Leitsatz (amtlich)

Auch nach dem Wegfall des Lokalisationsprinzips sind Reisekosten eines zwar postulationsfähigen, aber beim Prozessgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalts nicht generell erstattungsfähig (Bestätigung von OLG Karlsruhe v. 13.12.2000 – 11 W 136/00, MDR 2001, 293 = OLGReport Karlsruhe 2001, 54 = Justiz 2001, 163 = JurBüro 2001, 201 = Anwaltsblatt 2001, 119).

 

Normenkette

ZPO § 78 Abs. 1, § 91 Abs. 1 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

LG Heidelberg (Aktenzeichen 4 O 6/01)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Heidelberg v. 5.11.2001 – 4 O 6/01 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert wird auf 288 DM festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin betreibt in … ein Unternehmen zur Herstellung und zum Vertrieb von Enzymen und Enzymprodukten für die Molekular-Biologie. In den Jahren 1998 bis 2000 bestellte die Beklagte mehrere Warenlieferungen. Die Klägerin klagte vor dem LG Heidelberg ihren Kaufpreisanspruch i.H.v. 39.031,20 DM ein. Gemäß klagestattgebendem Urteil vom 24.7.2001 hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Im Kostenfestsetzungsverfahren meldete die Klägerin unter anderem Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld ihres … Rechtsanwalts für die Terminswahrnehmung in Heidelberg an. Im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.11.2001, der Klägerin am 13.11.2001 zugestellt, blieben hiervon 288 DM unberücksichtigt.

Hiergegen richtet sich die am 22.11.2001 eingegangene „Erinnerung” der Klägerin. Sie ist der Auffassung, seit Erweiterung der Postulationsfähigkeit auf alle in Deutschland zugelassenen Rechtsanwälte seien auch Fahrtkosten eines nicht beim Prozessgericht zugelassenen, aber in der Nähe der auswärtigen Partei niedergelassenen Prozessbevollmächtigten erstattungsfähig. Wegen der weiteren Begründung des Rechtsmittels wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 17. „September” 2001 (gemeint: 17.11.2001) Bezug genommen.

Die Beklagte hat im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme abgegeben.

II. Das als sofortige Beschwerde auszulegende Rechtsmittel der Klägerin ist nach § 104 Abs. 3 ZPO i.V.m. den §§ 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 RPflegerG zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die Rechtspflegerin hat zu Recht und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld i.H.v. 288 DM aberkannt.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung von Reisekosten, Tage- und Abwesenheitsgeld ihres … Rechtsanwalts, soweit diese Kosten über das im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.11.2001 festgesetzte Maß hinausgehen. Diese weitergehenden Kosten waren nämlich nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig (§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO). Der Senat teilt nach wie vor nicht die Rechtsauffassung, wonach Fahrkosten, Tage- und Abwesenheitsgeld eines am Prozessgericht nicht zugelassenen, seit 1.1.2000 gem. § 78 Abs. 1 ZPO aber postulationsfähigen Rechtsanwalts grundsätzlich erstattungsfähig sind.

a) Mit dem Wegfall des Lokalisationsprinzips sind einige OLG dazu übergegangen, generell auch die Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts uneingeschränkt als erstattungsfähig anzusehen (OLG Frankfurt v. 23.10.2000 – 6 W 162/00, MDR 2001, 55; KG v. 23.1.2001 – 1 W 8967/00, MDR 2001, 473 = KGReport Berlin 2001, 102; OLG Düsseldorf JurBüro 2002, 151; OLG Stuttgart v. 22.5.2001 – 8 W 583/2000, MDR 2002, 176 = OLGReport Stuttgart 2001, 409; vgl. auch OLG Hamm, JurBüro 2002, 201). Andere OLG halten dagegen an der bisherigen Rechtssprechung fest und gewähren eine Erstattung nur bei Notwendigkeit (OLG Hamburg JurBüro 2001, 203; OLG Schleswig v. 31.10.2000 – 9 W 145/00, OLGReport Schleswig 2001, 51 = MDR 2001, 537; OLG Zweibrücken v. 13.12.2000 – 4 W 68/00, OLGReport Zweibrücken 2001, 119 = MDR 2001, 535; OLG München v. 6.4.2001 – 11 W 946/01, OLGReport München 2001, 247 = MDR 2001, 773; OLG Koblenz JurBüro 2002, 202; vgl. zum Streitstand: Gebauer/Schneider, Kommentar zur BRAGO, 2002, § 28 Rz. 43).

Das OLG Karlsruhe hat mit Beschluss vom 13.12.2000 (OLG Karlsruhe v. 13.12.2000 – 11 W 136/00, MDR 2001, 293 = OLGReport Karlsruhe 2001, 54 = Justiz 2001, 163 = JurBüro 2001, 201 = AnwBl. 2001, 119) die generelle Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines nach Wegfall des Lokalisationsprinzips zwar postulationsfähigen, aber beim Prozessgericht nicht zugelassenen Rechtsanwalts verneint. Der erkennende Senat hat sich dieser Rechtsauffassung angeschlossen (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.9.2001 – 3A W 64/01).

b) Nach Ansicht des Senats sprechen gegen die generelle Erstattungsfähigkeit der Reisekosten eines postulationsfähigen, am Sitz des Prozessgerichts aber nicht zugelassenen Rechtsanwalts nach wie vor drei Erwägungen:

  • Würde man nach Wegfall des Lokalisationsprinzips generell Reisekosten des auswärtigen Rechtsanwalts uneingeschränkt als erstattungsfähig ansehen, bestünde ein Widerspruch zur gesetzgeberischen Wertung in § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO. Nach dieser Vorschrift sind der obsiegenden ...

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