Leitsatz (amtlich)
Die Anhebung des Betrags der Tagessätze einer Geldstrafe zur Kompensation eines nach § 44 Abs. 1 StGB in Betracht kommenden Fahrverbots ist nur in dem durch die Bemessungsvorschrift des § 40 Abs. 2 StGB gezogenen Rahmen möglich. Es ist daher sachlich-rechtlich unzulässig, eine die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten übersteigende Tagessatzhöhe festzusetzen, um auf diese Weise die Verhängung eines an sich gebotenen Fahrverbots zu vermeiden.
Tenor
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts K. vom 19. April 2005 im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht S. verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 31.01.2005 wegen Nötigung zu der Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 35,- EUR und verbot ihm für die Dauer von einem Monat, im öffentlichen Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen. Gegen das amtsgerichtliche Urteil legte der Angeklagte fristgerecht Berufung ein. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht K. das erstinstanzliche Urteil abgeändert und den Angeklagten wegen Nötigung unter Wegfall des Fahrverbots zu der Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50,- EUR verurteilt. Hiergegen richtet sich die zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte, wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft, die mit der Sachrüge die unterbliebene Anordnung eines Fahrverbots beanstandet.
Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache sowohl zu Lasten, als auch zu Gunsten des Angeklagten vorläufigen Erfolg.
II.
Das Fahrverbot nach § 44 Abs. 1 StGB, das neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe verhängt werden kann, soll bei schuldhaft begangenen Verkehrsverstößen, die noch nicht die mangelnde Eignung des Täters ergeben, der Warnung und Besinnung dienen, wobei die spezialpräventive Einwirkung auf den Täter im Vordergrund steht (OLG Stuttgart DAR 1998, 153; OLG Köln NZV 1996, 286). Es hat den Charakter einer Nebenstrafe, so dass für dessen Anwendung unter Berücksichtigung der mit der Hauptstrafe bestehenden Wechselwirkung die allgemeinen Strafzumessungsregeln des § 46 StGB, namentlich das Erfordernis der Schuldangemessenheit, gelten (BGHSt 29, 58, 61; OLG Stuttgart aaO). Die Anordnung eines Fahrverbots setzt insbesondere voraus, dass der mit ihm angestrebte spezialpräventive Zweck mit der Hauptstrafe allein nicht erreicht werden kann (BGHSt 24, 348, 350; OLG Hamm DAR 2004, 535, 536).
Die Entscheidung, ob neben der Hauptstrafe die Verhängung eines Fahrverbots zur Einwirkung auf den Täter erforderlich ist, obliegt als Teil der Strafzumessung grundsätzlich dem Tatrichter. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie in eigener Verantwortung zu bewerten und gegeneinander abzuwägen. Das Revisionsgericht kann nur eingreifen, wenn ein Rechtsfehler vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn der Tatrichter fehlerhafte Erwägungen angestellt hat, oder wenn erforderliche Erwägungen oder Wertungen unterblieben sind und das Urteil auf dem Mangel beruhen kann. Eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ist ausgeschlossen.
Das Landgericht hat von der Anordnung eines Fahrverbots nach § 44 Abs. 1 StGB, dessen tatbestandliche Voraussetzungen es bejaht hat, abgesehen, weil die Verhängung eines Fahrverbots als spezialpräventive Reaktion zur Einwirkung auf den Angeklagten nicht zwingend erforderlich sei, die von einem Fahrverbot ausgehende Erziehungswirkung vielmehr auch durch eine entsprechende Erhöhung des Betrags der einzelnen Tagessätze - von 35,- EUR auf 50,-EUR - erreicht werden könne. Diese Begründung hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.
Während im Ordnungswidrigkeitenrecht allgemein anerkannt ist, dass ein an sich gebotenes Fahrverbot unter bestimmten Umständen durch eine gegenüber dem Regelsatz angemessen erhöhte Geldbuße ersetzt werden kann (vgl. Hentschel Straßenverkehrsrecht 38. Aufl. § 25 StVG Rdnr. 19 m. w. N.; vgl. auch BGHSt 24, 11), bestehen für die Möglichkeit der Kompensation eines nach § 44 Abs. 1 StGB in Betracht kommenden Fahrverbots durch eine erhöhte Geldstrafe enge rechtliche Grenzen, welche sich zum einen aus dem prozessualen Verbot der reformatio in peius, zum anderen in sachlich-rechtlicher Hinsicht aus der Bestimmung des § 40 Abs. 2 StGB ergeben. Eine Erhöhung der Tagessatzanzahl verstößt in der Berufungsinstanz bei alleinigem Rechtsmittel des Angeklagten gegen das Verschlechterungsverbot, weil sich die Länge der Ersatzfreiheitsstrafe gem. § 43 Satz 2 StGB nach der Anzahl der Tagessätze bemisst und die Ersatzfreiheitsstrafe im Verhältnis zum Fahrverbot die schwerere Strafe darstellt (BayObLG NJW 1980, 849; OLG Karlsruhe B. v. 04.07.2005 - 1 Ss ...