Verfahrensgang

LG Konstanz (Aktenzeichen C 3 O 73/21)

 

Tenor

1. Das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 23.09.2021 wird auf die Berufung der Beklagten Ziff. 1 bezüglich deren Verurteilung dahingehend abgeändert, dass festgestellt wird, dass die Beklagte Ziff. 1 als Gesamtschuldner mit dem Beklagten Ziff. 2 verpflichtet ist, die Aufwendungen zu ersetzen, die der Klägerin in ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall, den Herr ..., geb. ..., ..., ... am 01.01.2018 auf dem Einmündungsbereich ... Straße in ... erlitten hat, entstehen, soweit diese gem. § 116 SGB X übergangsfähig sind und soweit der Gesamtbetrag der vorgenannten Aufwendungen EUR 5.000,00 übersteigt, und die Klage gegen die Beklagte Ziff. 1 im Übrigen abgewiesen wird.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen. Die Kosten der ersten Instanz werden unter Aufhebung der Kostenentscheidung des Landgerichts wie folgt verteilt: Die Gerichtskosten haben die Klägerin und der Beklagte Ziff. 2 je zur Hälfte zu tragen; die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziff. 1 hat die Klägerin zu tragen; die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat zur Hälfte der Beklagte Ziff. 2 zu tragen; im Übrigen trägt jede Partei ihre Kosten selbst.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin fordert als Sozialversicherungsträger Schadensersatz aus übergegangenem Recht für den Aufwand, der ihr für die Behandlung des Zeugen ... entstanden ist bzw. entstehen wird.

Der bei der Klägerin gesetzlich unfallversicherte Zeuge ... erlitt am 01.01.2018 einen Wegeunfall und musste infolgedessen für 3.452,35 EUR ärztlich behandelt werden. Dass weiterer Behandlungsaufwand entstehen wird, ist möglich.

Der Beklagte Ziff. 2 ist der Unfallgegner und hat den Verkehrsunfall durch seine alkoholbedingte Fahruntauglichkeit beim Führen eines Kleinkraftrades verschuldet. Seine 100%ige Haftung steht außer Streit und ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Die Beklagte Ziff. 1 ist der Haftpflichtversicherer des vom Beklagten Ziff. 1 gefahrenen Kleinkraftrades und aufgrund der in den AKB enthaltenen "Alkoholklausel" bis zu einem Betrag von 5.000 EUR leistungsfrei. An den Zeugen ... - dem gegenüber die Leistungsfreiheit der Beklagten Ziff. 1 gem. § 117 Abs. 1 VVG außer Betracht bleibt - hat die Beklagte Ziff. 1 insgesamt 4.000,00 EUR für Schmerzensgeld und Sachschaden gezahlt. Gegenüber der Klägerin beruft die Beklagte Ziff. 1 sich auf das Verweisungsprivileg gem. § 117 Abs. 3 Satz 2 VVG in Verbindung mit ihren mit dem Beklagten Ziff. 2 vereinbarten Versicherungsbedingungen (Trunkenheitsklausel) in Höhe von 5.000 EUR und hat ihre Haftung nur anerkannt, soweit es um künftigen Behandlungsaufwand von über 5.000 EUR geht.

Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte Ziff. 1 könne sich auf das Verweisungsprivileg nur noch in Höhe von restlichen 1.000 EUR berufen, nachdem sie Ansprüche des Geschädigten in Höhe von 4.000 EUR reguliert und dadurch einen Regressanspruch gegen den im Innenverhältnis allein haftenden Beklagten Ziff. 2 erworben habe. Diesen Anspruch müsse die Klägerin sich als Aktivposten auf ihre Leistungsfreiheit anrechnen lassen.

Das Landgericht, auf dessen Feststellungen zum erstinstanzlichen Sach- und Streitstand ergänzend verwiesen wird, ist der Argumentation der Klägerin gefolgt und hat die Beklagte Ziff. 1 zur Zahlung von 2.452,35 EUR nebst Zinsen verurteilt. Ferner hat es die Einstandspflicht der Beklagten Ziff. 1 für weitergehenden Behandlungsaufwand antragsgemäß festgestellt, ohne eine Einschränkung auf den über 5.000 EUR hinausgehenden Behandlungsaufwand vorzunehmen. Zur Begründung führt das Landgericht aus, die Beklagte Ziff. 1 könne der Klägerin ihre Leistungsfreiheit nur noch in Höhe von 1.000,00 EUR entgegenhalten; das Gericht verkenne nicht, dass ein Anspruchsübergang auf die Klägerin kraft Gesetzes unmittelbar erfolgt sei. Insoweit sei es erwägenswert, die Leistungsfreiheit der Beklagten stets auf diese Ansprüche bis zu einer Höhe von 5.000,00 EUR zu beziehen. Sachgerechter sei es aber, die Leistungsfreiheit auf entstandene und bereits regulierte Ansprüche anzuwenden. Diese Sichtweise vermeide Streit und Unklarheiten über die Höhe noch bestehender Leistungsfreiheit. Die Beklagte zu Ziff. 1 habe bisher 4.000,00 EUR reguliert, so dass in dieser Höhe der Einwand der Leistungsfreiheit nicht mehr bestehe.

Mit ihrer Berufung strebt die Beklagte Ziff. 1 die Abweisung der Klage, soweit das Landgericht dieser über das Anerkenntnis der Beklagten Ziff. 1 hinaus stattgegeben hat, an und wiederholt und vertieft ihre erstinstanzlichen Ausführungen. Sie rügt das angefochtene Urteil als fehlerhaft.

Die Beklagte Ziff. 1 beantragt:

Das Endurteil des Landgerichts Konstanz vom 23.09.2021 wird mit der Maßgabe aufgehoben, dass festgestellt wird, dass die Beklagte zu 1) als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 2) verpflichtet ist, die Aufwendungen zu ersetzen, die der Klägerin in...

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