Leitsatz (amtlich)

Zur Feststellung einer mit andauernden und heftigen Schmerzen begründeten Berufsunfähigkeit.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 11.03.2016; Aktenzeichen 10 O 326/14)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 11.03.2016 - 10 O 326/14 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des LG Karlsruhe ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt - soweit im Berufungsverfahren noch von Interesse - Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung.

Der Kläger schloss 2008 bei der Beklagten eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab. Voraussetzung für den Versicherungsfall ist eine zumindest 50-prozentige Berufsunfähigkeit des Klägers, § 1 Abs. 1 der Allgemeinen Bedingungen für die Berufsunfähigkeitsversicherung (Anl. K1, S. 23 ff.; im Folgenden: ABB). Berufsunfähigkeit ist in § 2 ABB wie folgt definiert:

"1. Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich auf Dauer (mindestens sechs Monate) außer Stande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben...

3. Ist die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außer Stande gewesen, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben und hat sie in dieser Zeit auch keine andere Tätigkeit ausgeübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht..., gilt dieser Zustand bei Fortdauer von Anfang an als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit."

Seit 2009 war der Kläger als Fahrer und Lagerist angestellt. 2011/2012 traten beim Kläger verstärkt Rücken- und Schulterschmerzen auf. Der behandelnde Orthopäde Dr. B attestierte dem Kläger am 19.11.2012, dass dieser aufgrund orthopädischer Erkrankungen nicht mehr in der Lage sei, seinen Beruf auszuüben (Anl. K5). Daraufhin kündigte der Arbeitgeber des Klägers diesem aus gesundheitlichen Gründen zum 31.01.2013. Der Kläger übte seinen bisherigen Beruf noch bis zum 18.12.2012 aus. Vom 31.01.2013 bis 24.01.2014 absolvierte er eine Ausbildung zum CNC-Anwender; seit dem 01.02.2014 arbeitet der Kläger in diesem Beruf.

Mit Telefonanruf vom 23.11.2012 sowie Schreiben vom 22.01.2013 (Anl. K8) beantragte der Kläger Berufsunfähigkeitsleistungen bei der Beklagten, die dies ablehnte.

Der Kläger hat behauptet, er sei spätestens seit dem 19.12.2012 im Sinne der Versicherungsbedingungen berufsunfähig, da er aufgrund orthopädischer Erkrankungen nicht mehr in der Lage gewesen sei, seine bisherige Tätigkeit auszuüben.

Die erstinstanzlichen Klageanträge sind auf die Feststellung des - zwischen den Parteien erstinstanzlich streitigen - Fortbestehens der Berufsunfähigkeitsversicherung sowie die Zahlung der Versicherungsleistung für den Zeitraum Januar 2013 bis Januar 2014 (7.150,77 EUR; AS I 21) nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten gerichtet gewesen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat sich auf eine Anfechtung des Versicherungsvertrags, hilfsweise einen Rücktritt gestützt. Weiter hilfsweise hat sie das Vorliegen einer Berufsunfähigkeit bestritten.

Das LG hat nach Beweisaufnahme dem Feststellungantrag nebst hierauf entfallender vorgerichtlicher Anwaltskosten stattgegeben, die Zahlungsklage jedoch abgewiesen. Dem Kläger sei der Nachweis bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit nicht gelungen. Der orthopädische Sachverständige habe die Schmerzen nicht objektivieren, insbesondere nicht auf eine orthopädische Erkrankung zurückführen können. Psychische Ursachen für die Schmerzen mache der Kläger nicht geltend. Eine anderweitige Ursache sei weder vorgetragen noch ersichtlich.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen Zahlungsantrag weiterverfolgt. Das LG habe verkannt, dass sich eine Krankheit nicht zwingend objektivieren lassen müsse, wie das Beispiel psychischer Erkrankungen zeige. Der Sachverständige habe - auch wenn dies nicht im Protokoll festgehalten sei - im Rahmen seiner mündlichen Anhörung mehrfach erklärt, dass die Schilderung des Klägers hinsichtlich der Schmerzen glaubhaft sei und er bei Vorliegen dieser Schmerzen seinen früheren Beruf nicht mehr habe ausüben können. Unter diesem Gesichtspunkt sei der Sachverständige nochmals anzuhören. Im Übrigen sei bereits erstinstanzlich beantragt worden, ergänzend ein neurologisches Gutachten einzuholen. Die Begutachtung von Schmerzen habe interdisziplinär zu erfolgen, da sowohl körperliche als auch psychische Ursachen erwogen werden müssten.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des L...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge