Entscheidungsstichwort (Thema)
Vollständig ausgeführte Reparatur des Fahrzeugs in der Kaskoversicherung
Leitsatz (amtlich)
Macht eine Versicherungsklausel Versicherungsleistungen von einer "vollständig ausgeführten" Reparatur des Fahrzeugs abhängig, ist diese Voraussetzung erfüllt, sofern alle Arbeiten durchgeführt sind, die technisch erforderlich sind, um die Unfallschäden zu beseitigen, das Fahrzeug also fahrtüchtig und unfallsicher ist und eine weitere Reparatur aus technischer Sicht nicht erforderlich ist.
Dass die Reparatur darüber hinaus mangelfrei erfolgt ist, wird von einer solchen Versicherungsklausel nicht verlangt.
Normenkette
AKB § 13 Nr. 5
Verfahrensgang
LG Offenburg (Urteil vom 21.10.2010; Aktenzeichen 2 O 242/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Offenburg vom 24.2.2010 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.390 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jährlich seit 16.5.2009 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten um Leistungen einer Kaskoversicherung.
Am 24.7.2007 hatte die Klägerin mit dem bei der Beklagten kaskoversicherten Fahrzeug der Marke BMW mit dem amtlichen Kennzeichen ... einen Verkehrsunfall. Versicherungsnehmer war der Vater der Klägerin. Er hat das Fahrzeug am 29.6.2008 der Klägerin übertragen und ihr gleichzeitig sämtliche Ansprüche aus der bestehenden Kaskoversicherung abgetreten. Der Sachverständige schätzte die erforderlichen Reparaturkosten auf 19.731,09 EUR. Der Restwert des Fahrzeugs betrug 9.390 EUR, der Wiederbeschaffungswert zum Zeitpunkt des Unfalls 16.750 EUR. Am 23.11.2007 ließ der Vater der Klägerin das Fahrzeug reparieren (Rechnung v. 23.11.2007). Die Reparatur war unvollständig und teilweise mangelhaft. Nachdem die Parteien über die Höhe der Versicherungsleistungen verhandelten, ließ die Klägerin das Fahrzeug im Februar 2009 erneut reparieren (Rechnung Fa.A.). Die Reparaturarbeiten sind abgeschlossen.
Im März 2009 besichtigte der Sachverständige der Beklagten das Fahrzeug. Er stellte fest, dass die Reparaturkosten zur Wiederherstellung erforderlich und angemessen waren. Eine sach- und fachgerechte Reparatur wie sie im ursprünglichen Gutachten H. v. 27.7.2007 vorgesehen war, sei aus rein technischer und auch wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht mehr möglich (Bericht v. 13.3.2009). Er hat gemeint, dass eine vollständige Reparatur auch einen Austausch der Radhäuser erforderlich gemacht hätte. Dies ist aufgrund der inzwischen durchgeführten Reparatur nur noch unter hohem wirtschaftlichen Aufwand möglich. Das Fahrzeug ist jedoch fahrbereit, fahrtüchtig und unfallsicher. Die Klägerin hat für die Reparaturarbeiten - soweit sie erforderlich und angemessen waren - insgesamt 17.805,24 EUR gezahlt. Die Beklagte hat hierauf insgesamt 7.060 EUR erstattet und dabei den Selbstbehalt der Klägerin von 300 EUR berücksichtigt.
Die Klägerin hat gemeint, ihr stünde ein Anspruch auf Auszahlung der restlichen Kaskoversicherung bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes gem. § 13 Abs. 5 Satz 1 AKB zu. Die Reparatur sei vollständig ausgeführt. Die Beklagte müsse daher auch den Restwert des Fahrzeuges erstatten. § 13 Abs. 5 Satz 2 AKB sei nicht einschlägig. Der Anspruch sei fällig, weil sowohl die Höhe des Schadens als auch der Umfang der Reparatur unstreitig seien.
Die Beklagte hat eingewandt, der Anspruch sei schon nicht fällig. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens entscheide gem. § 14 AKB ein Sachverständigenausschuss. Dieses Verfahren habe die Klägerin nicht durchgeführt. Im Übrigen sei das Fahrzeug bis heute nicht vollständig repariert. Daher könne die Beklagte gem. § 13 Abs. 5 Satz 2 AKB den Restwert des Fahrzeuges abziehen.
Das LG hat die Klage als derzeit nicht fällig abgewiesen. Die Parteien stritten um die Höhe des Restwertes. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Höhe des Schadens entscheide gem. § 14 Abs. 1 AKB jedoch ein Sachverständigenausschuss. Solange dieser nicht angerufen worden sei, sei die Leistung nicht fällig.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie weist daraufhin, dass Schaden und Restwert unstreitig seien. Sie habe das Fahrzeug auch vollständig repariert und dieses nachgewiesen. Eine weitere Reparatur sei technisch und wirtschaftlich nicht mehr möglich. § 13 Abs. 5 Satz 2 AKB wolle lediglich verhindern, dass der Versicherungsnehmer mehr als seinen konkreten Schaden ersetzt erhält.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des LG Offenburg vom 24.2.2010 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 9.390 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten Basiszinssatz seit 14.3.2009 zu bezahlen;
hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, gem. § 18 Ziff. 1 und Ziff. 5 AKB die Reparaturkosten der Klägerin aus dem Unf...