Leitsatz (amtlich)
1. Die Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank, betreffend die Pflicht, eine Bereitstellungsprovision zu zahlen
"Bereitstellungsprovision von 0,250 % pro Monat auf den ab ... nicht zur Auszahlung kommenden Betrag bis zur vollen Auszahlung, jeweils fällig mit den Zinsen."
ist als Preisabrede gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB entzogen (Anschluss an BGH, Beschluss vom 24. März 2020 - XI ZR 516/18 -, juris).
2. Die Klausel ist nicht nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig, auch wenn die Bereitstellungsprovision den Darlehenszins relativ um mehr als 100% übersteigt. Vergleichsmaßstab für die Sittenwidrigkeit ist vielmehr der marktübliche Bereitstellungszins.
3. Das Gesamtgefüge des Vertrages wäre in einer - wie jetzt - bestehenden langfristigen Niedrigzinsphase auch bei einer relativen Überschreitung des Bereitstellungs- gegenüber dem Darlehenszins von 100 % nicht als sittenwidrig zu beurteilen. Vielmehr müsste in Niedrigzinsphasen - spiegelbildlich zur Hochzinsphase - eine absolute Abweichung des effektiven Vertragszinses vom marktüblichen Effektivzins als Grenze zur Sittenwidrigkeit herangezogen werden, wobei nach Ansicht des Senats ein Spread der Immobilienkreditkonditionen von 3 Prozentpunkten hinzunehmen wäre.
Verfahrensgang
LG Mannheim (Aktenzeichen 10 O 38/20) |
Gründe
I. Die Parteien streiten über die Zulässigkeit einer von der beklagten Bank im Bereich der Baufinanzierung verwendeten AGB-Klausel.
Der Kläger ist ein Verbraucherschutzverband, der als qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG eingetragen ist. Die beklagte Bank verwendet in "Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen gemäß § 491 Abs. 3 BGB" mit ausdrücklicher Abnahmeverpflichtung (vgl. Ziff. 1) ua folgende Klauseln (vgl. Anlage BB 1):
3.2. Kosten, Nebenleistungen, Nettodarlehensbetrag
(...)
Sonstige Kosten: (...)
Bereitstellungsprovision von 0,250 % pro Monat auf den ab [einzufügendes Datum] nicht zur Auszahlung kommenden Betrag bis zur vollen Auszahlung, jeweils fällig mit den Zinsen.
10. Sicherheiten, Verträge, Versicherungen
(...)
Das Darlehen kann erst in Anspruch genommen werden, wenn sämtliche vertraglichen Bedingungen erfüllt sind, die vorgesehenen Sicherheiten bestellt wurden, die Bank die Ordnungsmäßigkeit der vorgesehenen Sicherheiten geprüft hat, deren Bestellung nicht mehr widerrufbar ist und eine von der Bank verlangte Empfangsbestätigung über ausgehändigte Unterlagen vorliegt.
In dem von dem Kläger als Beispielsfall vorgelegten Darlehensvertrag zwischen einem Verbraucher und der Beklagten betrug der vereinbarte jährliche Vertragszins ab Auszahlung des Darlehens 1,220 %.
Der Kläger, der die Klausel über die Bereitstellungsprovision für inhaltlich unangemessen und deswegen unwirksam hält, hat erstinstanzlich beantragt:
1. Der Beklagten wird untersagt, gegenüber Verbrauchern gem. § 13 BGB die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen gem. § 491 Abs. 3 BGB zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen:
Bereitstellungsprovision von 0,250 % pro Monat auf den ab ... nicht zur Auszahlung kommenden Betrag bis zur vollen Auszahlung, jeweils fällig mit den Zinsen.
2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 EUR (ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Wochen) oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht.
Die Beklagte hält die verwendete Klausel für wirksam und hat Klageabweisung beantragt.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf die in dem angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil abgewiesen. Ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Klausel nach § 1 UKlaG setze einen Verstoß der verwendeten Klausel gegen die §§ 307 bis 309 BGB voraus. An einem solchen fehle es vorliegend. Zwar handele es sich bei der streitgegenständlichen Klausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. Indes unterliege sie als Preishauptabrede nicht der Inhaltskontrolle. Die Klausel verstoße auch nicht gegen § 138 BGB. Selbst wenn die Bereitstellungsprovision den vertraglich vereinbarten Zins um mehr als 100 % überschreite, führe dies mangels Vergleichbarkeit von Vertragszins und Bereitstellungsprovision nicht zu einer Sittenwidrigkeit der Regelung. Während der Vertragszins synallagmatisch für die langfristig gebundene Überlassung der Darlehensvaluta geschuldet werde, handele es sich bei dem Bereitstellungzins um ein Entgelt für die sich möglicherweise immer wieder um kurze Zeitabschnitte verlängernde Bereitstellung des Darlehenskapitals. Der Zinssatz für kurze Perioden sei aber typischerweise höher als der für längere Zeiträume. Dass die Höhe der Bereitstellungsprovision verglichen mit der marktüblichen Provision für diese Leistung sittenwidrig wäre, trage der Kläger nicht vor un...