Entscheidungsstichwort (Thema)
Anpassungsklausel in einem Erbbaurechtsvertrag. Anpassung des Erbbauzinses anhand der Änderung des Preisindexes. Ausschluss der Berücksichtigung des Bodenwertes bei zu Wohnzwecken genutzten Erbbaurechten
Leitsatz (amtlich)
1. Enthält eine Anpassungsklausel in einem Erbbaurechtsvertrag keine ausdrückliche Regelung, in welcher Art und Weise die Neufestsetzung bei Vorliegen der dort beschriebenen Voraussetzungen vorzunehmen ist, liegt es bei einer beiderseits interessengerechte Auslegung nach dem objektiven Erklärungsgehalt des Vertragstextes unter Berücksichtigung des gesamten Regelungsgehalts der Vereinbarung nahe, die Anpassung des Erbbauzinses anhand der Änderung des Preisindexes vorzunehmen, dessen Änderung die Parteien zur Voraussetzung einer Anpassung gemacht haben.
2. Eine Berücksichtigung des Bodenwerts für die Änderung des Erbbauzinses ist bei zu Wohnzwecken genutzten Erbbaurechten ausgeschlossen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; ErbbRVO § 9a; BGB §§ 315-316
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 22.07.2005; Aktenzeichen 9 O 118/05) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 22.7.2005 - 9 O 118/05 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor in Ziff. 2 und 3 lautet:
"2. Die Beklagte wird verurteilt, zur Sicherung des Erbbauzinsmehrbetrages die Eintragung einer Reallast für Erbbauzins i.H.v. jährlich 989,89 EUR im Erbbaurecht-Grundbuch, Grundbuchbezirk S., Nr. 6233, zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Grundstücks Flurstück Nr. 7687, Gemarkung S., Bl. 6209, Bestandsverzeichnis Nr. 1 durch eine entsprechende Umschreibung der in der Abteilung II unter der lfd. Nr. 2 eingetragenen Vormerkung zu bewilligen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, die Eintragung einer weiteren Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer neuen Erbbauzinsreallast unter Bezugnahme auf die Vereinbarung zur Anpassung des Erbbauzinses gem. Erbbauvertrag vom 23.11.1990 i.H.v. jährlich 1.978,78 EUR an rangbereiter Stelle im Erbbaurecht-Grundbuch, Grundbuchbezirk S., Nr. 6233, Abteilung II zu bewilligen."
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zustimmung zur Anpassung eines Erbbauzinses für ein zu Wohnzwecken überlassenes Grundstück, die Eintragung einer entsprechenden Reallast sowie einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf eine weitere Änderung des Erbbauzinses. Das LG, auf dessen Urteil wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen Bezug genommen wird, hat der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie weiterhin die Abweisung der Klage begehrt. Sie ist der Auffassung, die Anpassungsklausel sei bereits wegen fehlender Genehmigung der Deutschen Bundesbank unwirksam. Darüber hinaus sei eine Anpassung auch unbillig, insb. weil die Bodenpreise in der Gemeinde seit 1990 erheblich gesunken seien. Die Klägerin verteidigt das angegriffene Urteil und hat in der Berufung ihren Antrag auf Eintragung einer Reallast für den Erbbauzins auf den im Urteil zuerkannten Antrag Ziff. 2a) beschränkt und bezüglich des (Tenors Ziff. 2b) und c) des Urteils zurückgenommen. Im Übrigen beantragt sie, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen des Weiteren Sach- und Streitstandes im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Anpassungsklausel in § 2 Nr. 3 des Erbbauvertrages vom 23.11.1990 nicht wegen einer fehlenden Genehmigung nach § 3 des Währungsgesetzes unwirksam. Bei der Klausel handelt es sich um eine sog. Spannungsklausel, die bereits nach der bis 1998 durch § 3 des Währungsgesetzes gestalteten Rechtslage keiner Genehmigung bedurfte (vgl. dazu nur Palandt/Heinrichs, BGB, 56. Aufl., § 245 Rz. 18, 24, m.w.N.). Die Klausel enthält keine automatische Anpassung anhand eines bestimmten Indexes, sondern lediglich die Verpflichtung der Parteien, sich auf eine Neufestsetzung des Erbbauzinses zu einigen, sofern sich der Preisindex für die Lebenshaltungskosten eines 4-Personen-Arbeitnehmer-Haushalts mit mittlerem Einkommen ggü. dem letztmalig vereinbarten Erbbauzins um mehr als 10 % verändert hat.
2. Die Beklagte ist wirksam in den Erbbauvertrag zwischen der Klägerin und dem ursprünglichen Erbbauberechtigten eingetreten, nachdem sie das Erbbaurecht in der Zwangsversteigerung erworben und sodann am 28.1.2002 schuldrechtlich den Eintritt in den Vertrag erklärt hat.
3. Die Klägerin hat aus § 2 Nr. 3 des Vertrages den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Erhöhung des Erbbauzinses um 989,39 EUR auf 4.277 EUR jährlich.
a) Die in § 2 Nr. 3 für eine Neufestsetzung des Erbbauzinses genannte Voraussetzung der Veränderung des dort bezeichneten Lebenshaltungsindexes liegt unstreitig vor. Der Erbbauzi...