,92 EUR) ein. Der Eingang des Beteiligungsbetrages auf ein Treuhandkonto wurde am 11.12.1984 von der Z. AG, die Treuhand- und Verwaltungsaufgaben für den X-Rentenplan-Trust erledigte, bestätigt. Der Beklagte war Managing Director des X-Rentenplan-Trust, der die Anlagen tätigte und verwaltete. Die Projektvorprüfung, Rechtsgestaltung, Investitionsverwaltung und das Vorschlagswesen wurde für den X-Rentenplan-Trust von der V. Ltd., deren Präsident der Beklagte war, durchgeführt.

Der Kläger erhielt vier Rückzahlungen:

am 4.10.1988 1.600 US-Dollar (1.522,01 EUR),

am 31.10.1989 1.600 US-Dollar (1.504,43 EUR),

am 9.8.1990 1.600 US-Dollar (1.303,02 EUR),

am 11.9.1991 1.600 US-Dollar (1.387,69 EUR).

Weitere Rückzahlungen blieben aus.

Durch ein Schreiben des X-Rentenplan vom Juli 1995 wurden die Rentenplaninhaber über die Vermögensaufstellung des X-Rentenplan informiert. Gleichzeitig machte der X-Rentenplan von seinem Auflösungsrecht aus § 10 des Vertrages Gebrauch. Die Rentenplaninhaber sollten ihre Einlage und die bis dahin erarbeiteten Wertsteigerungen zurückerstattet bekommen. Alternativ konnte die Rückerstattung auch in Aktien der E. verlangt werden. Durch vier Schreiben vom 30.10.1997, vom 16.7.1997, vom 7.1.1998 und vom Februar 2000 wurden den Investoren vom X-Rentenplan Informationen über das E. Projekt mitgeteilt, u.a. über Probleme bei Produkten, den Umtausch von Aktien und zukünftigen Entwicklungen.

Der Kläger hat im ersten Rechtszug im Wesentlichen vorgetragen:

Die Beteiligung am X-Rentenplan sei - entgegen dem Wort "Rentenplan" - für die von ihm gewollte Altersvorsorge völlig ungeeignet. Das Geld sei in höchst spekulative vorbörsliche Aktien, sog. Penny-Stocks, investiert worden. Darüber sei der Kläger nicht aufgeklärt worden. Der Beklagte habe sich in einem Interessenkonflikt befunden, da er sowohl Managing Director des X-Rentenplan-Trust, Präsident der V. Ltd., Verwaltungspräsident der R. Anstalt war und Führungsrollen in den Penny-Stocks-Unternehmen begleitete.

Über diese personelle Verbindung sei ebenfalls nicht aufgeklärt worden. Außerdem sei der Vertrieb und die Festlegung der Kurse der Penny-Stocks allein durch den Beklagten erfolgt. Der Beklagte sei Initiator dieser betrügerischen Kapitalanlage. Er habe bei der Konzeption und Verbreitung des X-Rentenplan als maßgeblicher Hintermann die Fäden g...

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