Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung. Schenkung von Todes wegen
Leitsatz (redaktionell)
1. Vollzogen ist eine Schenkung von Todes wegen, wenn der Erblasser zu Lebzeiten alles getan hat, was von seiner Seite zur Zuordnung des Gegenstandes an den Begünstigten erforderlich ist, und er seinen Zuwendungswillen in entsprechendem Umfang in die Tat umsetzt.
2. Das gilt auch dann, wenn der Erwerb befristet oder – etwa durch das Vorversterben des Zuwendenden – bedingt ist. Es genügt für den Vollzug einer Schenkung, daß für den Beschenkten ein Erwerbs- oder Anwartschaftsrecht begründet wird, das sich bei Eintritt der Bedingung zwangsläufig zu einem Vollrecht entwickelt.
Normenkette
BGB § 2301 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Konstanz (Urteil vom 30.12.1985; Aktenzeichen 6 O 116/85) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 30.12.1985 im Kostenausspruch aufgehoben und im übrigen wie folgt geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung jedoch gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000,– DM abwenden, es sei denn, daß die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit geleistet hat.
Beide Parteien können Sicherheit auch durch selbstschuldnerische, unbedingte und unbefristete Bürgschaften von im Inland als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituten erbringen.
IV. Die Klägerin ist im zweiten Rechtszug mit 90.000,– DM beschwert.
Tatbestand
Die Parteien streiten wegen der Rückzahlung eines mit 4 % pro Jahr verzinslichen Darlehens über ursprünglich 100.000,– DM, das der Beklagten am 13.07.1982 von dem im Mai 1984 verstorbenen Ehemann der Klägerin gewährt worden ist. Art. und Weise der Tilgung wurden nicht vereinbart. Zurückgezahlt wurden lediglich 10.000,– DM im Januar 1984. Zur Sicherheit erhielt der Darlehensgeber von der Beklagten einen Grundschuldbrief. Belastet war ein im Inland gelegenes, der Beklagten – einer deutschen Staatsangehörigen – und ihrem Ehemann zu gleichen Teilen gehörendes Grundstück. Der Grundschuldbrief wurde bei der Spar- und Leihkasse W./Schweiz hinterlegt.
Am 25.11.1982 unterschrieb der Ehemann der Klägerin, wie diese auch Schweizer Staatsangehöriger, und bis zu seinem Tode in der Schweiz lebend, in dreifacher Fertigung einen mit Maschine geschriebenen „Nachtrag zu Darlehensvertrag vom 13.07.1982”, der lautet:
„Ich, der unterzeichnete Darlehensgeber, bestimme hiermit, daß nach meinem Ableben die dannzumal bestehende Restschuld der Darlehensnehmerin erlassen wird. Die Spar- und Leihkasse W., bei welcher der deutsche Grundschuldbrief über DM 100.000,– hinterlegt ist, wird beauftragt, alsdann die Herausgabe des Grundschuldbriefes zu veranlassen.”
Die Unterschriftsleistung wurde vom Verwalter der Spar- und Leihkasse W. bestätigt. Von diesem erhielt die Beklagte nach dem Tode des allein von der Klägerin beerbten Darlehensgebers den Grundschuldbrief zurück sowie zumindest eine Fertigung des Nachtrags vom 25.11.1982. Auf welche Weise sie in den Besitz der beiden anderen gelangt ist – in der mündlichen Verhandlung vom 06.10.1987 hat sie die drei Originale vorgelegt – ist streitig.
Die Klägerin, die sich seit 1977 in der Psychogeriatrischen Abteilung eines Krankenhauses befindet und durch einen von der zuständigen schweizerischen Vormundschaftsbehörde bestellten Beistand vertreten wird, hatte im Jahre 1958 mit ihrem Ehemann allgemeine Gütergemeinschaft nach Art. 215 ff (schweizerisches) ZGB vereinbart. Der Ehevertrag wurde im Güterrechtsregister eingetragen und im Amtsblatt des Kantons … bekannt gemacht.
Mit Schreiben vom 11.01.1985 kündigte die Klägerin das Darlehen und begehrte Rückzahlung. Sie hat behauptet, bei dem Nachtrag zum Darlehensvertrag vom 25.11.1982 habe es sich um eine einseitige Erklärung des Darlehensgebers gehandelt, die von der Beklagten nicht im Sinne eines Erlaßvertrages angenommen worden sei. Sie ist der Ansicht, daß auf den gesamten Vorgang Schweizer Recht anzuwenden sei. Die Beklagte sei zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet, weil die schenkweise erteilte Erlaßerklärung formnichtig sei, und im übrigen das Schweizer Güterrecht eine Verfügung, wie sie von ihrem Ehemann vorgenommen worden sei, untersage.
Sie hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 90.000,– DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit 14.07.1982 zu zahlen;
hilfsweise:
die Beklagte zu verurteilen, an sie den deutschen Grundschuldbrief Nr. … über 100.000,– DM betreffend die im Grundbuch von … Nr. … Abt. … Nr. … eingetragene Grundschuld über 100.000,– DM herauszugeben
und
den Nachtrag vom 25.11.1982 zum Darlehensvertrag vom 13.07.1982 zwischen dem verstorbenen Paul Sch., … und der Beklagten für ungültig zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die Eheleute Sch. hätten sich eine Art. Generalvollmacht zur Regelung ihrer Vermögensdispositionen erteilt, von der die Darlehenshingabe und der Erlaß gede...