Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Leitsatz (amtlich)
1. Bei Beschädigung eines Kraftfahrzeugs kann ein „Integritätszuschlag” nur gewährt werden, wenn der Geschädigte sein Integritätsinteresse durch Vornahme einer fachgerechten Reparatur nachweist. Eine Billigreparatur, die zwar die Fahrbereitschaft, nicht aber den qualitativen Zustand des Fahrzeugs auch nur annähernd wiederherstellt, reicht hierfür nicht aus.
2. Der vom Wiederbeschaffungswert abzusetzende Restwert ist objektiv zu bestimmen. Der Schädiger kann nicht durch ein überhöhtes Restwertangebot seine Ersatzverpflichtung mindern.
Normenkette
BGB § 249
Verfahrensgang
LG Heidelberg (Aktenzeichen 1 O 29/99) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Schlußurteil des Landgerichts Heidelberg vom 25. Juni 1999 – 1 O 29/99 – abgeändert:
- Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger über den im Teilanerkenntnisurteil vom 09.10.1998 zuerkannten Betrag von 560 DM hinaus 6.588 DM nebst 4 % Zinsen aus 7.148 DM seit 23.06.1998 zu bezahlen.
- Die Klage im übrigen wird abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger 52 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 48 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger 48 %, die Beklagten als Gesamtschuldner 52 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Wert der Beschwer der Parteien erreicht jeweils 60.000 DM nicht.
Gründe
(ohne Tatbestand und abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)
Die zulässige Berufung, mit der der Kläger nur noch den Ersatz des Fahrzeugschadens geltend macht, hat in der Sache zum Teil Erfolg. Dem Kläger steht über den bereits gezahlten Betrag hinaus ein Ersatzanspruch in Höhe von 6.000 DM zu.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig. Der Kläger wendet sich gegen die Auffassung des Landgerichts, eine Schadensabrechnung auf Gutachtensbasis scheide deshalb aus, weil das Fahrzeug nicht vollständig und fachgerecht repariert worden sei. Die Angriffe des Klägers gegen diese Argumentation sind nicht durchschlagend. Auszugehen ist von der gefestigten Rechtsprechung, daß der Geschädigte, der nach einem Unfall sein Fahrzeug reparieren läßt, vom Schädiger den zur Instandsetzung erforderlichen Betrag verlangen kann, sofern die Reparaturkosten nicht mehr 130 % des Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs betragen (BGH NJW 1992, 302). Die Überschreitung des Wiederbeschaffungswerts bis zu einer in der Regel mit 30 % zu bemessenden „Opfergrenze” wird mit einem besonderen Interesse des Eigentümers an der Erhaltung des vertrauten Fahrzeugs (Integritätsinteresse) gerechtfertigt.
Die hier streitige Frage, ob dies nur gilt, wenn durch die Reparatur das Fahrzeug in einen zumindest annähernd gleichen Zustand versetzt wird, ist zu bejahen. Voraussetzung für den Ersatz von über dem Wiederbeschaffungswert liegenden Kosten ist, daß der Geschädigte durch Vornahme der Reparatur sein Integritätsinteresse nachweist. Die Rechtsprechung verweigert daher seit jeher einen Zuschlag, wenn das Fahrzeug unrepariert weiterveräußert wird. Entscheidend ist, ob der Geschädigte sein Interesse am Erhalt und an der Weiterverwendung des Kfz ausreichend dokumentiert. Dies muß nicht unbedingt durch eine Vollreparatur in einer Kundendienstwerkstatt geschehen. Daher schadet es nicht, wenn der Geschädigte das Fahrzeug nicht in einer Fachwerkstatt reparieren läßt, sondern in eigener Regie instandsetzt (BGH NJW 1992, 1618). Auch genügt es, wenn durch die Reparatur der Zustand vor dem Schadensereignis nur annähernd wieder erreicht wird (OLG Düsseldorf r+s 1997, 286). Bei der Frage, ob dies der Fall ist, bilden die Material- und Arbeitsvorgaben im Schadensgutachten einen Anhaltspunkt, ohne jedoch hierfür verbindlich zu sein. So kann auch durch andere als im Schadensgutachten genannte Maßnahmen oder durch Verwendung anderer Ersatzteile ein Zustand erreicht werden, der das Integritätsinteresse des Geschädigten ausreichend dokumentiert. Nicht ausreichend ist jedoch eine sog. Billigreparatur, die zwar die Fahrbereitschaft, nicht aber den qualitativen Zustand des Fahrzeugs auch nur annähernd wiederherstellt (OLG Karlsruhe, DAR 1999, 313 = OLGR 1999, 336; OLG Hamm r+s 1999, 458; OLG Düsseldorf r+s 1997, 286; OLG Schleswig r+s 1997, 461; Diehl, ZfS 1997, 94, 95). Die Zubilligung eines über den Wiederbeschaffungswert hinausgehenden Ersatzanspruchs im Falle einer notdürftigen Reparatur widerspräche dem schadensrechtlichen Grundsatz, daß der Geschädigte nach dem Unfall infolge des Schadensausgleichs nicht besser stehen soll als vorher (vgl. BGH NJW 1992, 903). Von einer sog. Billigreparatur ist nach der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme im vorliegenden Fall auszugehen. Der Sachverständige hat in seinem überzeugenden Gutachten eine Reihe von Maßnahmen aufgelistet, die entgegen dem Schadensgutachten nicht durchgeführt wurden. Zwar betreffen einige der Punkte mehr ästhetische Aspekte, der Kläger hat jedoch auch auf den Austausch...