Leitsatz (amtlich)
1. Die im Preis- und Leistungsverzeichnis eines Kreditinstituts verwendete Klausel "Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten ..." ist im Bankverkehr mit Verbrauchern nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam.
2. Es handelt sich um eine kontrollfähige Preisnebenabrede, durch die - in Verbrauchern gegenüber unzulässiger Weise - ein Entgelt vom Kunden für eine Tätigkeit verlangt wird, welche die Bank in ihrem eigenen Interesse erbringt (Entgegennahme von Zins- und Tilgungszahlungen, Zahlungsüberwachung).
Verfahrensgang
LG Karlsruhe (Urteil vom 21.05.2010; Aktenzeichen 10 O 193/10) |
Tenor
1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 21.5.2010 - 10 O 193/10 - wird zurückgewiesen.
2. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Berufungsrechtszugs zu tragen.
3. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Verfügungskläger, ein Verbraucherschutzverband, der in die Liste der qualifizierten Einrichtungen gem. § 4 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) eingetragen ist, verlangt von der beklagten Bank die Unterlassung der Verwendung einer Entgeltklausel für das Führen von Darlehenskonten.
Die Verfügungsbeklagte verwendet in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis in Kapitel A unter Ziff. 9 "Sonstiges" eine Klausel, wonach sie "Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten" von "12 EUR pro Jahr" erhebt. Nachdem der Verfügungskläger die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 8.4.2010 (nicht 2009, wie das LG versehentlich im Tatbestand festgestellt hat) erfolglos zur Unterlassung der Verwendung dieser Vergütungsklausel und Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert hatte (Anlage K 3, B 1), hat er am 29.4.2010 beim LG Karlsruhe den Erlass einer einstweiligen Verfügung nach dem UKlaG beantragt. Er macht geltend, die beanstandete Entgeltklausel stelle keine der Inhaltskontrolle entzogene Preisvereinbarung dar. Sie benachteilige den Verbraucher in unangemessener Weise, weil das geforderte Entgelt für die Kontoführung bei Darlehenskonten eine Leistung betreffe, welche die Verfügungsbeklagte ausschließlich im eigenen Interesse vornehme. Es bestehe auch Wiederholungsgefahr, weil die Verfügungsbeklagte die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben habe.
Die Verfügungsbeklagte hat die Auffassung vertreten, bei der beanstandeten Klausel handele es sich um eine der AGB-rechtlichen Überprüfung entzogene Hauptpreisabrede. Außerdem halte diese Klausel auch der Inhaltskontrolle stand. Die Kontenführung liege im Interesse der Kunden, die zum Jahresende in einem Kontoauszug eine Zusammenfassung der Buchungen erhielten.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Urteil des LG Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das LG hat die Verfügungsbeklagte verurteilt, es gegenüber Verbrauchern zu unterlassen, in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis die Klausel "Kontoführungsgebühren für Darlehenskonten 12 EUR pro Jahr" oder eine ihr inhaltsgleiche Klausel zu verwenden und/oder Entgelt mit Bezug auf diese Klausel gegenüber Verbrauchern zu verlangen. Bei der beanstandeten Entgeltklausel handele es sich um eine kontrollfähige Preisnebenabrede, welche die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige. Die Führung eines Kreditkontos sei im Rahmen einer geordneten Buchführung und Rechnungslegung einer Bank unverzichtbar. Für die in ihrem eigenen Interesse zu erbringende Leistung könne die Vergütungsbeklagte daher kein Entgelt vom Kunden verlangen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Verfügungsbeklagten, die weiterhin die Zurückweisung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung erstrebt. Sie hält an ihrer Auffassung fest, bei der beanstandeten Klausel handele es sich um eine Preisabrede, die nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle entzogen sei, weil sie Entgelt für eine vertragliche Leistung beanspruche, die sie im Interesse des Kunden vornehme. Selbst wenn man aber die streitige Klausel einer Inhaltskontrolle unterwerfe, halte sie dieser Stand. Der Kunde erhalte durch die Übersendung eines Jahreskontoauszugs einen Überblick darüber, wie die Darlehensschuld stehe, auch unter Berücksichtigung von Zahlungen Dritter oder sonstiger außergewöhnlicher Vorgänge. Außerdem sei eine unangemessene Benachteiligung des Kunden auch deshalb ausgeschlossen, weil der Gesetzgeber in § 6 Abs. 3 Nr. 3 der Preisangabenverordnung (PAngV) die Berechnung von Kontoführungsgebühren erwähne. Damit setze der Gesetzgeber voraus, dass die Vertragsparteien eines Darlehensvertrags befugt seien, Kontoführungsgebühren zu vereinbaren.
Die Verfügungsbeklagte beantragt, das Urteil des LG vom 21.5.2010 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Verfügungskläger beantragt Zurückweisung der Berufung. Er verteidigt das Urteil des LG und mac...