Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsunterhalt – Unterhaltsanspruch für zweite Ausbildung – Ausbildungsgang: Realschule, Lehre, Fachoberschule, Fachhochschule. Unterhalt
Leitsatz (amtlich)
1. Ein volljähriges Kind kann von seinen Eltern Unterhalt für eine zweite Ausbildung im Ausbildungsgang Realschule, Lehre, Fachoberschule, Fachhochschule verlangen, wenn sein Studium (hier: des Baubetriebs) im engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zu seiner Ausbildung (hier: als Zimmerergeselle) steht und letztere eine sinnvolle Vorbereitung für das Studium darstellt. Maßgebend für den zeitlichen Zusammenhang ist nicht der Zeitpunkt des Realschulabschlusses sondern der des Bestehens der Gesellenprüfung.
2. Befindet sich der Volljährige bei Ablegen der Gesellenprüfung in einem Alter (hier: 25 Jahre), in dem die Eltern im Normalfall nicht mehr mit der Inanspruchnahme auf Ausbildungsunterhalt rechnen müssen, ist ihnen bei gegebener Leistungsfähigkeit dessen Studium gleichwohl zumutbar, wenn der Volljährige zuvor eine Planung und Zielstrebigkeit dahingehend hat erkennen lassen, eine Berufsausbildung aufzunehmen, die Eltern nur bis zur Volljährigkeit Unterhalt geleistet haben und in der Zeit der praktischen Ausbildung finanziell entlastet waren.
Normenkette
BGB § 1610 Abs. 2
Beteiligte
Tenor
I.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – W. vom 17.12.1999 (1 F 165/99) teilweise abgeändert und insgesamt neu gefaßt wie folgt:
- Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen monatlich im voraus zahlbaren Unterhalt, und zwar für die Zeit vom 01.10.1999 bis 31.12.1999 i.H.v. 870,00 DM und vom 01.01.2000 an von 850,00 DM monatlich zu zahlen.
- Der Beklagte wird weiter verurteilt, einen rückständigen Unterhalt für die Zeit vom 17.02.1999 bis 30.07.1999 i.H.v. 1.753,83 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 14.09.1999 zu zahlen.
- Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III.
Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz trägt der Kläger 1/4, der Beklagte 3/4; die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
IV.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger fordert vom Beklagten Zahlung von Ausbildungsunterhalt.
Der am 17.10.1973 geborene Kläger ist der Sohn des Beklagten. Dessen Vaterschaft wurde durch Urteil des Amtsgerichts W. vom 05.06.1975 (C 24/74) festgestellt. In diesem wurde der Beklagte weiter verurteilt, an den Kläger bis zum vollendeten 18. Lebensjahr den Regelunterhalt zu zahlen. Nachdem der Beklagte an den Kläger bis zu dessen Volljährigkeit Unterhalt, zuletzt i.H.v. 450,00 DM monatlich geleistet hatte, zahlte er in der Zeit danach keinen Unterhalt mehr.
Der Kläger schloß im Jahre 1991 die Realschule mit der Mittleren Reife ab und besuchte anschließend über einen Zeitraum von zwei Jahren ein Wirtschaftsgymnasium. Dieses verließ er wegen Nichtversetzung in der 13. Klasse ohne Abschluß. Nach Absolvierung seiner 12monatigen Bundeswehrzeit machte der Kläger eine 3jährige Ausbildung zum Beruf des Zimmerers, die er am 28.08.1998 mit der Gesellenprüfung (Gesamtnote: 2,5) abschloß. Daran anschließend besuchte der Kläger das Berufskolleg der J.-G.-Schule in Heidelberg. Dort erhielt er am 08.07.1999 das Zeugnis der Fachhochschulreife mit einer Durchschnittsnote für die Vergabe von Studienplätzen von 2,2. In der Zeit von Januar 1999 bis zum 17.06.1999 arbeitete der Kläger neben dem Schulbesuch bei einer Firma S. KG (Buch- u. Zeitschriften-Großvertrieb) und erzielte einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. 3.563,62 DM. Seine Einkünfte für die gesamte Zeit beliefen sich auf 2.885,17 DM netto; weiter erhielt er das gesetzliche Kindergeld mit 250,00 DM monatlich.
Der Kläger, der seit dem 01.03.1998 eine eigene Wohnung in M. hatte, zog später nach K. um. Seit dem 01.10.1999 studiert er an der Fachhochschule K. – Hochschule für Technik – im Studiengang „Baubetrieb”. Der Stundenplan für das Wintersemester 1999/2000 weist 51 Wochenstunden aus.
Dieses Studium hatte der Kläger, der sich während seiner Bundeswehrzeit beim Arbeitsamt wegen seiner Berufschancen beraten ließ, schon in dieser Zeit ins Auge gefaßt. Ein von ihm gestellter Antrag auf BAföG-Leistungen wurde wegen der Einkommens- u. Vermögensverhältnisse des Beklagten abgelehnt.
Der am 07.03.1952 geborene Beklagte, der verheiratet ist und aus dieser Ehe einen am 30.01.1979 geborenen, ebenfalls studierenden Sohn hat, hat am 16.02.1999 Unterhaltszahlungen an den Kläger endgültig abgelehnt. Die ebenfalls verheiratete Mutter des Klägers hat seit dem 01.10.1999 Einkünfte i.H.v. 630,00 DM monatlich; ihr Ehemann bezieht eine Erwerbsunfähigkeitsrente i.H.v. 2.161,14 DM.
Der Kläger hat vorgetragen:
Der Beklagte sei zur Finanzierung seines Studiums verpflichtet. Er selbst sei bedürftig, ihm könne neben seinem Studium keine Berufstätigkeit zugemutet werden. Seine Mutter sei nicht leistungsfähig; sie betreue seine minderjährige Halbschwester. Der Beklagte sei zu Unterhaltszahlun...