Leitsatz (amtlich)
›Eine Berufungsbegründung, die aus einem Rechner über ein Modem und die Telefonleitung dem Faxgerät des Berufungsgerichts - zwangsläufig ohne Unterschrift eines Rechtsanwalts - zugeleitet wird, wahr nicht die Schriftform. Dies gilt auch, wenn diese Berufungsbegründung mit einer eingescannten Unterschrift eines postulationsfähigen Anwalts versehen ist. (Abweichung von BSG NJW 1997, 1254 = MDR 1997, 374).‹
Verfahrensgang
LG Offenburg (Urteil vom 27.08.1996; Aktenzeichen 3 O 425/95) |
Tatbestand
Wegen der Verurteilung der Beklagten wird auf die erstinstanzliche Entscheidung (I 229 - 241) verwiesen.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung, zu deren Begründung sie anführt: Das Schuldanerkenntnis sei deshalb wirksam angefochten, weil ihr der Rechtsanwalt der Klägerin die unzutreffende Auskunft gegeben habe, ein gutgläubiger Erwerb anderweitig bereits veräußerter Sparbücher sei nicht möglich. Die Zeugenaussagen seien nicht überzeugend.
Für ihr Eigentum an den Sparbüchern spreche § 1006 BGB. Zu Unrecht habe das Landgericht ihr auch die Kosten auferlegt, soweit der Rechtsstreit erledigt sei.
Sie beantragt,
in Abänderung des angefochtenen Urteils den Vollstreckungsbescheid aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
und verteidigt das angefochtene Urteil.
Das Urteil wurde der Beklagten am 4. September 1996 zugestellt (1 243). Ihre Berufung ging am 4. Oktober 1996 ein (II 5). Begründet wurde die Berufung mit per Fax am 4. November 1995 eingegangenen Schriftsatz vom 4. November 1996 (II 13 - 23), auf den verwiesen wird, eine weitere schriftliche Begründung vom 4. November 1996 ging am 5. November 1996 ein (II 25).
Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
1. Die Berufung ist nach § 519 b Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, denn sie ist nicht innerhalb der am 4. November 1996 ablaufenden Frist zur Begründung der Berufung (§ 519 Abs. 2 ZPO) in der Form des § 519 Abs. 5 ZPO begründet worden.
a) Die am 5. November 1996 eingegangene Berufungsbegründung ging einen Tag nach Fristablauf ein.
b) Die am 4. November 1996 eingegangene Berufungsbegründung ist nicht formgerecht, denn sie ist nicht durch einen postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet.
Nach §§ 519 Abs. 5, 130 Nr. 6 ZPO muß die Berufungsbegründung unterschrieben sein. Dadurch soll gewährleistet sein, daß der Anwalt die Verantwortlichkeit für den über seiner Unterschrift befindlichen Text übernimmt. Dies gilt mit der aus den technischen Gegebenheiten folgenden Einschränkung auch für die Telekopie, bei der das Schriftbild der Unterschrift wiedergegeben sein muß (vgl. dazu Zöller, ZPO, 20. Aufl. 1997, Rdn. 10 zu § 130).
Vorliegend deckt die auf dem letzten Blatt der Telekopie (II 23) übermittelte Abbildung der Unterschrift des Prozeßbevollmächtigten der Berufungsklägerin keinen Textinhalt. Die Unterschrift befindet sich vielmehr isoliert auf einem gesonderten Blatt und außerdem direkt unter einem Briefkopf der Kanzlei; an der für die Unterschrift vorgesehenen Stelle der vorangehenden Seite (vgl. II 21) befindet sich - anders als bei der verspätet eingegangenen Begründung (vgl. II 33) - keine Unterschrift.
Damit ist der Formvorschrift der §§ 519 Abs. 5, 130 Nr. 6 ZPO nicht Genüge getan.
2. Die Klägerin hat dieses äußere Bild der ersten Berufungsbegründung damit erklärt, daß die Berufungsbegründung nach Unterzeichnung des dann als Original (verspätet) eingereichten Schriftsatzes mit von einer anderen Urkunde eingescannten Unterschrift ihres Anwaltes auf dessen Weisung per Telefax, also direkt aus dem Computer über Modem an das Faxgerät des Oberlandesgerichts gesandt worden sei.
3. Dies rechtfertigt keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung denn auch unter Berücksichtigung dieser Erklärung ist die rechtzeitig eingegangene Berufungsbegründung nicht formgerecht, weil sie nicht durch eine postulationsfähigen Rechtsanwalt unterzeichnet ist.
a) Allerdings hat das Bundessozialgericht (BSG, MDR 1997, 174, kommentiert in EWIR 1997, 235 f.) entschieden, daß eine Berufungs"schrift", gefaxt direkt aus einem Computer über ein Modem in das Empfangsfaxgerät, einer Unterschrift nicht bedarf. Der Schriftform sei vielmehr Genüge getan dadurch, daß die Berufungsschrift mit dem Namen der Berufungsführerin und dem Zusatz "Dieser Brief wurde maschinell erstellt, wird nicht eigenhändig unterschrieben" abgeschlossen wurde.
aa) Dies kann zum einen auf eine Berufungsbegründung im Zivilprozeß nicht übertragen werden.
Im Zivilprozeß muß die Berufungsbegründung von einem beim Berufungsgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein, während die sozialgerichtliche Verfahrensregelung weniger strenge Formvorschriften enthält. Die Berufung im Sozialgerichtsverfahren kann nach § 151 Abs. 1 SGG nämlich schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt und soll in der Berufungsschrift begründet werden (§ 151 Abs. III SGG). Der Tätigkeit eines - überd...