Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausbildungsunterhalt. Verhältnisse wirtschaftliche. Unterhalt
Leitsatz (amtlich)
Wirtschaftlich beengte Verhältnisse der Eltern lassen im allgemeinen nicht den Ausbildungsanspruch dem Grunde nach entfallen, wenn die Ausbildung nicht mit außergewöhnlichen Kosten verbunden ist, sondern sich im Rahmen durchschnittlicher Ausbildungsgänge hält und der Begabung, der Eignung und dem Leistungswillen des unterhaltsberechtigten Kindes entspricht. Eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit der Eltern führt in einem solchen Fall nur zur Begrenzung der Höhe des Unterhaltsanspruchs, wobei sich die Einschränkungen aus 1603 Abs. 1 BGB ergeben. Die Eltern haften danach in der Regel bis zur Grenze ihres angemessenen Selbstbehalts.
Normenkette
BGB § 1610 Abs. 2, § 1603 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bruchsal (Urteil vom 05.12.1996; Aktenzeichen 1 F 93/96) |
Tenor
1. Auf die Anschlußberufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Bruchsal (1 F 93/96) vom 5.12.1996 abgeändert und im übrigen wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, für den Kläger Unterhalt wie folgt zu zahlen: für den Monat Mai 1996 730 DM an den Kläger, für die Zeit vom 1.6.1996 bis 14.7.1996 monatlich 730 DM an die die Stadt Karlsruhe, Stadtamt Durlach, Bezirksstelle für das Sozial- und Jugendwesen, für die Zeit vom 15.7.1996 bis 31.12.1996 monatlich 730 DM sowie für die Zeit vom 1.1.1997 bis 30.6.1997 monatlich 710 DM an das Landratsamt Karlsruhe – Sozialamt –,
2. Die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Das Verfahren betrifft Unterhalt.
Der am 26.12.1976 geborene Kläger ist das eheliche Kind des Beklagten. Die Mutter hat sich im Mai 1995 selbst getötet. Der Beklagte ist ihr testamentarischer Alleinerbe. Der Kläger verlangt in einem beim Landgericht Karlsruhe anhängigen Rechtsstreit seinen Pflichtteil vom Beklagten. Nach Abschluß der mittleren Reife an einer Realschule besuchte der Kläger ein Wirtschaftsgymnasium in Karlsruhe, wo er – nachdem er das 12. Schuljahr wiederholt hatte – im Frühsommer 1997 mit Erfolg das Abitur ablegte. Seit 1.7.1997 leistet er zivilen Ersatzdienst.
Nach dem Tod der Mutter bis etwa Ende 1995 hatte er zusammen mit seinem Bruder – deren landwirtschaftlichen Betrieb in …, soweit es sich um den Kartoffelschälbetrieb, Eierhandel und die Düngung und Einbringung der Ernte handelte, fortgeführt. Der Beklagte war in dieser Zeit erkrankt. Mit dem Erlös aus dem Eierhandel bestritt der Kläger seine Haushaltsführung für den Bruder und den Beklagten. Den Erlös aus dem Kartoffelschälbetrieb nahm der Beklagte ein. Am 10.3.1995 hatte der Kläger eine Vereinbarung (I 139) unterzeichnet, in der er sich zu 14 Stunden Arbeit pro Woche verpflichtete. Mit Schreiben vom 12.10.1995 (I 13), 17.12.1995 (115) und nochmals mit einem nicht datierten Schreiben (wohl v. 18.12.1995, II 79), letzteres u.a. mit dem Inhalt: „Suche Dir eine Arbeit und ziehe aus, sonst weiß ich nicht was ich tue um dich los zu werden” (I 17), forderte der Beklagte den Kläger, zum Auszug aus dem Anwesen in … auf. Seit Beginn des Jahres 1996 hat der Kläger einen eigenen Hausstand. Beim Auszug nahm er einen Scheck über 4.500 DM mit, den er als Zahlung auf eine von ihm im November 1995 ausgestellte Rechnung für den Kartoffelschälbstrieb erhalten hatte. Mit Anwaltsschreiben vom 29.12.1995 (I 21) bot er dem Beklagten die Herausgabe des Schecks Zug um Zug gegen Zahlung von Unterhalt an. Der Kläger bezieht Kindergeld, eine Halbwaisenrente von monatlich 120 DM sowie seit 1.6.1996 Sozialhilfe (mit Blick auf den gegen den Beklagten geltend gemachten Pflichtteilsanspruch auf Darlehensbasis) in Höhe von monatlich 757 DM in der Zeit vom 1.6.1996 bis 14.7.1996 und von monatlich 838 DM seit 15.7.1996 (I 93, 121).
Der Beklagte ist kommunaler Beamter. Gegen ihn läuft ein Zwangspensionierungsverfahren. Seit 6.8.1996 ist er in den vorläufigen Ruhestand bei Weiterzahlung der Bezüge versetzt. Er ist Eigentümer zweier Mehrfamilienhäuser in Bad … (mit insgesamt 11 Wohneinheiten, der Umfang der Vermietung ist streitig) und des landwirtschaftlichen Anwesens … in Dettenheim, in dem er wohnt. Nach dem Tod seiner Ehefrau hatte er ein Hausgrundstück in … verkauft (I 9).
Mit der am 1.4.1996 eingereichten Klage hat der Kläger Unterhalt von monatlich 1.050 DM ab 1.5.1996 begehrt.
Der Beklagte hat um Klagabweisung gebeten.
Durch Urteil vom 5.12.1996 hat das Familiengericht den Beklagten zu Unterhaltszahlungen von 730 DM für Mai 1996 und monatlich 730 DM ab 1.12.1996 an den Kläger verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen.
Es hat einen Anspruch auf Ausbildungsunterhalt bejaht und einen Unterhaltsbedarf von 1.050 DM damit nach Abzug von Kindergeld (200 DM) und Halbwaisenrente (120 DM) in Höhe von 730 DM als gerechtfertigt angesehen. Der Kläger könne für seinen Unterhalt nicht auf eine Erwerbstätigkeit verwiesen werden. Eine Leistungsunfähigkeit habe de...