Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 08.10.2015; Aktenzeichen 3 O 60/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Konstanz vom 8.10.2015 - B 3 O 60/15 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert wie folgt:

(1.) Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit Medizinprodukten gegenüber Zahnärzten und Laboren anzukündigen, dass Kunden bei einem Einkauf ab einem Nettowarenwert von EUR 150,00 einen Gutschein im Wert von 5,00 EUR erhalten, der im Einzelhandel eingelöst werden kann, und/oder einen solchen Gutschein ankündigungsgemäß abzugeben, insbesondere, wenn dies wie folgt geschieht:

(2.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag von EUR 246,10 nebst Zinsen i. H. von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.02.2015 zu bezahlen.

(3.) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 3/10 und die Beklagte 7/10.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H. von 25.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H. von 110 % des vollstreckbares Betrages abwenden wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit i.H. von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 21.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit einer Internetwerbung für Dentalprodukte (Anlage K 5).

Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil die Werbeaktion "HALLOWEEN-SPEZIAL" nicht gegen das Werbegabenverbot aus § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG verstoße. Unzulässig sei nur eine Werbegabe, deren Anbieten, Ankündigen oder Gewähren die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung des Werbeadressaten begründe. Diese Gefahr sei im Sinne einer individuellen Beeinflussbarkeit des Zuwendungsempfängers zu bewerten. Hiernach sei im Streitfall ein Verstoß nicht dargetan. Zwar könne von dem Versprechen eines Gutscheins im Wert von 5,00 EUR bei einer Bestellung von mindestens 150,00 EUR netto theoretisch eine Anreizwirkung ausgehen. Diese sei jedoch bereits aufgrund der Angebotsbedingungen beschränkt. Die Aktion habe dem Besteller an einem bestimmten Tag die Möglichkeit geboten, einmalig einen Gutschein zu erhalten, ohne durch Erhöhung seiner Bestellung Vorteile erlangen zu können. Außerdem vermittele der Gutschein ein beschränktes Warensortiment. Deshalb handele es sich bei verständiger Betrachtung aus Sicht des Adressaten um ein geringwertiges Geschenk zur Pflege der Geschäftsbeziehungen, von dem eine realistische Gefahr unsachgemäßer Einflussnahme nicht ausgehe. Mangels Wettbewerbsverstoßes könne der Kläger aus dem Unterwerfungsvertrag vom August 2013 keine Vertragsstrafe fordern.

Mit seiner Berufung rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er ist der Auffassung, das Versprechen des Einkaufsgutscheins sei ohne Weiteres geeignet, die Kaufentscheidung der Zuwendungsempfänger zu beeinflussen. Damit bestehe die Gefahr, dass der Werbeadressat mehr Produkte erwerbe als nötig oder Produkte, die er für weniger geeignet halte als Produkte anderer Anbieter. Um eine "geringwertige Kleinigkeit" i. S. von § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG handele es sich nicht. Zwar bezögen sich die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu den maßgeblichen Wertgrenzen auf Patientenwerbung; für Fachkreise dürfe aber kein weniger strenger Maßstab gelten. Darüber hinaus verkenne das LG die Unzulässigkeit der Werbung gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 HWG. Der Douglas-Gutschein sei keine Werbegabe, die zur Verwendung in der zahnärztlichen Praxis bestimmt sei; vielmehr diene er typischerweise privaten Zwecken. Die Beklagte habe mit ihrer Werbung gegen den Unterwerfungsvertrag verstoßen und deshalb eine Vertragsstrafe verwirkt. Außerdem schulde sie Abmahnkosten.

Der Kläger beantragt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00 ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit Medizinprodukten anzukündigen, dass Kunden bei einem Einkauf ab einem Nettowarenwert von EUR 150,00 einen Gutschein im Wert von 5,00 EUR erhalten, der im Einzelhandel eingelöst werden kann, und/oder einen solchen Gutschein ankündigungsgemäß abzugeben, insbesondere, wenn dies wie folg...

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