Leitsatz (amtlich)
Eine Berufsunfähigkeit steht nicht in unmittelbarem ursächlichem Zusammenhang mit einem vom Versicherungsschutz ausgeschlossenen körperlichen Grundleiden, wenn dieses lediglich Anlass oder Ursache einer depressiven Erkrankung war, die ihrerseits die Berufsunfähigkeit herbeigeführt hat.
In der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung erlischt die Leistungspflicht des Versicherers für eine während der Gefahrtragung eingetretene Berufsunfähigkeit nicht durch das das Erlöschen der Zusatzversicherung nach sich ziehende Ende der Hauptversicherung.
Normenkette
BB-BUZ § 1 Nr. 4, §§ 8, 9 Nr. 1; VVG § 5
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Teil-Grundurteil des LG Heidelberg vom 22.9.2005 - 1 O 383/99 - wird zurückgewiesen.
2. Auf die Berufung des Klägers wird das Teil-Grundurteil des LG Heidelberg vom 22.9.2005 - 1 O 383/99 - abgeändert:
Die Beklagte wird dem Grunde nach verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1.2.1998 bis 30.6.2004 eine Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte u.a. auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente in Anspruch.
1978 haben die Parteien einen dynamischen Lebensversicherungsvertrag mit einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen. Eine "Besondere Vereinbarung" zum Versicherungsvertrag bestimmt:
"Es ist vereinbart, dass Ursache und Folgen der Bandscheibenoperation im Jahre 1972 und dessen/deren Folgen (einschl. etwaiger Operationsfolgen), soweit ein unmittelbarer ursächlicher Zusammenhang mit dem Grundleiden medizinisch nachweisbar ist, eine Leistung aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) nicht bedingen und bei der Festsetzung des Grades der Berufsunfähigkeit aus anderen gesundheitlichen Gründen unberücksichtigt bleiben."
Der Versicherungsschein vom 6.7.1978 bestimmt als "Ablauf der Versicherung" den Juni 2004. Im Jahr 1978/1979 geriet der Kläger mit der Zahlung von 4 Raten in Rückstand. Die Beklagte stornierte den Vertrag. Der Kläger beantragte am 19.7.1979 "Wiederinkraftsetzung". Die Beklagte stellte daraufhin am 19.9.1979 - rückwirkend zum 1.6.1979 - einen neuen Versicherungsschein. Danach sollte die Versicherung im Oktober 2003 enden.
Ab 1.12.1998 hat der Kläger keine Beiträge mehr gezahlt. Die Beklagte hat darauf hin die Versicherung gem. § 39 VVG beitragsfrei gestellt. Am 24.6.1999 hat der Kläger seine Ansprüche für den Erlebensfall zunächst in Höhe eines Teilbetrages von 50.000 EUR, am 15.9.2000 in voller Höhe an die Sparkasse H abgetreten. Gemäß der schriftlichen Abtretungsurkunde umfasst die Abtretung auch alle - soweit pfändbar - damit verbundenen Zusatzversicherungen. Die Sparkasse H kündigte sodann mit Schreiben vom 9.10.2002 die Lebensversicherung. Die Beklagte berechnete den sich nach Kündigung ergebenden Rückkaufswert einschließlich Überschussanteile mit insgesamt EUR 90.524,78.
In einer ersten Klage vom 23.11.1998 (LG Heidelberg - 3 O 314/98) nahm der Kläger die Beklagte auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente seit Februar 1998 in Anspruch. Die Klage wurde vom Kläger zurückgenommen, nachdem die Beklagte mangelnde Fälligkeit eingewandt hat und zudem mitteilte, dass sie einen Sachverständigen mit der Begutachtung des Klägers beauftragt habe.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, über den Klageantrag Ziff. 1 (Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente v. 1.2.1998 bis 30.6.2004 i.H.v. insgesamt 157.121,08 EUR nebst Zinsen) dem Grunde nach entschieden, und zwar dahingehend, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, an den Kläger für die Zeit vom 1.5.1998 bis 31.10.2002 eine Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen, während - die Klage teilweise abweisend - für die Zeiten vom 1.2.1998 bis zum 30.4.1998 sowie vom 1.11.2002 bis 30.6.2004 ein Anspruch verneint wird.
Das LG hat ausgeführt, der Kläger sei zwar nicht aufgrund orthopädischer Beschwerden berufsunfähig; eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit bestehe jedoch seit Juni 1998 wegen einer chronifizierten depressiven Störung. Ansprüche könne der Kläger jedoch gem. § 1 Abs. 3 BUZ erst ab 1.5.1998 verlangen, da er erstmals am 13.5.1998 den Eintritt der Berufsunfähigkeit angezeigt habe. Die Zahlungspflicht der Beklagten ende aufgrund der Kündigung der Lebensversicherung durch die Sparkasse H ebenfalls zum 31.10.2002, da gem. § 9 Abs. 1 BB-BUZ die Hauptversicherung mit der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung eine Einheit in dem Sinne bilde, dass sie von der Laufzeit her betrachtet, das Schicksal der Lebensversicherung teile. Die Abtretun...