Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsverfahren: Voraussetzungen des Unterbreitens eines schriftlichen Vergleichsvorschlages
Leitsatz (amtlich)
Die aufgrund der Rechtsfolgen zu fordernde besonderen Formenstrenge des "Unterbreitens" eines Vergleichsvorschlags i.S.v. § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO erfordert eine eigenständige, von der Erklärung der Annahme der außergerichtlichen Vereinbarung abgesetzte Erklärung der Parteien ggü. dem Gericht. Eine gemeinsame Erklärung oder die Erklärung einer Partei mit Zustimmung der anderen Partei reicht nicht aus. Weil das Prozessrecht die Verfahrenslage weitgehend vor Unsicherheit schützen will, sind Unklarheiten zu vermeiden und deshalb ist als "Unterbreiten" i.S.v. § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO eine ausdrückliche eigene Erklärung der Partei ggü. dem Gericht zu fordern.
Normenkette
ZPO § 278 Abs. 6 S. 1; FamFG § 113 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Villingen-Schwenningen (Urteil vom 30.11.2009; Aktenzeichen 3 F 180/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - Familiengericht - Villingen-Schwenningen vom 30.11.2009 (3 F 180/09) und das zugrunde liegende Verfahren aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das AG - Familiengericht - Villingen-Schwenningen zurückverwiesen.
2. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 20.208 EUR festgesetzt.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten im Berufungsverfahren darum, ob das Verfahren betreffend Betreuungsunterhalt nach § 1615l BGB für die Klägerin Ziff. 3 sowie das Verfahren betreffend Kindesunterhalt für die Kläger Ziff. 1 und 2 durch einen Vergleich der Parteien vom 15.10.2009 (festgestellt durch Beschluss des Familiengerichtes vom 19.10.2009) beendet worden ist.
Der Beklagte und die Klägerin Ziff. 3 haben in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zusammengelebt, aus ihrer Beziehung sind die beiden Kläger Ziff. 1 und 2 hervorgegangen:
Die alleinige elterliche Sorge für die Kläger Ziff. 1 und 2 übt die Klägerin Ziff. 3 aus. Die Klägerin Ziff. 3 und der Beklagte leben spätestens seit April 2009, womöglich schon seit Oktober 2008 innerhalb der gemeinsamen Wohnung, voneinander getrennt. Der Beklagte hat den Kindesunterhalt für die Kläger Ziff. 1 und 2 durch zwei Urkunden beim Jugendamt der Stadt X i.H.v. 105 % des jeweiligen Mindestunterhaltes der jeweiligen Altersstufe ab dem 1.6.2009 anerkannt (UR 117/2009 und UR 116/2009). Die Kläger haben im vorliegenden Verfahren im Wege der Stufenklage vom Beklagten Auskunft insbesondere über sein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit und über sein Vermögen gefordert und zugleich unbezifferte Zahlungsanträge gestellt. Diese betreffen eine Abänderung der genannten Jugendamtsurkunden sowie eine Verurteilung des Beklagten zu einem Betreuungsunterhalt für die Klägerin Ziff. 3 nach Maßgabe der erteilten Auskunft. Unstreitig wurde der Beklagte erst mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 25.3.2009 zur Auskunft über sein Einkommen aufgefordert. Der Beklagte ist der Stufenklage zunächst entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass er bereits vollständig Auskunft erteilt habe durch Vorlage sämtlicher Unterlagen über sein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für die Jahre 2005 bis 2007. Der Beklagte beziffert sein Nettoeinkommen auf 2.569 EUR, hiervon seien Aufwendungen für die Krankenvorsorge und die Altersvorsorge i.H.v. insgesamt 957,92 EUR abzusetzen, so dass sich ein bereinigtes unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen von 1.611 EUR monatlich ergebe. Hiernach sei er, der Beklagte, in die 2. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle einzuordnen.
Nachdem die Parteien im Termin vor dem Familiengericht vom 16.9.2009 über die Stufenklage sowie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verhandelt hatten, hatte das Familiengericht zunächst Verkündungstermin auf den 18.9.2009 bestimmt. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 17.9.2009 wurde auf außergerichtliche Vergleichsverhandlungen hingewiesen und darum gebeten, den Verkündungstermin auf Mitte/Ende Oktober 2009 zu verlegen. Das Familiengericht hatte sodann mit Beschluss vom 18.9.2009 den Verkündungstermin auf den 28.10.2009 verlegt. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 15.10.2009 (eingegangen per Fax beim Familiengericht am Freitag, den 16.10.2009) wurde dem Familiengericht mitgeteilt, dass die Parteien sich in Erledigung sämtlicher Unterhaltsverfahren geeinigt hätten. Mit Einverständnis des Prozessbevollmächtigten des Beklagten hätten Gespräche in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Kläger mit dem Beklagten persönlich stattgefunden und es sei eine Einigung erzielt worden und man bitte darum, "im schriftlichen Verfahren folgenden Vergleich zu beschließen". Das Schreiben enthielt anschließend einen Vergleichstext mit 6 Paragraphen und am Ende eine Unterhaltsberechnung aus dem Berechnungsprogramm Gutdeutsch. Anschließend enthielt es di...