Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen der Rückabwicklung eines unwirksamen Kreditvertrages zur Finanzierung des steuerwirksamen Erwerbs einer Immobilie bzw. einer Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft schuldet der Darlehensnehmer zwar nicht die Herausgabe der Darlehensvaluta. Vielmehr ist er dem Kreditinstitut zur Übertragung des finanzierten Anlagegegenstandes verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht ungeachtet der §§ 3 Abs. 2 Nr. 2, 9 VerbrKrG auch bei Vorliegen eines Realkreditvertrags.
2. Auf entsprechende Einrede der Finanzierungsbank gem. § 273 BGB ist der Kapitalanleger daher verpflichtet, die bei Durchführung des Anlagegeschäfts erlangte Eigentumswohnung bzw. Gesellschaftsbeteiligung Zug um Zug gegen Rückzahlung der auf den unwirksamen Darlehensvertrag erbrachten Zins- und Tilgungsleistung in auf die Bank zu übertragen.
3. § 531 Abs. 2 S. 1 ZPO steht der erstmaligen Erhebung der Verjährungseinrede in der Berufungsinstanz nicht entgegen, wenn die tatsächlichen Grundlagen nicht streitig sind und die Zulassung daher nicht zu einer Verzögerung des Rechtsstreits führt.
Normenkette
BGB §§ 194, 273, 812 Abs. 1; VerbrKrG § 3 Abs. 2 Nr. 2, § 9; ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Mannheim (Urteil vom 21.01.2005; Aktenzeichen 8 O 305/03) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Mannheim vom 21.1.2005 - 8 O 305/03 - im Kostenpunkt aufgehoben und dahin abgeändert, dass der Zahlungsbetrag in Ziff. 1 des Urteilstenors auf 17.696,03 EUR ermäßigt wird.
II. Die weiter gehende Berufung wird ebenso wie die Anschlussberufung der Kläger zurückgewiesen.
III. Von Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Kläger zu je 1/8 und die Beklagte ¾. Die Kosten des Berufungsrechtszuges werden zu je 5/18 den Klägern und i.H.v. 4/9 der Beklagten auferlegt.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckungsschuldner dürfen jeweils die Zwangsvollstreckung des Gläubigers gegen Sicherheitsleistung von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
VI. Der Streitwert für den Berufungsrechtszug beträgt (16.022,42 EUR + 20.000 EUR =) 36.022,42 EUR. Gemäß § 63 Abs. 3 GKG wird der Streitwert für den ersten Rechtszug auf (31.587,37 EUR + 17.748,11 EUR =) 49.335,48 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist ein Darlehensvertrag zur Finanzierung des Erwerbs einer Eigentumswohnung im Rahmen eines Steuerspar- und Anlagemodells.
Die Kläger ließen sich 1993 dafür werben, ohne Einsatz von Eigenkapital eine noch zu errichtende Wohnung in L. zu erwerben. Gemäß dem Anlagekonzept boten sie der vom Bauträger beauftragten Firma R. (Geschäftsbesorgerin) in notarieller Urkunde vom 24.3.1993 (Anl. K 5) den Abschluss eines Treuhand-/bzw. Geschäftsbesorgungsvertrags an und erteilten der Geschäftsbesorgerin Vollmacht, sämtliche Verträge zur Durchführung und Finanzierung des Anlagegeschäfts für sie zu schließen. Nach Annahme des Angebots durch notarielle Urkunde vom 22.4.1993 (Anl. K 38) schloss die Geschäftsbesorgerin, die über eine Erlaubnis zur Rechtsberatung nicht verfügte, namens der Kläger am selben Tag vor demselben Notar einen Kaufvertrag über die Eigentumswohnung zum Kaufpreis von 129.127 DM. Außerdem unterzeichnete die Geschäftsbesorgerin im Namen der Kläger am 13.4.1993 einen Darlehensvertrag mit der Beklagten über ein endfälliges Darlehen mit DM 166.000 mit einem Disagio von 10 %, zu einem Zinssatz von 5,6 % und einer Gesamtlaufzeit von 30 Jahren. Als Sicherheit dienten eine Sicherungsgrundschuld über 261.000 DM und die Abtretung zweier Lebensversicherungen. Nach Ablauf der 5-jährigen Zinsfestschreibung haben die Kläger am 15.4.1998 mit der Beklagten Vereinbarungen über die künftigen Darlehensbedingungen getroffen (Anl. B 9).
Die Kläger haben die Beklagte auf Rückzahlung der von ihnen von September 1995 bis zum Dezember 2002 erbrachten Zinsraten Zug um Zug gegen Auflassung der Wohnung sowie auf Rückgewähr der Rechte aus den zum Zwecke der Sicherstellung übertragenen Lebensversicherungen in Anspruch genommen. Sie haben sich zur Begründung ihrer Ansprüche - soweit es für das Berufungsverfahren noch von Interesse ist - auf den Standpunkt gestellt, die erteilte Vollmacht sei wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig, sodass die von ihnen nicht genehmigten Darlehensverträge für die Zahlung der Darlehensraten keine Rechtsgrundlage zugunsten der Beklagten böten.
Das LG hat dem Klagebegehren insoweit (unter Abweisung weiter gehender Ersatzansprüche) stattgegeben und die Beklagte Zug um Zug gegen Auflassung der Wohnung und Rückabtretung der Rechte aus den Lebensversicherungen zur Zahlung von 31.174,97 EUR verurteilt.
Dagegen richten sich die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Kläger.
Die Beklagte erstrebt mit ihrem Rechtsmittel die Reduzierung des titulierten Zahlungsanspruchs auf 15.152,55 EUR. Sie ...